Review: Battleborn

Battleborn ist das erste Shooter Highlight im Mai 2016. Das neuste Werk aus dem Hause Gearbox merkt man seine Herkunft an, es gibt doch einige parallelen zur Borderlands-Serie. Aber, voll im Trend liegend, wurde die Zahl der wählbaren Helden stark erhöht, zum Start stehen bereits 25 zur Verfügung. Das Spielprinzip wurde mit Anleihen aus dem MOBA-Genre angereichert, welches ich eigentlich nicht so mag.

Von all den im Mai 2016 in kurzer Reihenfolge erscheinenden Shootern verdient Battleborn am ehesten das Prädikat „MOBA-Shooter“, auch wenn es nicht so richtig stimmt. Ja es gibt eine große Riege an Helden, welche alle stark spezialisiert sind, viel mehr als die Helden aus Borderlands. Abgesehen davon hat es nur wenig mit einem MOBA zu tun, am ehesten noch der Spielmodus Incursion. Daneben bietet es mit Capture einen bekannten Modus (eine Domination Variante), mit Meltdown einen neuen Modus und eine Kampagne, welche Solo oder mit bis zu fünf Spielern bestritten werden kann. Man merkt aber schnell: der Fokus lag auf den kompetitiven Multiplayer Modi, insbesondere Incursion und Meltdown.

Screenshot: Effektflut in Battleborn
Die Effektflut kann zu sehr unübersichtlichen Situationen führen.

Grafisch ähnelt Battleborn Borderlands recht stark, es ist sehr bunt und hat eine Cel-Shading-artige Grafik mit vielen einfarbigen Flächen, aber ohne die schwarzen Comic-Ränder. Es dominieren pastellfarbene Farbtöne und einfache, klare Strukturen. Bei den Effekten brennt das Spiel ein Feuerwerk sonders gleichen ab, egal ob die lila-schwarze Chaosmagie von Orendi oder Alanis Wasserwogen, selbst bei Raths Nahkampf-Fähigkeiten ist der Bildschirm schnell mit Effekten voll – egal ob man selber sie auslöst oder nur von weitem sieht. Die Effektflut nimmt aber solche Ausmaße an dass man schnell die Übersicht verliert. Zudem ist häufig nicht ganz klar, von wem die Effekte kommen und ob sie für mich positiv oder negativ sind. Im Zweifelsfall habe ich eher einen Bogen drum herum gemacht, da die meisten Klassen ihre Lebenspunkt nicht selbst regenerieren können (und die Schilde, welche sich wieder aufladen recht klein geraten sind, das System ist 1-zu-1 aus Borderlands übernommen) ist es mir das Risiko nicht wert. Ob die von mir beobachteten Performance Probleme mit der Effektflut damit zu tun haben kann ich nicht sagen. Generell ist die Performance das Spiels nicht das Gelbe vom Ei: die Framerate bricht gerne mal ein, nicht auf unspielbare Werte aber doch deutlich näher an 30 wie an 60 FPS (an die von mir angestrebten 120+ komme ich kaum auch nur in die Nähe).
Beim Sound ist gar nicht viel zu sagen, Musik habe ich während des Spielens kaum gehört, nur in den animierten Zwischensequenzen. Die sind jetzt nicht ganz nach meinem Geschmack, sie erinnern mich ein wenig an die surrealen Sequenzen aus alten Asterix Zeichentrickfilmen. Die begleitende Hiphop-Musik trifft meine Vorlieben in dieser Hinsicht auch nicht, aber ich kann damit leben. Die (englischen) Sprecher machen alle einen sehr guten Job, ein wenig stört es mich aber dass die meisten in Borderlands bereits dabei waren und ihre Stimme kaum verstellen, da denke ich häufig erstmal an Charaktere daraus.

Screenshot: Intro eines Bosses in der Kampagne
Die Intros der Bosse unterscheiden sich kaum von denen in Borderlands.

Zum Release standen satte 25 Helden zur Auswahl, mittlerweile kam Nummer 26 dazu und Nummer 27 ist bereits angekündigt, über die nächsten Monate soll sich die Zahl auf 30 erhöhen. Im Gegensatz zu Borderlands sind die Helden viel stärker spezialisiert, einige der Solo Missionen sind mit manchen deshalb recht schwierig. Rath als Nahkampf-Glaskanone ist so ein Fall, auch auf Heilung spezialisierte Helden wie Ambra sind Solo nur bedingt zu gebrauchen. In der Gruppe können sie aber ihr volles Potential ausspielen. Im Prinzip dürfte für fast jeden Geschmack etwas dabei sein, von sehr agilen Helden wie Rath oder Orendi, mobilen wie Benedict und Melka oder den dicken Brocken Montana oder Attikus, die man nicht so schnell eliminiert. Oder doch, je nach Komplexität des Charakters und des eigenen Spielstils kann das auch mal komplett nach Hinten los gehen, das habe ich in einige Multiplayer-Partien gesehen. Ich selber habe neue Charaktere meistens in einer der ersten Missionen der Kampagne solo ausprobiert, die sind recht einfach und geben mir schon ein gutes Gefühl für den Spielstil und ob er mir zusagt. Die Helden sind in fünf Fraktionen eingeteilt, was praktisch aber keinen Unterschied macht, nur bei der Auswahl der Lootboxen (siehe unten) oder für die Erfüllung bestimmter Challenges.
Negativ fiel mir auf dass zu Beginn nur fünf der Helden verfügbar sind, alle anderen müssen freigeschaltet werden. Es gibt zwei Wege dafür: eine bestimmte Challenge absolvieren (z.b. 800 Minions töten und man kann mit Galilea in die Schlacht ziehen, die Kampagnen-Mission „The Algorithm“ erfolgreich abschließen um ISIC zu erhalten, etc) oder über das globale Commander-Level. Für jede abgeschlossenen Partie bekommt man Erfahrungspunkte, eine auf das globale Commanderlevel, über welches man auch Charaktere frei schalten kann, und auf das Level des jeweiligen Charakters, wodurch man weitere kosmetische Dinge wie Skins oder Taunts freischalten. Die Limitierung auf nur fünf am Anfang finde ich sehr hart, man hat nur wenig Auswahl und ausgerechnet Melka, welche man im Tutorial spielt ist nicht dabei (immerhin kann man sie recht schnell freischalten).

Screenshot: Intro einer Kampagnen-Mission in Battleborn
Die Kampagnen-Missionen werden mit kleinen Intros eingeleitet.

Für den Abschluss von Missionen bekommt man neben Erfahrungspunkten auch die Ingamewährung Credits, mit welcher man sich Lootboxen kaufen kann. Die Qualitätsstufen davon muss man auch erst über das Commanderlevel freischalten. Heraus kommen jeweils drei Gegenstände, bei den Boxen der Fraktionen können auch Skins für einen Charakter dieser Fraktion herauskommen. Drei Gegenstände kann man in sein Loadout übernehmen, welches man vor einer Mission wählt. Wie der Charakter ist es im Laufe einer Mission nicht änderbar, im Gegensatz zu Overwatch. Da man bei der Charakterwahl nur die Symbole sieht habe ich gerne mal das falsche gewählt, einfach weil ich die Kombination verwechselt habe. Die Gegenstände bringen unterschiedliche Boni, alles nur passive Statsverbesserungen, mache mit Bedingungen (z.b. +x% Attackspeed 30sec nach einem kritischen Treffer). Hochstufige Gegenstände bringen auch mal Mali mit sich, welche man gut Abwägen sollten. Spielt man einen auf Schaden ausgerichteten Charakter sollte man keine Damage- oder Attackspeed-Mali mitnehmen, als reiner Heiler macht es weniger aus. Die Items sind aber nicht automatisch aktiv, sie müssen im Spiel in einem separaten Menü aktiviert werden und das kostet pro Mission einmalig sog. Shards, welche man in jedem Level findet. In den Kampagnen-Missionen bekommt man tendenziell mehr, wodurch man mehr hochstufiges Gegenstände mitnehmen kann, in den kompetitiven Modi kann es ein größerer Vorteil sein, früher auf die Gegenstände zugriff zu haben.
Mit den Shards kann man auch Türme und andere Buildables bauen, an vorbestimmten Stellen. Heilstationen finde ich in jedem kompetitiven Modus unverzichtbar, die Türme geben auch ganz ordentliche Boni. In der Kampagne hat man öfters man die Auswahl was man baut, die teuren Thumper-Turrets als stationärer Raketenwerfer oder die günstigen Stinger-Maschinengewehr Türme. In den kompetitiven Modi hat man diese Wahl nicht, jeder Art des Buildable ist vorgegeben, dafür kann man sie aufrüsten.

Screenshot: Sparsam eingesetztsehen die Effekte durchaus schick aus.
Sparsam eingesetzt sehen die Effekte durchaus schick aus.

