Review: King’s Bounty – The Legend

Mit King’s Bounty – The Legend hat sich ein echter Geheimtipp in meine Spielesammlung geschlichen. Ich habe ja jahrelang rundenbasierte Strategiespiele gemieden, wohl auch weil ich gleich mit dem ultra-komplexen Civilization angefangen habe.
Aber erstmal ein kleiner Blick zurück: Genau genommen ist King’s Bounty – The Legend ein Remake des 1990 auf dem PC, dem Amiga, dem Commodore 64, dem Apple II und der Genesis-Konsole erschienen King’s Bounty. Einige Screenshots lassen sich in der Spieledatenbank Moby Games finden. Das Spiel wurde von New World Computing entwickelt und gilt als Vorläufer der sehr Erfolgreichen Heroes of Might & Magic Serie.

Und so ähnlich spielt sich King’s Bounty – The Legend auch, wie eine leicht abgespeckte Version von Heroes of Might & Magic. Zu Beginn des Spiels wählt man zwischen den drei Charakter-Klassen Krieger, Paladin und Magier. Kernstück der Charakterentwicklung sind die drei Talentbäume die für jede Klasse gleich sind, dazu bekommt jede Klasse zwei klassenspezifischen Fähigkeiten. Trotzdem kann man aus seinem Magier keinen Schwertschwinger machen, dafür sorgt das Charakterentwicklungssystem mit verschiedenen Runen, von denen es drei Verschiedene gibt: Macht (Krieger), Geist (Paladin), Magie (Magier – was ne Überraschung…). Jede neue Fähigkeit muss über eine bestimmte Anzahl Runen freigeschaltet werden, die man beim Levelaufstieg, für das erfüllen von Quests oder einfach so in der Gegend findet (eher selten…). Die Art der Runen, die man beim Levelaufstieg bekommt variiert je nach Charakterklasse, ich habe bei meinem Krieger hauptsächlich Machtrunen bekommen – so bleibt man meistens in seinem Talentbaum, auch wenn man die ein oder andere nützliche Fähigkeit der anderen Klassen lernen kann – sofern man über die nötige Anzahl Runen verfügt.

Der Rest des Charaktersystems ist sehr einfach gehalten: Die Spielfigur verfügt noch über die Attribute Angriff, Verteidigung, Intelligenz, Führung, Mana und Wut. Da die Spielfigur selber nicht direkt in die Kämpfe eingreift verbessern Angriff und Verteidigung die Fähigkeiten der Krieger, Intelligenz erhöht den Schaden von Zaubersprüchen. Über das Führungs-Attribut wird die Anzahl an Kriegern berechnet, die der Spieler befehligen kann. Sollte man mal zu viele haben gehorchen sie dem Spieler nicht mehr, bis ihre Anzahl unter das der Führung gefallen ist. Mana wird für das einsetzen von Zaubersprüchen verbraucht, Wut für Wutgeister (mehr dazu später). Bei jedem Levelaufstieg kann man zudem zwischen zwei Optionen wählen, seine Charakter zu verbessern, z.b. mehr Mana oder mehr Angriff, je nachdem was dass Spiel einem anbietet. Ganz klassisch kann man die Attribute auch mit Gegenständen verbessern, die einen dafür vorgesehenen Slot im Charakterfenster einnehmen, u.a. Rüstungen, Waffen, Schilde, Gürtel, Ringe, etc.

Screenshot: Im Tal des Todes
Auch ein Besuch im Totenreich steht auf dem Programm

Als Spieler bereist man das Fantasy-Reich Endoria, das Spiel startet im Reich der Menschen. Später durchquert man das Zwergenland, reist zu den Freien Inseln auf denen Piraten herrschen, besucht das Elfenreich, schaut im Land des Todes vorbei bevor man, mit optionaler Abstecher in ein Dämonenreich, zum Abschluss dem Reich der Orks eine Besuch abstatet. Alle Welten sind sehr detailliert gestaltet und laden zu Erkundungstouren ein, die schon mal mit zusätzlichen Quests oder Schätzen belohnt werden. Die Entwickler haben eine Geschichte mit vielen abgedrehten Charakteren geschrieben, so trifft man z.b. auf einen Müllerzombie, einen frierenden Bach oder eine Frau, die mit einem Drachen zusammen wohnt. Auch die Dialoge sind ebenso umfangreich wie lustig. Da sinnieren Orks schon mal über ihren Canabis-Konsum oder wie ein Frosch, den bzw. die man zur Frau nehmen kann davon träumt wie sie die gemeinsamen Kaulquappen in einem Kristallpool schwimmen sieht. Allerdings ist kein einziger Vertont, wodurch viel Atmosphäre verloren geht, häufig wird man von den Textmassen schier erschlagen. Man kann sie meisten zwar einfach weg klicken, aber dadurch verpasst man auch einiges.

