Ich bin schon lange Fan von ergonomisch gebogenen Tastaturen, wenn ich mit einer normalen Tastatur längere Texte schreibe oder Programmiere bekomme ich recht schnell Schmerzen an der Innenseite meiner Handgelenke und Unterarme. Die letzten Jahren gab es aber quasi nur ein Modell dafür: die Ergonomic 4000 von Microsoft. Andere Hersteller haben die Produktion eingestellt oder sie kosten deutlich mehr. Vor einigen Monaten hat Microsoft einen quasi Nachfolger angekündigt, das Surface Ergonomic Keyboard. Ich hatte zuerst davon abgesehen weil es doch recht teuer ist, letztendlich hat die Neugier dann doch überwogen und ich haben mir eines zugelegt. Nach einigen Wochen damit schildere ich hier meine Eindrücke:
Zuerst einmal zum Grundlegenden: das Surface Ergonomic Keyboard ist keine der verbreiteten Rubberdome-Tastatur sondern verwendet Clicklet Tasten wie man sie aus Notebooks kennt. Eine Eigenschaft davon ist ein sehr kurzer Hubweg der Tasten, was mich aber nicht stört, im Gegenteil: dadurch tippe ich deutlich schneller wie auf der alten Ergonomic 4000. Dazu ist der Hubweg bei allen Tasten gleich lang, beim Vorgänger waren die teilweise recht unterschiedlich. Das Schreibgefühl ist fantastisch, es geht vor allem enorm leicht von der Hand und ich ermüde kaum, auch wenn ich längere Zeit am Stück schreibe. Wichtig hier: bei aller Leichtigkeit ist das taktile Feedback trotzdem sehr gut und fühlt sich nicht schwammig an sondern ist sehr präzise.
Wie bereits gesagt ist sie eine ergonomisch gebogene Tastatur: der Hauptblock ist an den Tasten F6/F7, 6/7, T/Z, G/H, B/H getrennt. Auch die Leertaste ist in zwei separate Tasten getrennt, was ich sehr gute finde da die sonst sehr großen und gebogenen Taste des Vorgängers manchmal schwer zu drücken war. Die F-Tasten sind nicht in drei Blöcke á vier Tasten eingeteilt sondern am Stück angeordnet. Zudem sind sie doppelt belegt mit Spezialfunktionen wie der Steuerung eines Mediaplayers oder zum Aufruf anderer Funktionen wie der Windows Suchfunktion und Einstellungen. Mein Problem ist dass sie die Standardeinstellungen sind, die F-Funktionalität wird aktiviert wenn die Fn-Taste aktiv ist, welche zwischen der linken STRG-Taste und Windows-Taste ist und eine kleine, weiße LED enthält: leuchtet sie funktionieren die F-Taste wie gewohnt. Die Sonderfunktionen benutzte ich so gut wie nie, vor allem die auf der rechten Seite, die für den Mediaplayer sind links wären durchaus nützlich. Die Fn-Taste ist allerdings etwas ungeschickt immer unter meiner Hand, ich sehe meistens nicht in welchem Modus sie geschalten ist. Aus Gewohnheit benutzte ich nur die normalen F-Tasten, absichtlich schalte ich den Modus nie um. Die gesonderten Tasten für Laut/Leiser und vor allem Mute waren mir da deutlich lieber bei der Ergonomic 4000.
Die meisten Tasten sind da wo man sie von einem normalen Tastaturlayout her kennt und auch entsprechend groß, aber nicht alle: die Enter- und Rücklöschtaste sind etwas schmaler, was mir zumindest bei der Enter-Taste zu Anfang etwas Probleme bereitet hat. Direkt darüber sind die Druck und eine Entf-Taste angeordnet. Der Zusatzblock mit Einfg, Entf, Pos1, Ende, Bild auf und Bild ab sind unverändert, darüber allerdings sind Rollen, Pause und die NumLock-Taste zur Aktivierung des Nummernblocks. Rollen und NumLock enthalten ebenfalls eine kleine LED um ihren Modus anzuzeigen. Der Nummernblock ist kaum Verändert, nur wo sonst die NumLock-Taste ist befindet sic stattdessen eine Clear-Taste für den Taschenrechner. Darüber sind Zusatztasten um den Taschenrechner aufzurufen oder den Rechner zu Sperren.
Wie alle Surface-Produkte von Microsoft ist die Tastatur in einem matten hellgrauen Farbton gehalten. Ihre Ausmaße insgesamt sind ziemlich ähnlich zu einer normalen Tastatur, im Vergleich zur Ergonomic 4000 ist sie kompakter. Sie ist auch etwas flacher was mir nicht so gefällt, für meinen Geschmack sollte sie insgesamt ungefähr einen halben Zentimeter höher sein. Die Tasten sind dafür meistens so groß wie gewohnt, nur die oberste Reihe mit den F-Tasten ist etwas schmaler ausgefallen. Die zusätzliche Leiste um die Tastatur vorne hoch bzw. anzustellen ist nicht mehr dabei und es gibt auch keine Möglichkeit dafür gefunden – da ich es nie genutzt habe war es für mich kein Beinbruch, ich mochte das nie weil dann meine Handgelenke so komisch abknicken. Die Handballenauflage ist nicht mehr mit einem lederartigen Material überzogen was ich nie leiden konnte sondern ist aus Alacantra, einem Material was sich eher wie ein recht glatter Stoff anfühlt. Das finde ich deutlich angenehmer.
Die Tastatur ist komplett aus Kunststoff gefertigt bis auf die Handballenauflage, welche wie bereits erwähnt aus dem stoffartigen Alacantra. Sie fühlt sich aber nicht billig an, was auch von ihrem recht hohen Gewicht her rühren könnte. Die Tasten haben einen guten Anschlag, welcher zwar nicht sonderlich hart ist, aber mir genug taktiles Feedback gibt um mich vor allem sehr schnell darauf schreiben lässt. Für den OVP von 150€ (Straßenpreis von ca. 120€) würde ich auch nichts anderes als Top-Qualität erwarten, insgesamt ist der Preis mir aber doch etwas hoch.
Im Gegensatz zum Vorgänger hat die Tastatur kein Kabel mehr, sie wird per Bluetooth mit dem Windows Rechner verbunden. Ich verwende dazu ein extra Dongle (den Nano Bluetooth-Adapter 4.0) und Windows 10. Den Dongle muss ich vorne in einen der vorderen Anschlüsse stecken, hinten bekomme ich keinen Empfang und mit einem Verlängerungskabel tut der Dongle gar nichts. Die Surface Ergonomic hat keinen Einschalter, sie hat genau genommen keine andere Tasten außer die mit welchen man tippt – will man sie „einschalten“ reicht es irgendeine Taste zu drücken und sie versucht sich mit dem Rechner zu verbinden. Ob sie an ist oder nicht sieht man nur an den kleinen LEDs für Fn, NumLock oder Rollen, sofern man ihre Funktion aktiviert hat.
Ich konnte die Tastatur mit keinem anderen Gerät verbinden, weder mit meinem Smartphone, meinem Notebook mit Linux oder dem exakt selben Rechner mit Linux gestartet tut sie schlicht nichts. Sie taucht auch keinem Menü für Bluetooth-Pairing auf, keine der LEDs ist an und sie gehen auch nicht an, es sieht so aus als wäre sie aus und würde gar nicht versuchen etwas zu tun. Das gilt auch für alles was sich vor dem Windows Anmeldebildschirm abspielt, will ich z.b. ins BIOS/UEFI oder Grub steuern brauche ich eine andere Tastatur. Ich habe auch keine Alternative, weil sich die Tastatur nicht anders mit dem Rechner verbinden lässt und auch keine weiteren Tasten hat. Beim PS4-Controller z.b. habe ich noch die Option ihn per Kabel zu verbinden wenn etwas nicht funktioniert.
Für den Betrieb sind zwei AAA-Batterien nötig, welche an der Unterseite in einen Schacht eingesetzt werden und über einen magnetischen Verschluss geschützt sind. Ich war etwas skeptisch wie lange die durchhalten, nach den wenigen Monaten im normalen Betrieb hab ich nichts gemerkt, wirklich nachprüfen wie viel Leistung noch in den Batterien steckt kann ich aber nicht. Eine hohe Laufzeit erkauft sich die Tastatur dadurch dass sie sehr schnell ausschaltet wenn man sie nicht benutzt, unter Umständen schon nach wenigen Minuten oder gar Sekunden, wobei ich bisher keine klare Grenze ziehen konnte, es wirkt manchmal arg verschieden. Drückt man wieder eine Taste paired sich die Tastatur neu mit dem Rechner, was auch mal dazu führt dass dieser für ca. 1-2 Sekunden schlicht hängt, Musik läuft manchmal noch weiter oder weder den Mauszeiger bewegen noch etwas anderes tun, was mich arg stört.
Nachtrag 2019-07-28: Ich habe mittlerweile ein Notebook an dem ich auch arbeiten und habe die Tastatur mit über das eingebaute Bluetooth verbunden. Damit hab ich das Problem mit den Hängern nicht, woraus ich schließe dass das Problem weniger mit der Tastatur, sondern mit dem von mir verwendeten Dongle zusammenhängt. Um genaueres sagen zu können müsste ich das Problem weiter untersuchen, aber ich weiß noch nicht wie ich dafür die Zeit finde.
Ich habe die Tastatur primär zum Arbeiten und schreiben gekauft, da stört es mich schon sehr dass sie nur mit Windows funktioniert, das bräuchte ich prinzipiell nicht dafür und da ich primär mit Linux arbeite ist es doch ein Hindernis. Aber solange ich keine Möglichkeit habe sie zu pairen geht da erstmal nichts. Ich habe auch kurz getestet damit zu spielen, ich habe auch lange ein in Ergonomic 4000 dafür genutzt (und da war ich nicht allein) bis zwei Tastaturen auf meinem Schreibtisch Platz gefunden haben. Spielen mit der Surface Ergonomic hat auch ganz gut funktioniert, mir sind keine Verzögerungen oder ähnliches aufgefallen. Ich bleibe dafür aber bei meinem Cherry MX-Board 3.0, das nochmal direktere Feedback der mechanischen Tasten bevorzuge ich beim spielen. Die ergonomische Form ist mir ist eher ein Hindernis: wenn ich eine Taste aus der rechten Hälfte brauche sind sie ungeschickt platziert weil ich nur eine Hand auf der Tastatur haben. Um das etwas auszugleichen drehe ich sie komplett bis sie nahe am ergonomischen Winkel (~22°) ist.
Fazit: Mein Fazit fällt gemischt aus: auf der einen Seite mag ich das Schreibgefühl, welches gutes Feedback gibt und trotzdem sehr Leicht von der Hand geht – so schnell habe ich auf noch keiner Tastatur geschrieben. Dem Gegenüber steht vor allem dass ich sie bisher nicht unter Linux nutzen kann wo ich sie primär einsetzten wollte. Der Preis ist hoch, dafür bekommt man auch sehr gute Qualität – aber nicht viel mehr, ansonsten ist die Tastatur auf das wesentliche beschränkt, was auch für Zusatzfunktionen und -Tasten gilt.