Zusätzlich levelt man auch im Verlauf einer Partie auf, Stufe 10 ist hier das Maximum. Jeder Charakter verfügt über zwei aktive Fähigkeiten, auf Stufe 5 kommt eine weitere, meist sehr starke dazu. Alle werden über Cooldowns kontrolliert, Ressourcen wie Mana konnte ich keine Entdecken. Bei jedem Stufenanstieg wählt man zwischen zwei passiven Boni, es können auch noch dritter dazu kommen, der muss aber wieder erst über das Charakterlevel freigeschalten werden – noch mehr Unlocks…
Allgemein ist die Anzahl der Dinge, die man Freischalten muss und auch einen spielerischen Einfluss haben sehr groß, zu Beginn ist man im kompetitiven Spiel einem anderen Spieler klar unterlegen. Dazu sind die Charaktere recht komplex zu spielen, man merkt (unabhängig von Unlocks und Gear) schnell, wer seine Klasse wirklich drauf hat und wer zum ersten mal spielt. Da kommt es etwas entgegen dass die Kampagne etwas einfacher ist, hier kann man gut Erfahrung sammeln, auch wenn die Situationen nicht immer Repräsentativ für den kompetitiven Modus sind.

Screenshot: Prolog auf der Heimatwelt der Jennerit
Der Prolog zeigt gut den grafischen Stil der Jennerit Fraktion.

Die Kampagne war mit Sicherheit nicht der Hauptfokus des Spiels, die gerade mal acht Missionen (plus einen Prolog, welchen man nach dem ersten Spielstart zwingend Absolvieren muss), welche um die 30 Minuten dauern. Das war es auch erstmal, erst mit dem Season Pass sollen fünf weitere Missionen dazu kommen. Optisch sind die Missionen gut Abwechslungsreich, immerhin stehen drei Settings zur Verfügung. Spielerisch eher nicht so, da gibt es genauso viele Missionsziele: kämpfe dich zu einem bestimmten Punkt durch, Verteidigen einen Punkt gegen n Gegnerwellen, oder eskortiere einen Roboter an eine bestimmte Stellen.
Die Story ist nicht so das gelbe vom Ei, bedingt durch die kurzen Missionen kann man da auch nicht viel machen. Wobei sie viel Potential hätte: die fünf Fraktionen kämpfen gegen den Bösewicht Rendain um den letzten verbliebenen Stern im Universum, er will diesen auch in eine parallel Dimension schicken. Oder so ähnlich, vieles wird nicht wirklich erklärt. Allgemein wird aus meiner Sicht viel zu wenig daraus gemacht, viel Potential bleibt ungenutzt, was der Kürze der Missionen und allgemein der Kampagne geschuldet sein dürfte. Selbst für das Story-technisch eher schwache Borderlands habe ich um die 15h aufgewendet, für Borderlands 2 um die 25 und für Borderlands – The PreSequel auch um die 20h – wohl gemerkt alles ohne die Erweiterungen. In Battleborn hat man nach vier Stunden alles gesehen was die Kampagne Story-technisch hergibt.

Screenshot: Rendain is watching you
Der Bösewicht Rendain hält sich größtenteils im Hintergrund, viel Profil hat er auch nicht.

Ein anderer Faktor ist der Humor: seit Borderlands hat Gearbox den Ruf Spiele mit einem etwas verrückten Humor zu produzieren, wobei ich sie nach Alien: Isolation und Duke Nukem Forever nicht in diese Schublade stecken würde. Das Problem bei Battleborn, neben dem fehlen von Stilmittel wie Zwischensequenzen (alles wird über Audionachrichten erzählt, welche manchmal variieren, aber immer aufs Selbe hinauslaufen) finde ich vor allem dass sie zu stark versuchen den Humor von Borderlands zu imitieren, es aber nicht auf das richtige Niveau bringen und am Ende über das Ziel hinaus schießen. Das endet dann damit dass sehr viel geflucht wird, was eine eher armselige Variante ist. Zudem wird jeder Fluch zensiert, da hätten sie ob der Alterseinstufungen ruhig etwas mehr durchgehen lassen können, so wirkt es doch albern.

Für kompetitives Spielen stehen drei Modi zur Auswahl: Capture, Incursion und Meltdown. Alle sind Teambasiert für fünf Spieler pro Team. Für jede gibt es aktuell zwei Karten, wobei fast alle meiner Spiele nur auf einer stattfanden, die andere wird meist rigoros raus gevoted, was ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Aber ich kann auch nicht nachvollziehen wie ein komplettes Genre nur auf einer Karte spielen kann…
Zu Capture gibt es nicht viel zu sagen, ist ein eine Domination Variante. Es gibt drei Punkte, steht man in ihrem unmittelbaren Umkreis wird er für das eigene Team eingenommen, sofern kann Gegner in der Nähe ist. Ist der Punkt eingenommen gibt es Punkte für das eigene Team, bei 1000 gewinnt man das Spiel. Zusätzlich kann man noch NPC-Moster erlegen welche zusätzliche Shards und Boni bringen, das hat bei den Partien die ich gespielt habe aber kaum eine Rolle gespielt.

Screenshot: Zusätzliche computergesteuerte Verbündete müssen in Incursion erst erkämpft werden.
Zusätzliche computergesteuerte Verbündete müssen in Incursion erst erkämpft werden.

Incursion ähnelt einem MOBA wahrscheinlich am meisten: beide Teams haben zwei sog. Sentiels (große, spinnenartige Roboter), welche nacheinander zerstört werden müssen. Es gibt (zumindest auf einer Karte, die andere hab ich bisher noch nicht gesehen) einen direkten Weg und dazu mehrere kleine, welche sich aber nicht immer von allen Charakteren nutzten lassen sondern spezielle Fähigkeiten erfordern, wie Benedicts Jetpack. In Wellen laufen zudem Minions (kleine, computer-gesteuerte Roboter) zum gegnerischen Sentinel, welche sich ohne Unterstützung aber gegenseitig aufreiben. Neben dem Aufbau von Turrents an vorgegebenen Stellen kann man Mercenaries anheuern, dafür muss man zuerst einen Wächter vor dem Camp erledigen. Etwas einfach kommt man an die Giant Minions ran, welche aber auch bei weitem nicht so stark sind, für beide braucht es genug Shards um sie zu rekrutieren.

Screenshot: Die Kontrolle der Minions ist in Meltdown der Schlüssel zum Sieg
Die Kontrolle der Minions ist in Meltdown der Schlüssel zum Sieg.

Mein persönlicher Favorit ist der Modus Meltdown: hier muss man eigene Minions, welche in Wellen erscheinen, eine vorgegebenen Weg entlang eskortieren, damit sie dem Minion Gott Minrec geopfert werden. Hat man Minions im Wert von 500 Punkte geofpert hat man gewonnen, die Minions sid je nach Größe Unterschiedlich viel Wert. Am Anfang geht es noch, da die Strecke kurz und die Grinder gut erreichbar sind, hat man die Hälfte der Punkte erreicht muss man die kleinen Roboter zu einem anderen Grinder bringen, welcher sich deutlich im Bereich des gegnerischen Teams befindet – ohne Hilfe haben sie quasi keine Chance da an zu kommen. Was ich besonders an diesem Modus mag ist dass es sich weniger auf das ausschalten der gegnerischen Helden fokussiert. Es kam bei mir öfters vor dass das gegnerische Team sehr gut K/D Raten hatte, aber trotzdem eine herbe Niederlage einstecken musste weil sie die Minions schlicht ignoriert haben. Sich nur auf die Minions zu konzentrieren ist aber auch kein Weg, man wird sonst schnell zur Zielscheibe für die Sniper-Charaktere und kann dann gar nichts mehr ausrichten. Der richtige Mittelweg ist der Schlüssel, neben gutem Team Play. Es werden immer zwei Gruppen von Minions auf zwei Bahnen losgeschickt, welche in der Mitte durch eine Struktur im Level getrennt sind. Man muss so immer beide im Auge behalten (auf der Minimap werden Minions und die Gegner in der Nähe angezeigt), ignoriert man eine kann das schnell zu einem hohen Rückstand führen. Man kann ebenfalls Giant Minions rekrutieren, welche sehr stark sind (sie können es fast mit einer normalen Gruppe Minions aufnehmen) und satte 20 Punkte auf einen Schlag bringen wenn man sie erfolgreich zum Grinder bringt. Mercenaries gibt es keine, dafür Turrets und Booster an vorgegeben Stellen, letztere verleihen befreundeten Einheiten (auch den Minions) eine Geschwindigkeitsbonus, gegnerische Einheiten und Helden werden dagegen verlangsamt.

Battleborn hat mich doch etwas überrascht, vor allem wie komplex das Spiel ist. Speziell in den kompetitiven Modi verlangt es viel Kenntnisse über den eigenen und die anderen Charaktere ab und damit steht und fällt für mich schon der Spielspaß: in einem guten Team gegen ein gutes Team macht es viel Spaß, hat man Leute im Team welche deutlich abfallen oder ihre Klasse nicht beherrschen kann das in vernichtende Niederlagen führen – oder zu überlegenen, aber auch langweiligen Siegen.
Die Kampagne hat mich dagegen enttäuscht: zu kurz, zu wenig Missionen und Abwechslung bei den Missionszielen. Die Story hat Potential, aber es wird nicht genutzt und der Humor wirkt etwas „gewollt aber nicht gewusst wie – dann fluchen wir eben wie blöd“.