Screenshot: Dialog mit einem Zombie
Die Dialoge mit Zombies gestalte sich etwas anders.

Apropos Frau: Ein weiteres Feature in King’s Bounty ist die Ehefrau. Sie kann z.b. die Attribute des Charakters verbessern und bietet zudem weitere Slots für Gegenstände, die optional auch mit Kindern belegt werden können (ja, auch an den Nachwuchs wird gedacht), wobei diese auch teils enorme Verbesserungen mitbringen können. Zur Auswahl stehen u.a. die besagte Froschfrau, die sich wenn man(n) sich ihr nicht genug widmet wieder in einen Frosch zurückverwandelt, eine Piraten oder eine Elfenprinzessin. Bevor man aber eine dieser Frauen ehelichen kann muss man erst bestimmte Quests erfüllen oder die richtigen Worte in den Dialogen finden.

Screenshot: Kampf in einer Art Astralebene
Spezielle Kämpfe finden in einer Art Astralebene statt.

Auf der Weltkarte bewegt man sich in Echtzeit, genauso wie die gegnerischen Truppen. Kämpfe starten in dem man einfach in eine gegnerische Einheit rein läuft. Im Kampfmodus wechselt das Geschehen in einen rundenbasierten Modus auf Hexfeldern. Zu beginn des Kampfes werden alle Einheiten des Spielers am linken Rand der Hexfelder platziert, später kann mit der Fähigkeit „Taktik“ der Spieler über die Aufstellung bestimmen. Die Spielfelder passen sich immer der Umgebung der Weltkarte an, z.b. wenn man gerade in der Kurve eines Weges auf einen Gegner trifft ist auf dem Boden auch die entsprechende Landschaft zu erkennen. Die Kämpfe sind meistens nach 4-5 Minuten zu Ende und sind sehr kurzweilig. In meiner 64 Stunden dauernden Karriere als Krieger hab ich immer 413 ausgetragen. Sie sind auch sehr einfach gehalten, so gibt es zwar Hindernisse auf den Feldern die nur von fliegenden Einheiten überwunden werden können, aber es gibt z.b. keine Unterschiede was den Untergrund angeht. Jede Einheiten hat eine bestimmte Anzahl von Aktionspunkte pro Runde, für jeden kann sie sich ein Feld bewegen, eine Fähigkeit einsetzten oder einen Gegner angreifen, wobei die beiden letzten Optionen auch das Ende des Zuges für diese Figur bedeuten. Zudem kann man pro Runde einen Zauber einsetzten oder einen Wutgeist rufen.

Zaubersprüche gibt es in zwei Formen: Als Schriftrolle, die bei der Benutzung verbraucht wird oder als Eintrag im Zauberbuch. Letztere können solange man genug Mana hat eingesetzt werden, allerdings müssen sie dazu erstmal rein ins Buch. Dazu verwandelt man eine Schriftrolle mit Hilfe von magischen Kristallen in einen dauerhaften Spruch, die Voraussetzungen im Talentbaum sind auch zu beachten. Zudem kann jeder Spruch in drei Stufen aufgewertet werden, was wieder Kristalle kostet.

Eine Neuerung stellen die Wutgeister dar. Als Alternative zu Zaubersprüchen für Krieger kann man im Kampfverlauf Wut ansammeln, mit dem man die Geister einer Büchse rufen kann, die dann mit den gesammelten Wutpunkten ihre Fähigkeiten ausführen. Diese können z.b. einfach dem Gegner Schaden zufügen, ihn Vergiften oder eigene Truppen heilen. Die vier zur Verfügung stehenden Wutgeister (Zeroc für Schaden, Sleem für Vergiftung, Lina als Unterstützung und der Sensenmann für massiven Schaden an lebenden Kreaturen) bekommen auch für jeden Einsatz Erfahrungspunkte und können in 30 Stufen hochgelevelt werden. Neue Fähigkeiten können bei jedem Stufenanstieg gelernt oder bestehende Verbessert werden. Dies läuft ähnlich ab wie beim Hauptcharakter, das Programm stellt einem zwei Möglichkeiten zur Auswahl.

