Alpha-Review: Wrack (Nov 2012)

Normalerweise nehme ich an keinen oder nur sehr wenigen Beta- oder gar Alpha-Tests teil, mir fehlt dafür schlicht die Zeit, da es nicht nur um das Spielen zum Spaß, sondern auch um das austesten und Feedback geben geht. Für ein Spiel habe ich aber eine Ausnahme gemacht: Wrack
Darauf gestoßen bin ich durch Recherchen zu meinem Review der Klassiker-Episoden der Doom 3 BFG Edition. Ich wollte einfach nur sehen, ob die neuen WAD-Dateien auch mit den gängigen Clients laufen, z.b. Skulltag. Auf der Webseite musste ich aber feststellen, dass die Entwicklung davon zugunsten eines eigenen Spieles eingestellt wurde, namentlich Wrack. Das befindet sich momentan im Alpha-Stadium, zumindest behaupten da die Entwickler. Wer es aber vorbestellt bekommt die aktuelle Entwicklerversion, die momentan fünf Levels umfasst, sowie die komplette erste Episode, wenn sie fertig ist, für gerade mal 10$ (Plus Mehrwertsteuer, das merkt man leider erst beim Kauf), ein Modell wie es Minecraft vorgemacht hat. Die Videos auf der Webseite und andere Reviews auf YouTube haben mich da überzeugt, dass es ein Spiel nach meinem Geschmack sein könnte und hab deshalb die umgerechnet 9,30€ investiert. Hier nun meine Eindrücke vom Spiel, basierten auf der Version vom November 2012.

Screenshot: Der erste Bosskampf
Nichtmal fünf Minuten nach beginn des Spiels gibt es schon den ersten Mini-Bosskampf.

Zuerst zur Grafik: Wrack setzte dabei auf eine stark stilisierte, mit Cel-Shading gezeichnete Grafik. Da ist man natürlich schnell bei einem Vergleich mit Borderlands, welches ebenfalls diesen Stil verwendet. Ich finde aber, dass der Vergleich etwas hinkt, da in Borderlands vieles detailierter gestaltet wurde, Wrack setzt viel auf große, einfarbige Flächen. Ich halte deshalb einen Vergleich mit Warsow für passender. Alle Kanten sind mit dicken, schwarzen Rändern versehen und alle Teile des Levels und die meisten Figuren bestehen aus großen, einfarbigen Flächen. Details gibt es auch, z.b. Gesichter der Gegner, aber bei weitem nicht so detailliert wie in Borderlands. Ein großer Vorteil er Grafik: sieht sieht gut aus und ist trotzdem hardwareschonend. Selbst mein Notebook mit einem etwas betagten Core2Dou und einer Geforce 310M mit steinalten Treibern (Danke Sony) schafft das Spiel problemlos, sofern man es nicht mit der Kantenglättung übertreibt. Dafür darf man aber auch keine grafischen Wunder und Hochglanz-Effekte erwarten. Die Grafik ist aber stimmig und der Stil konsequent umgesetzt.

Screenshot: Ein einfach zu überspringender Abgrund
Diese Distanz lässt sich locker überspringen.

Beim Gameplay lassen sich die Wurzeln der Entwickler nicht verleugnen: einfach ausgedrückt spielt es sich wie eine Neuauflage der alten Doom-Spiele – schnell, kompromisslos und voll auf Action getrimmt. Sogar das Waffenarsenal ist vergleichbar: da wäre die Nahkampfwaffe (eine Klinge statt der Fäuste bzw. Kettensäge), die schwache, aber präzise Pistole, die Standardwaffe ist eine einfache Schrotflinte, dazu eine schnell feuernde Energiewaffe, die großen Schaden anrichtet, aber auch schnell ihre Munition aufgebraucht hat. Es gibt keine komplizierte Technik für eine schnellere Fortbewegung oder eine Sprintfunktion, man läuft sich immer sehr schnell. Etwas ungewöhnlich: man kann sehr weit springen. Einige Abgründe hätte ich nicht so eingeschätzt, dass man da drüber kommt, aber spätestens mit etwas Anlauf klappen die meisten Sprünge. Eine Ausnahme bilden die zahlreichen versteckten bzw. schwer erreichbaren Teile der Levels, die etwas mehr Geschick und das richtige Timing für den Sprung erfordern. Ansonsten ist es aber klassische Standardkost: Das Ziel ist immer, den Ausgang des Levels zu finde oder einen Boss-Gegner zu besiegen. Dabei gibt es keine Dialoge oder Zwischensequenzen, dafür um so mehr Gegner. Deren Auswahl ist noch etwas mager, außer kleinen Spinnenrobotern, aufrecht gehenden Echsen, stationären Geschützen und großen, aber langsamen Robotern konnte ich keine entdecken. Zwar gibt es von allen mehrere Varianten (wobei das meistens heißt: zwei), die sich durch eine etwas andere Farbgebung und Verhalten kennzeichnen: die grau/grünen Spinnen sind z.b. harmlos mit ihrem moderaten Nahkampfschaden, während ihre rote Vettern auf einer Suizid-Mission sind und bei Berührung mit dem Spieler explodieren, was großen Schaden anrichtet. An Bossen konnte ich bisher zwei Sorten ausmachen, eine Art fliegenden Roboter, der ein wenig an Mechs aus japanischen Animes erinnert sowie einen weiteren Roboter, der abwechselnd aus einer von drei Röhren kommt und nur dann verwundbar ist. Letzterer erinnert mich dezent an die Bosskämpfe mit den Koopa-Kindern aus Super Mario Bros. 3 oder Super Mario World.

Screenshot: Der Finale Bosskampf der Alpha
Der letzte Bosskampf der Alpha gestaltet sich durch den geringen Platz zum Ausweichen schwierig.

Die fünf Levels sind natürlich noch nicht alles, was kommen wird, liefern aber schon einmal einen guten Eindruck vom Spiel. Die Levels ähneln eher den Labyrinthen aus Doom als den linearen Levels moderner Shooter. Sie sind auch mit allerlei Fallen gespickt, die Palette reicht hier von giftigen Schleim (richtet Schaden an solange man darin steht) bis zu Lava und bodenlosen Löchern (töten sofort). Hat man einmal das Zeitliche gesegnet kann man direkt neu Anfangen, dabei wird aber ein Extra-Leben verbraucht, ganz wie in klassischen Platformern. Weiter findet man selten an gut versteckten Stellen, die, ähnlich wie in den Mega Man Spielen, durch den stilisierten Kopf des Protagonisten dargestellt werden. Primäres Ziel ist immer das finden des Ausgangs, wofür man oft Schalter umlegen muss, im Türen zu öffnen oder zuvor blockierte Wege freizumachen. Fehlen eigentlich nur noch Schlüsselkarten, dann wären wir wieder bei Doom. Das ganze mag altbacken klingen, für mich was es aber erfrischend anders zum Einheitsbrei der modernen Shooter. Die ersten Levels sind noch relativ harmlos und sind wohl dazu da, neue Spieler ein Gefühl für das Spiel zu geben und die Waffen kennenzulernen. Er steigt aber rasant an, Vergleichbar mit der No Rest for the Living Episode für Doom 2. Wenn erstmal Fließbändern im Spiel sind ist man schneller in einem Lavabecken als eine Lieb ist. Dazu kommen noch kleinere Fallen, das z.b. beim Betreten eines Raumes sich die Tür sofort schließt und mehrere Wellen von Gegner erscheinen. Immerhin spawnen sie nicht direkt im Rücken und sie sind nicht so fies wie teilweise in Doom 2.

Screenshot: Große, aber relativ ungefährliche Roboter als Gegner.
Die großen Roboter sehen gefährlicher aus, als sie es sind.

Öhm, soll ich noch was zur Story sagen? So wirklich wichtig ist sie eigentlich nicht, in der bisherigen Version wird sie in keiner Form vorangetrieben, nur die Infos auf der Webseite verraten mehr über das Setting und den Hauptcharakter Kain Sager. Ist aber auch nicht wichtig, eine Erzählung würde aus meiner Sicht nur den Spielfluss behindern, welcher das Kernstück des Spiels ist. Eine Besonderheit soll aber noch erwähnt werden: die Entwickler haben für das Sounddesign keinen geringeren als Bobby Prince engagiert. Der Name sagt niemanden was? Er war maßgeblich für den Sound der alten Doom-Spiele verantwortlich und das merkt man auch in Wrack. Einige der Musikstücke könnten so auch in Doom vorkommen (etwas aufgehübscht gegenüber den Midi-Melodien) und auch die Soundeffekte lassen eine gewissen Verwandtschaft erkennen. Das ist nur ein weiterer Beweis dafür, das Wrack eine Hommage an eines der prägenden Spiele unserer Zeit ist.
Natürlich ist nicht alles Gold was glänzt, Wrack hat durchaus auch seine Schwächen: vom Umfang abgesehen sind speziell die Animatinen der Gegner noch etwas dürftig. Es gibt nur wenige Varianten und die sind auch nicht gerade auf Top-Niveau. Dazu kommt der Mangel an Gegnertypen, die schnell Eintönig werden. Dass die KI keine Bäume ausreißt, sodass die Gegner nur in den Levels rumstehen, bis der Spieler vorbei kommt und dann einfach nur auf ihn schießen bzw. zu rennen, dürfte zum Spielprinzip gehören – auch neuere Shooter dieser Art wie Serious Sam 3 oder PainKiller Hell & Damnation weißen keine besseren Routinen für die computergesteuerten Gegner auf. Wo wir beim Thema sind: Wrack wird vorerst keine Mehrspielermodus enthalten. Die Entwickler begründen dies mit dem hohen Aufwand und streben ein ähnliches Modell wie die Runic Games mit Torchlight an: erstmal ein reiner Einzelspielertitel, der die Finanzierung von weiteren Spielen mit Mehrspielerkomponenten sichern sollen. Allerdings enthält des Spiel einen Leveleditor und die kleine Community um das Spiel hat schon einige Levels erstellt.
Mein Fazit: als Freund klassischer Ego-Shooter sollte man zumindest ein Auge auf Wrack haben. Bisher ist es noch zum kleinen Preis zu haben, weitere Episoden sind geplant.