Screenshot: Der Taktikmodus
Später im Spiel kann die Aufstellung selbst bestimmt werden.

Aber auch die Truppen spielen eine entscheidende Rollen. Der Spieler kann 6 Truppentypen mitnehmen (dazu zwei als Reserve, mit entsprechender Fähigkeit), die Anzahl der in einer Truppe enthaltenen Einheiten wird über das Attribut Führung bestimmt. Da man im Gegensatz zu Heroes of Might & Magic 5 keine Einheiten selber produzieren kann muss man alle bestimmten Orten auf der Karte kaufen, was zu viel Hin- und Hergereite führt wenn man seine Lieblingseinheiten kaufe will. Diese sind zu allem Überfluss auch nur in begrenzter Zahl vorhanden, weshalb es sein kann dass man zwischendurch seine Armee Umstrukturieren muss. Die Auswahl ist dagegen sehr groß, Alternativen findet man zur Genüge, außerdem ändert sie sich mit jedem Akt. Zu beachten ist dass nicht alle Rassen miteinander klarkommen, z.b. sinkt bei Elfeneinheiten die Moral und damit die Effektivität im Kampf wenn sich Zwergeneinheiten in der Armee befinden. Untote mag zu Beginn fast niemand, allerdings kann dem mit entsprechenden Fähigkeiten entgegengewirkt werden.

Screenshot: Einschätzung der Gegner
Später kann mit entsprechenden Fähigkeiten die Stärke des Gegners angezeigt werden. Sollte man mal ein Fleckchen der Karte übersehen kann das später zu sehr entspannten Kämpfen führen.

Die Spielzeit ist mit 64 Stunden außergewöhnlich hoch für ein modernes Spiel gefallen, selbst Rollenspiele dauern heute kaum länger wie 20 Stunden. Durch die viele Reiterei um Einheiten zu kaufen zieht sich das ganze auch etwas, vor allem zum Ende hin wenn man hohe Verluste in dem Kämpfen erleidet und nur wenig Geld einnimmt – gerade soviel, um seine gefallenen Krieger zu ersetzten.

Abschließend noch zu den technischen Aspekten: King’s Bounty – The Legend sieht gut aus, sehr gut sogar. Zwar kann es mit den absoluten Grafikkrachern nicht mithalten, dafür haben die Entwickler an andere Stelle ganze Arbeit geleistet. Das Spiel läuft selbst auf älteren Rechner noch butterweich mit hohen Details, für Leute mit noch besserer Hardware kann Anisotrope Filterung und Kantenglättung hinzu geschaltet werden, die ich bei manchen Blockbuster-Titeln vermisse. Schön in Szene gesetzt haben die Entwickler die Zauber- und Wutgeistereffekte in den Kämpfen, auch die sehr detailreich gestalteten Umgebungen können sich sehen lassen. Die Musik kann da leider nicht ganz mithalten, mich hat sich nach wenigen Stunden genervt. Auch die Übersetzung ist an einigen Stellen etwas schlampig, so wird einmal von einer Wutbüchse, dann wieder von einer Schachtel geredet. Solche kleineren Fehler und Inkonsistenzen ziehen sich durch das ganze Spiel, was hin und wieder für Verwirrung sorgt.Ich bin während des Spielens mit der Verkaufsfassung auf Version 1.6.4 auf keine Bugs gestoßen, das Update auf 1.7 hab ich erstmal gemieden da es viel an der Balance des Spiels ändert.

Insgesamt hat mich das Spiel sehr überrascht. Ohne großen Hype ist hier ein Spiel entstanden, dass handwerklich alles richtig macht und spielerisch nur kleine Defizite ausweist. Ich persönlich freue mich auf das angekündigte Add-On, sollte es denn den Weg in unsere Breiten finden. Zum Abschluss noch zwei Screenshots mit meinem Eintrag in die Tabelle der Spiels mit der Bewertung meiner Leistung: