Mit Anno 1800 geht die Aufbaustrategiespielreihe in ihre siebte Runde und schließt damit zumindest vorerst zum firmeninternen Konkurrenten Die Siedler auf. Obwohl ich mir bewusst war dass die Serie existiert ging sie doch lange Jahre an mir vorbei, ich war anderen Vertretern des Genres zugange. Jahrelang war es im Genre recht ruhig, gefühlt fand es nur in den Niederungen der Browser-Spiele und Social-Games statt. Während andere pausierten oder gleich die Studios dicht machten, hat Ubisoft mit Anno konstant weiter gemacht und schließlich bin ich auch dazu gestoßen, Anno 1404 war mein richtiger Einstieg in die Serie. Anno 1800 hatte ich lange auch nicht direkt auf dem Radar, bis ich in die Closed Beta gekommen bin, die hat mich so angefixed dass ich das fertig Spiel direkt gekauft habe.
Lange war sie in Historischen Settings zu Hause, bis es in den letzten beiden Teilen in die Zukunft ging und einiges an der Spielmechanik entsprechend anpassten, was zumindest für Kontroversen in der Community sorgte. Ich habe Anno 2070 gespielt, aber nur die Kampagne des Grundspiels, der Nachfolger Anno 2205 liegt noch quasi ungespielt auf meinem Mountainridge of Shame. Der neueste Teil will wieder zurück zu den Wurzeln, ein historischen Setting zu Beginn der Industrialisierung und Waren werden wieder sichtbar transportiert. Zudem wurde die Community schon sehr früh in die Entwicklung eingebunden. Am Ende sollte es das bis dato komplexeste Anno werden, ob es für mich als eher Casual Anno Fan auch noch taugt kann man im nachfolgenden Textmonster lesen.
Hinweis zum Inhalt: da mich der Multiplayer Modus in so langwierigen Spiele nicht interessiert habe ich ihn in Anno 1800 auch nicht ausprobiert. Mein letzter aktiv gespielter Patch war Patch 2 vom 15.05.2019, sollte eines der von mir angesprochenen Probleme später behoben oder ein System verändert worden sein floss das nicht in diesen Text ein (ich mache das nur private zum Spaß und hänge deshalb oft mit den Texten etwas hinterher, ich kann einfach nicht so viel Zeit reinstecken wie ich das gerne möchte). Das war noch vor Release des Content Update mit dem Anarchisten, entsprechend habe ich es nicht gespielt, mangels Deluxe Edition hätte ich mir den DLC erstmal kaufen müssen.
Inhalt
Grafik, Sound und Technik
Bei der Grafik gibt es eigentlich nur eines zu sagen: Anno 1800 sieht verdammt schick aus. Die Gebäude, Landschaft und Schiffe sind detailliert modelliert und dürften aktuell mit so ziemlich jedem anderen Spiel des Genres, ach was schreibe ich, jedes das auch nur die selbe Perspektive nutzt den Boden aufwischen. Die Städte wirken sehr lebendig, auf dem Marktplatz oder am Wirtshaus ist einiges los und auch auf den Straßen tummeln sich viele Einwohner. Gut, eigentlich sind sie nur Verzierung weil sie in der Simulation keine Rolle spielen, aber sie erfüllen ihren Zweck. Zumindest bis man in die optionale Ego-Perspektive schaltet, dann offenbaren sich die vielen Tricks der Entwickler um die Performance hoch zu halten (z.b. hat es unter Vordächern schlicht nichts, man kann in das Innere der Gebäude-Geometrie schauen), vor allem sehen die Bewohner dann aus als wären sie direkt von der ersten PlayStation rüber gewandert, sehr kantig und ein wenig überstilisiert. Aber aus der normalen Perspektive ist man viel zu weit weg um diese Details erkennen zu können. Spielerisch ist die Ego-Perspektive ansonsten völlig nutzlos, da man nichts machen kann außer herum wandern, aber die viele Details bei den Animationen z.b. bei Gebäuden oder den Tieren im Zoo kommen so viel mehr zur Geltung, mal sollte sie auf jeden Fall einmal probiert haben.
Der Grafikstil ist eher realistisch, was ich fast schon als Schwäche ansehe. Die älteren, historischen Teile hatten gerade zu malerische Städte, welche direkt neben einer Modelleisenbahn stehen könnten. In Anno 1800 zeichnet die beginnende Industrielle Revolution aber ein etwas anderes Bild, die Stadthäuser der höheren Bevölkerungsstufen sehen doch recht zweckmäßig aus und bilden große, zusammenhängenden Komplexe. Ich habe auch den Eindruck dass die Farben der Gebäude und Landschaft nicht mehr so kräftig sind wie früher, alles wirkt gedämpfter, realistischer und ernster. Dazu stoßen die Schornsteine der Fabriken doch sehr viel schwarzen Rauch aus, da ist die Idylle schnell dahin. Das hat zwar auch einen spielerischen Einfluss, die Attraktivität der Insel sinkt, aber vor allem verliert es für mich den fast schon malerischen Charme den die älteren Teile hatten.
Aber diese Grafikpracht hat ihren Preis, und der heißt Performance: mein Rechner ist jetzt nicht wirklich der schwächste (AMD Ryzen 1700X, Nvidia GeForce GTX1080, 32GB DDR4-2993 RAM) und zu Anfang ist es auch noch kein Problem, aber meine voll ausgebaute Stadt im Endlosspiel hat ihn fast in die Knie gezwungen, das Riva-Tuner-Overlay zeigte maximal 15 Bilder pro Sekunden an und entsprechend unrund spielt es sich. Zumindest in der Direct3D 11 Version, erstmals gibt es auch einen Renderer der auf Direct3D 12 setzt und bei mir die Bildrate glatt verdoppelt, bei mir waren bis zu 35FPS in der selben Szene drin. Das sind jetzt keine Werte wie ich sie eigentlich haben will (60FPS sind für mich keine besondere Leistung sondern das Minimum), aber für ein eher gemütliches Aufbaustrategiespiel sind die akzeptabel. Allerdings lief das Spiel damit nicht ganz so stabil, ich hatte über die gesamte Spielzeit mit D3D12 zwei oder drei Abstürzte, der Fehlermeldung nach lagen sie auch am Renderer, mit D3D11 lief das Spiel bei mir absolut stabil.
Beim Sound gibt sich das Spiel keine Blöße: die Soundeffekte sind passend, eine belebte Stadt klingt wie man sie sich vorstellt, ebenso wie die krachenden Schüssen der Schiffskanonen oder Maschinengeräusche aus Industriekomplexen. Die deutschen Sprecher passen zu ihrer Rollen und machen ihre Sache gut, dass die Charaktere so Klischee-Abziehbilder sind ist nicht ihre Schuld. Wie in vielen Übersetzungen fehlen aber jeglicher Dialekt, alles wird auf Hochdeutsch reduziert, mehr als ein paar charakteristische Sprecharten ist nicht drin. So spricht Prinzessin Qing betont ruhig und ausgeglichen und benutzt auch das ein oder andere, zumindest asiatisch anmutende Sprichwort, aber das alles in perfektem Hochdeutsch – das ist der Atmosphäre nicht gerade zuträglich. Die Musik ist auch gut und zur Epoche passend, aber nach eine Weile habe ich sie auch abgeschaltet, hauptsächlich weil ich neben dem entspannten Aufbauen Videos schauen wollte. Dass das nur bedingt ging zeigte sich erst im Laufe des Spiels.
Gameplay
Anno 1800 ist ganz im Sinne der Serie ein Aufbaustrategiespiel, Ziel ist es ein Imperium aus mehreren Inseln, ausgebreitet über zwei Kontinente mit eigenen Karten aufzubauen. Im Zentrum steht die Bevölkerung, die dieses mal in insgesamt sieben Stufen eingeteilt ist. Es gilt Güter zu produzieren um ihre Bedürfnisse zu erfüllen, nur dann stellen sie genug Arbeitskräfte damit die Produktion läuft. Da ausreichend Platz, Rohstoffe und Fruchtbarkeit nicht überall vorhanden sind ist ein stabiles Netz aus Handelsrouten essentiell um alle ausreichend zu versorgen.
Spielerisch hat man die Wahl zwischen der Kampagne mit definierten Zielen und einem Ende, dann wird sie in ein für Anno typisches Endlosspiel umgewandelt und spielt auf der fixen Karte weiter, mehr dazu im entsprechenden Abschnitt. Im eigentlichen Endlosspiel kann man die Karte recht frei konfigurieren und die Ziele selbst festlegen – oder keines explizit setzten und einfach losbauen. Vorgefertigte Szenarien gibt es nicht. Aber nun die Spielmechaniken im Detail.
Bevölkerungsstufen
Der wohl wichtigste Teil des Spiels ist die Bevölkerung, dieses mal in fünf Bevölkerungsstufen eingeteilt, in der neuen Welt kommen nochmal zwei dazu. Es gilt vor allem ihre Bedürfnisse zu stillen, durch erfüllte Grundbedürfnisse leben mehr Einwohner in einem Haus und man hat mehr Arbeitskräfte zur Verfügung, je nachdem wie gut die Luxusbedürfnisse gedeckt sind zahlen die Bewohner mehr Steuern. Die Güter werden mit jeder Stufe mehr und anspruchsvoller zu produzieren, bei manchen reicht es auch nur ein Gebäude zu bauen.
Die ersten drei Stufen spielen sich noch recht gewohnt. Die Bauern geben sich bereits mit Fischen, Schnaps (produziert aus Kartoffeln) und Kleidung (wird aus Schafwolle gewebt) zufrieden, gibt man ihnen noch ein Wirtshaus sind sie glücklich. Die Arbeiter wollen dazu noch Würste, Brot, Seife und eine Kirche, die Luxusbedürfnisse sind u.a. Bier und eine Schule. Je mehr Arbeiter man hat desto mehr Bedürfnisse werden freigeschaltet, ebenso die zugehörigen Produktionsgebäude. Die dritte Stufe, die Handwerker, brauche geben sich nicht mit Fisch und Schnaps zufrieden, sie wollen fortschrittliche Waren – wie Gulasch aus der Dose. Kleidung machen sie sich selber, für was brauchen sie sonst Nähmaschinen. Dass ist auch der Punkt an dem die Industrialisierung voll einsetzt, ohne Schwerindustrie bestehend aus Minen, Eisenschmelzen und Stahlwerke geht nichts mehr, welche dazu gut sichtbar die Umgebung verpesten. Damit sinkt die Attraktivität der Insel doch recht stark, die Schweineställe waren da noch vergleichsweise harmlos.
Ab der vierten Stufe wird es aber knifflig, nicht nur weil die Waren der Ingenieure durch recht komplexe Produktionsketten entstehen, die viele Arbeiter benötigen, die Betriebe sind auch extrem teuer im Unterhalt. Sind es bei einer Fischerei noch 40 Dollar kommt die Brillenwerkstatt auf glatte 1000 Dollar (ohne Boni). Dadurch werden die Luxusbedürfnisse deutlich wichtiger, weil Geld ein wichtiger Faktor wird – erfüllt man sie nicht geht die Bilanz schnell ins Negative, hat man kein Geld mehr endet das Spiel (nachdem man einmal einen kleinen Kredit bekommt, für mich war da aber schon zu spät). Mit anderen Mitteln wie Nebenaufgaben und Handel mit den KIs konnte ich das Defizit nicht ausgleichen. Vor allem da Handelsrouten und die neue Welt eine wichtige Rollen spielen macht es den Warenverkehr deutlich komplizierter. Es ist deshalb ratsam hier nicht zu schnell aufzusteigen, sondern sicherzustellen dass die Versorgung mit Waren stabil ist, selbst der größte Vorrat ist irgendwann aufgebraucht. Ist man nicht vorbereitet kann es zu einer Abwärtsspirale kommen in der zuerst die Arbeitskraft und dann die Einnahmen sinken und das immer weiter, oder auch anders herum. Eine der größten Neuerungen dürfte das Bedürfnis Elektrizität sein: Ingenieure der höheren Stufe und Investoren wollen sie an ihren Häusern. Sie geht vom Kraftwerk aus den Straßen entlang, welches per Zug mit Öl versorgt werden muss, (mehr dazu bei Wirtschaft).
Geld ist auf der fünften und letzten Stufe der Investoren kein Problem mehr: im Gegensatz zur realen Welt zahlen sie in Anno 1800 derart viele Steuern, dass die Erfüllung ihrer Luxusbedürfnisse sich deswegen kaum noch lohnt, auch die der anderen nicht mehr. Hatte ich davor eine Bilanz die meist gerade so positiv war (so bei +500 bis +800 Dollar) waren es auf einmal 10.000 oder 20.000 Dollar. Gut, ein Gebäude wie einen Clubhaus kann man noch bauen, aber der Rest war mir dann egal. Da man für den Bau der Weltausstellung und deren Abhaltung aber viele davon braucht sollte man auf die Grundbedürfnisse achten, damit die maximale Anzahl Investoren in einem Gebäude wohnen. Zumindest was das Geld angeht ist man dann abgesichert, die Einwohner können aber unzufrieden werden und in Streik treten. Das hat bei mir aber nur überschaubare und zeitlich begrenzte Auswirkungen gehabt, meine Wirtschaft recht problemlos lief weiter.
Waren werden klassisch über den Marktplatz verteilt, Gebäude (und Elektrizität) wirken aber anders als in den Vorgängern: statt in einem festen Radius um das Gebäude herum wirken sie der Straße entlang. Deshalb sind einzelne lange Straßen ohne Querverbindungen nicht sehr effektiv, geschickt platzierte Querstraßen erhöhen die Effektivität deutlich, nehmen aber auch mehr Platz weg. Das ermöglicht sehr organische Städte, oder man baut hoch optimiert in einem festen Raster. Beim Rathaus bleibt alles beim alten, seine Boni wirken in einem festen Radius, mehrere dürfen sich zudem nicht überlappen.
Wirtschaft
Die Wirtschaft in Anno 1800 braucht vor allem eines: Arbeitskräfte. Jedes Haus aus einer der ersten vier Bevölkerungsstufen stellt sie zur Verfügung, sofern ihre Bedürfnisse erfüllt sind. Jedes Produktionsgebäude braucht andere, in einer hochtechnisierten Fabrik sind die ungebildeten Bauern genauso fehl am Platz wie der Ingenieur auf dem Kartoffelacker. Investoren arbeiten gar nicht sondern zahlen nur Steuern, wenn auch verdammt viel. Dadurch macht es auch keinen Sinn alle Wohngebäude auf die höchste Stufe auszubauen, auch bei jeder Zwischenstufe sollte man genau überlegen was man braucht. Am oberen Rand des Bildschirms werden freie oder fehlenden Arbeitskräfte der aktuellen Insel angezeigt, das gibt zumindest einen schnellen Überblick. Arbeitslosigkeit gibt soweit ich das sehe keine Mali, also lohnt es sich große Mengen an Arbeitskraft auf Vorrat zu halten, solange man sie auch versorgen kann. Für mich unverzichtbar ist später das Pendlerkai, wodurch alle Arbeitskräfte aller Inseln, die darüber verfügen in einen gemeinsamen Pool wandern. Das ermöglicht es stark spezialisierte Inseln zu bauen, um z.b. die Schwerindustrie oder Landwirtschaft zentral an einem Ort zu haben. Das hat auch Auswirkungen auf die Produktion, auf meiner Hauptinsel hatte ich irgendwann keine Bauern mehr, da konnte ich die Produktion an Fisch deutlich zurückfahren und den übrigen Schnaps auf andere Inseln verschiffen, während ich auf keiner anderen Inseln Ingenieure angesiedelt habe, durch das Pendlerkai können sie trotzdem in einzelnen Betrieben arbeiten. Dadurch konnte ich die komplette Produktion eines Gutes an einem Ort konzentieren, was die Warenverteilung einfacher macht, da Bedürfnisse nur dort gestillt werden müssen wo die entsprechenden Wohnhäuser stehen. Zudem muss ich keine Zwischenprodukte verschiffen, was die Handelsrouten entlastet.
Ähnlich zu den Bevölkerungsgruppen entwickelt sich auch die Wirtschaft, die ersten drei sind noch recht klassisch wie man es aus Anno kennt, ab der vierten nicht nur deutlich komplexer, durch ein neues System Interessant wird sie deutlich interessanter: Öl und die Eisenbahn. Öl als Rohstoff wird vor allem in den Kraftwerken verheizt um Elektrizität zu erzeugen, was zum einen ein Grundbedürfnis von Ingenieuren und Investoren ist. Zum anderen verdoppelt sie die Produktivität angeschlossenen Betrieben verdoppelt, ein paar wie die Dampfschiffwerft setzten sie zwingend voraus. Nettes Detail: an den Straßen die mit Strom versorgt werden stehen Strommasten, auch wenn die manchmal etwas komisch einfach so enden. Transportiert wird das schwarze Gold nicht über Lagerhäuser und Kontore, sondern per Zug von den Öl-Quellen zu Kraftwerken und dem Hafen. Man darf jetzt kein komplexes System ala Transport Tycoon erwarten, es gibt z.b. keine Signale. Da auf jedem Streckenabschnitt nur ein Zug gleichzeitig fahren darf, erhöhen geschickt angelegte Verbindungen die Effizienz deutlich, den Rest regelt das Spiel automatisch.
An ein paar Details wurden noch Verbesserungen vorgenommen: so können landwirtschaftliche Felder nun aus 1×1-großen Felder bestehen, wodurch man auch die letzten Ecken einer Inseln sinnvoll nutzen kann – oder auch direkt um eine Öl-Quellen herum. Die einzige Bedingungen ist dass sie an den Hof angrenzen und nicht unterbrochen werden – über einen Weg drüber geht nicht. Viehzucht braucht die klassischen, recht großflächigen Gehege, die können aber für sich alleine stehen und benötigen keine direkte Verbindung zum Gebäude oder untereinander, in der näheren Umgebung reicht schon. Platziert man sie doch nebeneinander werden sie zumindest optisch zu einem großen Bereich verbunden. Eine wirklich praktische, neue Komfortfunktion ist der Blaupausenmodus: man kann eine Art geisterversion eines Gebäudes setzten, ohne dass die Ressourcen für den Bau fällig werden. So kann man eine neue Siedlung recht gut planen, da man direkt die erst später benötigten Gebäude setzten kann und muss nicht die halbe Stadt abreißen und neu bauen. Möchte man doch etwas umbauen muss man nicht zwingend alles abreißen, mit einer (optionalen) Funktion kann man Gebäude versetzten – ich hab das gerade zu Beginn gerne genutzt, als das Layout meiner Stadt noch nicht final war, da ich teilweise nicht wusste welche Gebäude noch kamen und wie groß sie sind. In den Optionen kann man die Funktion durch eine Strafzahlung abschwächen oder ganz deaktivieren.
Ganz frei von Fehler ist das Bauen nicht, gerade Straßen haben mir manchmal Probleme bereitet: wollte ich eine längere bauen reicht es, mit der linken Maustaste zu klicken und dann zum Endpunkt zu ziehen, das Spiel versucht dann eine direkte Verbindung zwischen den beiden Punkten herzustellen. Einige Male wurde aber stattdessen ein dünner Rahmen aufgespannt, wie ich ihn sonst aus Echtzeitstrategiespielen kennen um mehrere Einheiten zu selektieren. Eine Straße lies sich so nicht bauen, stattdessen musste ich den Bauvorgang komplett abbrechen in dem ich mehrmals die recht Maustaste drückte und anschließend von vorne anfangen. Kein Beinbruch, aber doch etwas nervig, aber es passierte mir nur recht selten..
Generell kann man sagen dass Anno 1800 deutlich komplexer wie seine Vorgänger ist, gerade ab der vierten Bevölkerungsstufe werden die Warenketten deutlich umfangreicher und die Handelsrouten immer wichtiger. Das hat mich zeitweilig richtig unter Stress gesetzt, und dass obwohl ich sowohl die Kampagne als auch das Endlosspiel mit einfachen Schwierigkeitseinstellungen gespielt habe. Es gibt so viele Kleinigkeiten zu optimieren und dazu musste ich Teile meiner Stadt umbauen damit die Stromversorgung funktioniert. Bei anderen Spielen höre ich nach einem abgeschlossenen Level oder erfüllter Quest eher auf, da ich das Gefühl hatte einen größeren Abschnitte beendet zu haben. Hier gibt es solche Abschnitte kaum, stattdessen geht es immer weiter und ich habe fast wie im Wahn nur Kleinigkeiten weiter optimiert. Das ist für mich eher untypisch, da ich für das "Noch eine Runde"-Syndrom nicht so anfällig bin, Anno 1800 hat mich aber komplett gefesselt und dazu gebracht immer noch ein kleines Stückchen weiter zu spielen, und nochmal, und nochmal – bis eine sehr späte (oder frühe) Stunde auf der Uhr stand. Da hat es nicht geholfen das Probleme im Spiel für mich nur sehr schwer zu erkennen waren, am ehesten habe ich noch gemerkt dass die Bilanz in den Keller geht oder ich auf einmal nicht genug Arbeitskräfte hatte. Meistens lag es daran dass die Bedürfnisse nicht zur Genüge gedeckt waren, aber den Grund dafür herauszufinden ist ein Geduldspiel: hatte ich zu wenig Produktion? Oder zu wenige Schiffe auf der Handelsroute? Oder war ein Slot im Schiff blockiert weil es noch unnötigerweise eine andere Ware mit sich herum geschleppt hat? Das herauszufinden hat viel Zeit verschlungen. Zwar gibt es ein Benachrichtigungssystem welches den Spieler über Probleme informieren soll, diese gehören aber nicht dazu. Ich will nicht sagen dass die Warnhinweise auf Feuer oder Aufstände unnütz sind, aber wenn die Versorgung nicht passt erfährt man das vom Spiel selbst maximal über die Zeitung, was schon zu spät sein kann. Und dann kann es sein dass ich sie überhaupt nicht nachvollziehen kann, es steht z.b. dass eine Ware fehlt, aber sehe ich mir die Wohnhäuser an ist ihr Bedarf komplett gedeckt.
Nicht geholfen hat in diesem Fall das mir vieles nicht wirklich erklärt wurde. Die Kampagne endete für mich schon kurz vor der vierten Bevölkerungsstufe, die neuen Dinge wie Öl-Transport habe ich da gar nicht gesehen und wurden dann auch nicht weiter behandelt. Man kann zwar kleine Tutorial-Hinweise hinzuschalten, die sind aber sehr dürftig und manchmal sogar unpassend. Gerade in den späteren Phasen, wenn die Komplexität deutlich anzieht alles selbst herausfinden zu müssen (z.b. wie man ein effektives Schienenetz anlegt) war dann doch sehr anstrengend.
Die neue Welt
Man startet mit seiner Siedlung immer in der Alten Welt, die stark an Europa und besonders an England angelehnt zu sein scheint. Hat man die dritte Bevölkerungsstufe erreicht und kann Expeditionen unternehmen ist eine der ersten die neue Welt zu besiedeln, die mich stark an Südamerika erinnert. Hier baut man Siedlungen mit zwei neuen Bevölkerungsgruppen, die Jornalero und Obrero, welche grob mit den Arbeitern und Handwerkern vergleichbar sind was ihre Bedürfnisse angeht. Sie wollen eigene Waren welche man auch dort produziert, später muss man dann bestimmte hin- und her schippern, vor allem Alkoholika (Rum und Bier) sind als Luxusbedürfnisse gefragt. Ein Pendlerkai gibt es nicht, aber die beiden Bevölkerungsstufen sind nicht so anspruchsvoll wie in der alten Welt, wodurch der Aufwand sie auf jeder Insel neu anzusiedeln im Rahmen bleibt.
Generell läuft der Aufbau weitestgehend identisch zur alten Welt ab, die Produktionsketten bewegen sich auf dem selben Niveau. Einzige Ausnahme ist die Öl Produktion, die gibt es auch, ebenso wie die Eisenbahn – nur kann man damit hier nichts anfangen, man muss es in die alte Welt verschiffen. Viele der Baumaterialien müssen aber importiert werden, da sich die Produktion auf Holzbretter und Lehmziegel beschränkt. Auffällig ist dass die Karten mit viel Wald versehen sind, was aber eigentlich nur Wimmelbildaufgaben schwieriger macht. Was aber stört ist dass es gefühlt viel mehr Flüsse gibt, die nicht mal einen Nutzen haben, im Gegensatz zu Anno 1404. Sie sind eigentlich nur im Weg und schränken den Bau ein, aber durch die kleine Feldgröße von landwirtschaftlichen Betrieben kann der Platz bis ins letzte Eck ausgenutzt werden.
Militär
Das Militär war noch die die große Stärke von Anno, eigentlich von keinem Aufbaustrategiespiel wenn ich es mir so recht überlege. Manche wie Lethis oder Sim City verzichten gleich ganz darauf, in RollerCoaster Tycoon macht Militär gar keinen Sinn, bei den alten Siedlern kämpft man nur indirekt, bei neueren Teilen in (träger) Echtzeit und andere wie die Impressions-Spiele reduzieren es auf ein Minimum. Anno hat damit schon viel experimentiert, wie die indirekten Landschlachten in Anno 1404. Seeschlachten gibt es aber schon lange, und dies ist im neusten Teil die einzige Form der Kriegsführung.
Man hat unterschiedlich starke Schiffe zur Verfügung, die im Bau und im Unterhalt entsprechend teuer sind. In der ersten Hälfte eines Spiels gibt es nur Segelschiffe, später dann Dampfschiffe. Neu in Anno 1800 ist der Wind, der auf der Karte immer weht und sich immer wieder mal dreht, Segelschiffe fahren mit dem Wind deutlich schneller als dagegen, Dampfschiffe sind davon völlig unbeeindruckt. Gerade bei Verfolgungen sollte man ihn Beachten um das Ziel überhaupt zu erreichen. Im Kampf ist dann viel Micromanagment gefragt, allein schon weil die Wegfindung, sagen mir mal zumindest verbesserungswürdig ist. Schiffe bleiben gerne mal an kleinen Felsformationen hängen oder verheddern sich mit anderen. Dazu sind Kriegsschiffe standardmäßig auf "Aktive Verteidigung" eingestellt, was bedeutet dass sie alles und jedem nachjagen, auch direkt bis in die gegnerische Hafenverteidigung in der sie dann gnadenlos abgeschlachtet werden. Dass man ihre Haltung umstellen kann habe ich erst durch User-Kommentare erfahren, das Symbol unterhalb des Schiffstyp ist doch arg unauffällig und wird nirgends erklärt.
Die Verteidigung findet entsprechend auch nur auf See statt, man kann im Bereich seines Hafens Verteidigungskanonen bauen und die haben es in sich, schon eine einzigen kann mehrere Schiffe zerstören bevor sie selbst in die Knie geht – will man eine Insel gewaltsam an sich reißen muss man schon eine große Flotte aufbauen.
Und das wars eigentlich auch schon. Die Schiffe haben alle auch Frachtplätze, was vor allem für Expeditionen hilfreich ist und Slots für Items welche das Schiff verbessern. Die kann man von anderen, zerstörten Schiffen erbeuten, bei Händlern) kaufen oder über Nebenaufgaben bekommen. Eine wirklich große Flotte hatte ich aber nie, da ich nur mit größtenteils friedlichen KIs gespielt habe gab es keinen Grund dazu.
Handel & KIs
Öl-Bohrtürme brauchen keine direkte Straßenanbindung, da kann man auch die Weizenfelder drum herum bauen
Auf keiner Karte ist man wirklich allein, selbst wenn man im Endlosspiel alle KI-Kontrahenten abschaltet sind ein paar neutrale Händler immer vor Ort. Sie bieten allerhand Waren und Schiffe feil, teilweise habe ich sie genutzt um meine Produktion nicht hochskalieren zu müssen, gerade zum Ende hin wenn man durch die Investoren mehr Geld hat als man überhaupt ausgeben kann. Ihr Vorräte sind zwar begrenzt, aber füllen sich kontinuierlich wieder auf, was sie verkaufen hängt soweit ich das sehe von der eignen Bevölkerungsstufe, bei KI Kontrahenten von dem, was die entsprechende Insel produziert. Das selbe kann man an Inseln von KI-Kontrahenten machen, sofern man mit ihnen ein Handelsabkommen hat. Man kann auch Anteile an ihren Inseln kaufen (und die KI an den eigenen), was zuerst nur einen Gewinnbeteiligung heißt, man kann sie aber auch komplett übernehmen. Aber nicht auf einen Schlag, zwischen dem Kauf der fünf Anteile muss man einige Zeit warten.
Handelsrouten einrichten ist durch die übersichtliche Karte sehr einfach, sie zeigt eine stark stilisierte Version der Welt an. Wichtige Punkte wie Häfen werden hervorgehoben und man kann Wegpunkte setzten, praktisch um ein Piratennest zum umschiffen. Statt eigener Schiffe kann man auch Charter-Routen verwenden, welche Geld (und später Einfluss) kosten und nicht so effizient sind, aber gerade zu Anfang recht praktisch sein können, wenn die eigene Flotte noch überschaubar ist oder es an Ressourcen dafür mangelt. Die Auswahl der Schiffe beschränkt sich aber auf eine einfache Liste, da ich mir nicht die Namen aller Schoner gemerkt habe kam ich schnell durcheinander, was auch dazu führte dass die Routen nicht effizient liefen, weil z.b. ein Slot in einem Schiff mit Waren aus einer anderen Route oder manueller Fahrt belegt war. In der Routenplanung sieht man das nicht, maximal wird dort nach einer Weile eine Warnmeldung angezeigt, worum es geht sieht man aber erst wenn man sich die Schiffe im Detail anschaut, was doch arg umständlich ist. Im normalen Nachrichtensystem habe ich keine Meldung über Probleme bei Handelsrouten gesehen.
Da ich Aufbaustrategiespiele nur auf einem sehr leichten Schwierigkeitsgrad spielen hab ich im Spiel auch solche Charaktere eingestellt, meine Erfahrungen beziehen sich also nur auf sie. Mit Bente Jorgensen und Prinzessin Qing ist Diplomatie fast schon trivial, greift man sie nicht an verbünden sie sich mit einem von alleine und fangen auch keinen Krieg an. Andere Charaktere sind da anders eingestellt. In der Kampagne gibt es auch die beiden Piraten-Fraktionen, man kann sich zwar mit ihnen verbünden, dass ist aber äußerst schwierig. Ansonsten hat jeder Charakter seine eigenen Vorlieben, Bente mag es z.b. nicht wenn man Propaganda einsetzt, im Gegensatz zu ihr ist Beryl O’Mara davon durchaus angetan. Piratin Anne Harlow freut sich über jedes abgeschossene, gegnerische Schiff, versenkt man aber eines der ihrigen findet sie das nicht so gut. Alles spiegelt sich in einem Punktewert wieder, der mit jeder Aktion sinkt oder steigt – ab gewissen Werten sind Bündnisse und Handelsverträge möglich.
Attraktivität und Monumente
Ein Museum ist ein modulares Monument, welches die Attraktivität der Stadt deutlich erhöht sofern man genug Ausstellungsstücke hat
Attraktivität ist ein neuer Faktor im Spiel und gilt für jede Inseln einzeln. Dabei geht es nicht nur darum dass die Wohngegend schön ist (was die Zufriedenheit der Bevölkerung steigert und sie nicht so schnell streiken), sondern vor allem um Touristen.
Eine attraktive Insel lockt am Besucherkai Touristen an, die vor allem sehr viel Geld liegen lassen, sofern man ihnen etwas zu bieten hat. Zu Beginn ist es vor allem die Landschaft, unberührte Natur hat schon seinen Wert. Je mehr man die Insel zu baut desto mehr sinkt dieser Wert natürlich, dazu hat auch die Art der Gebäude Einfluss: Verzierungen erhöhen der Wert, aber nur in sehr geringem Maße. Unorte (Im Spiel Beschrieben als Gebäude die Lärm oder Gestank verursachen) wie Schweinefarmen senken den Wert deutlich und hat man Schwerindustrie wie Stahlfabriken und Eisengießereien auf der Insel wird es schon schwer noch einen hohen Wert zu erreichen. Der Wert gilt immer für die komplette Insel, es bringt also nichts die Gebäude weit weg von den Wohnhäusern oder den Touristenattraktionen zu bauen. Attraktive Inseln ziehen auch spezielle Charaktere an, die man für Verbesserungen in Rathäusern, Handelskammern oder Schiffe einsetzten kann, wobei sie sich genauso wie Items mit entsprechenden Boni verhalten.
Zeitweilig können auch Festivitäten die Attraktivität einer Insel erhöhen, ich habe aber nicht herausgefunden wodurch sie ausgelöst werden: eine besonders zufriedene Bevölkerung, ein Überschuss an bestimmten Waren oder nur der Zufall? Keine Ahnung, sie sind einfach da und ich nehme ihre Vorteile, vor allem die deutlich gesteigerte Attraktivität der Insel, wenn auch nur temporär.
Ein wichtiger Teil der Attraktivität sind die Monumente, zumindest was ich im weitesten Sinne dazu zählen: der Zoo, das Museum und schließlich die Weltausstellung.
Der Zoo und das Museum sind modulare Gebäude, für die man entsprechende Tierarten oder Ausstellungsstücke finden muss damit sie wirken. Die Erweiterungen brauchen irgendwann sehr viel Platz und Einfluss, der Standort an sich ist aber ansonsten egal, er muss nicht direkt am Besucherkai sein – zumindest konnte ich keinen Unterschied erkennen. Die Tierarten und Ausstellungsstücke findet man vor allem auf Expeditionen, man kann sie aber auch beim KI-Händler Madame Kahina kaufen, zwar recht teuer, aber sofern man genug Investoren hat sollte eher die Ladekapazität des Schiffes der begrenzende Faktor sein.
Die Weltausstellung scheint das einzige Monument in klassischen Sinne zu sein, ein großes, mehrstufig zu bauendes Gebäude was einiges an Ressourcen und Arbeitskraft verschlingt. Um genügend Arbeiter zu haben habe ich zeitweilig die Produktion weniger wichtiger Güter angehalten, alle nochmal anzusiedeln war mir zu aufwändig, zumal man sie nur in der entsprechenden Bauphase braucht. Am Ende steht dann ein monumentales Gebäude, dass nicht nur schick aussieht, man kann darin auch die eine Ausstellungen abhalten. Dafür muss man bis zu mindestens 5.000 Investoren ansiedeln (die Zahl scheint mir unrealistisch, ist aber dem Umstand geschuldet dass mit jeder Bevölkerungsstufe mehr Bewohner in ein Haus passen) und einiges an Material herschaffen, teilweise Rohstoffe aus der neuen Welt, die ich ansonsten eigentlich nicht verschiffe würden, dazu hat man für das ganze nur begrenzt Zeit. Ab 7.5000 und 10.000 Investoren kann man noch größere Ausstellungen abhalten, die auch wieder mehr Ressourcen beanspruchen. Man braucht nicht zwingend alles, aber je mehr man die Anforderungen erfüllt desto besser wird die Ausstellung, ergo: die Attraktivität der Insel wird zeitweilig stärker gesteigert und man nimmt mehr Geld ein.
Nebenaufgaben: Expeditionen, Einfluss und Wimmelbilder
Wie bereits in den Vorgängern wird man in Anno 1800 mit optionalen Nebenaufgaben geradezu zugeschüttet, neben dem reinen Aufbauen kann man sehr viel tun um z.b. sein Konto aufzufüllen.
Zuerst natürlich die Nebenaufgaben, die einem von KI Mitspieler herangetragen werden. Als Beispiele muss man ihnen eine bestimmte Ware liefern, eines ihrer Schiffe über die Karte eskortieren oder ein anderes Schiff zerstören. Alle Aufgaben sind optional und soweit ich das sehe gibt es auch keine Mali wenn man eine ablehnt die direkt angeboten wird, andere kann man über den Leuchtturm an ihrem primären Hafen starten oder im Diplomatiemenü eine Aufgabe anfordern. Da ich in meinem Endlosspiel friedlich gespielt habe, hatte ich so gut wie keine Kriegsschiffe, Angriffsmissionen hätte ich da schlicht nicht machen können. Wenn ein aggressiver Mitspieler fehlt erscheinen feindliche Schiffe für diese Aufgaben.
Auch die Einwohner der Städte bieten hin und wieder Aufgaben an, darunter die gefürchteten Wimmelbildspiele, in denen man bestimmte Einwohner finden muss. Man bekommt aber eine grobe Beschreibung wo man suchen muss (z.b. an einem Gasthaus) und kann bei einigen sogar direkt zum passenden springen, was die Sache deutlich einfacher macht. Bei anderen werden die Punkte auf der Minimap hervorgehoben, z.b. wenn man ein paar wilde Tiere einfangen muss. Leider sind ein paar der Missionen noch verbugged, z.b. konnte ich in einer Fotografie-Aufgabe kein Bild des Gebäudes machen (ich denke es war das richtige, weil ein Museum gefragt hat und der Spieler nur eines hatte). Ein anderes mal wurden mir jede Menge Marker auf der Minimap angezeigt für eine Aufgabe die ich erst viel später bekommen habe. Keine Beinbruch, aber doch nervig bis irritierend.
Eine besondere Form der Nebenaufgaben sind die Expeditionen. Hat man die dritte Bevölkerungsstufe erreicht kann man ein Schiff mit Waren beladen und auf eine Expedition schicken, die erste ist immer besonders da man durch sie eine Kolonie in der neuen Welt gründet. Mit anderen kann man Tiere für den Zoo, Ausstellungsstücke für das Museum oder hilfreiche Waren und Items finden. An sich ist es einfach, man bekommt eine Expedition angeboten, bestimmt ein Schiff und belädt es mit Waren, die evtl. hilfreich sein werden, was auf der Fahrt wahrscheinlich benötigt wird bekommt man angezeigt. Besonders wichtig sind Rationen, gehen sie aus scheitert die Mission und alles ist verloren, inklusive des Schiffs. Zwischendurch bekommt man im Stil eines einfachen Chose-Your-Own-Adventure-Spiels Texte vorgesetzt und kann per Multiple-Choice auswählen wie es weiter geht. Hier können bestimmte Items helfen, z.b. mit Bier die Redekunst steigern und so den Häuptling eines Eingeborenen-Stamms überzeugen. Mir wurde das Lesen aber irgendwann lästig, ich habe nur noch auf die Optionen geschaut und die mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit gewählt. Garantien gibt es sowieso selten, vieles ist vom Zufall abhängig, zumindest konnte ich bei vielen keine Systematik erkennen.
Da ich es nicht wirklich woanders unterbringen konnte schreibe ich eben hier über eine weitere, neue Ressource: Einfluss. Den gewinnt man wenn man z.b. bestimmte Meilensteine mit einer Stadt erreicht. Ausgeben kann man ihn für weitere Rathäuser und Handelskammern, für sog. Charter-Routen oder um die Zeitung mit Propaganda statt echten Nachrichten zu füllen. Zu Anfang hat man noch recht wenig, und bei Gebäuden sind die ersten kostenlos, später braucht man davon recht viel. Ich habe aber häufig gar nicht darauf geachtet wieviel ich habe und wofür ich ihn eigentlich brauche, es steht zwar bei z.b. Baukosten dabei, aber da hab ich oft nicht drauf geachtet. Da ich meistens mehr als genug davon hatte spielte es auch nur selten eine Rolle. Setzt man genug ein kann man zusätzliche Boni freischalten, z.b. werden Schiffe schneller oder Propaganda in der Zeitung effektiver.
Apropos Zeitung: die ist auch neu, in regelmäßigen Abständen gibt es dann drei Artikel mit Geschehnissen aus der Welt, z.b. wenn eine Ware knapp ist oder es ein anderes Ereignis gab wie z.b. das eine Expedition schief ging. Aber auch gute, z.b. wenn die Zufriedenheit der Bürger besonders hoch ist oder man eine Weltausstellung abgehalten hat. Die Artikel können positive oder negative Einflüsse auf die Bevölkerung haben. Will man die nicht haben kann man jeden Artikel auch mit Propaganda überschreiben, was zwar auch positive Aspekte hat, aber die generelle Zufriedenheit der Bürger senkt. Und sie kostet sehr viel Einfluss, zumindest wenn man es regelmäßig macht.
Kampagne
Machen wir uns nichts vor: die Kampagne war noch nie der wichtigste Teil eines Anno-Spiels, in Anno 1404 war es eigentlich nur ein aufgeblasenes Tutorial. Das heißt aber nicht dass nicht gut sein kann, klar war vieles davon ausgelegt die Mechaniken des Spiels zu erklären, aber mit seinen abwechslungsreichen Missionen in denen man sogar ein Monument baut lernt man wie das Spiel funktioniert, ohne dass man mit allen Herausforderung eines Endlosspiels konfrontiert wird da man selbst keine so große Stadt aufbaut.
Anno 1800 kann da nicht anschließen. Das liegt schon daran dass die Kampagne keine unterschiedlichen Missionen kennt, es wirkt stark wie ein Endlosspiel über das ein Tutorial mit etwas Story gestülpt wurde. Man kann sogar recht viel individuell einstellen wie sie aussehen soll, das Menü ist exakt das selbe wie beim Endlosspiel, nur sind ein paar der Optionen gesperrt, z.b. bekommt man immer die selbe Inselkarte vorgesetzt, zumindest habe ich es trotz mehrere Versuche nicht geschafft eine andere zu bekommen. Das alles ist zwar nicht schön, aber wäre verkraftbar wenn das Tutorial vollständig wäre, ist es aber nicht. Aber der Reihe nach.
Man spielt den ungenannten und unsichtbare Geschwisterteil von Hannah Goode. Nach Jahren in Südamerika soll man zurückkehren, da der Vater gestorben ist und der böse Onkel versucht seine Stadt an sich zu reißen. Dann kommt auch noch die Sekte der Pyrphorier ins Spiel und, ach lassen wir das. Die Geschichte ist wirklich nicht der Rede wert und unterbietet sogar die vor Klischees nur so triefende aus Anno 1404 locker was ihre Belanglosigkeit angeht. Im Endeffekt gibt sie nur einen groben Rahmen um die wichtigsten Konzepte des Spiels zu erklären. Die Kapitel decken sich weitestgehend mit den erreichten Meilensteinen beim Ausbau der eigenen Siedlung. Zu diesem Zeitpunkt hat man aber bei weitem noch nicht alles gesehen, eine der letzten Aufgaben ist es ein Gerichtsgebäude zu bauen, eine Art Minimonument dass es nur in der Kampagne gibt und für das man gerade einmal die dritte Bevölkerungsstufe erreicht haben muss. Man kann danach zwar weiter spielen, aber dann wird es einfach zu einem normalen Endlosspiel.
Entsprechend hat mich die Kampagne doch etwas enttäuscht. Dass es nur ein aufgebohrtes Tutorial wird hatte ich erwartet, aber dass es wichtige Spielmechaniken, speziell im späteren Spiel, komplett auslässt geht mal gar nicht. Auch dass alles nur auf einer Karte spielt und im Endeffekt nur ein Endlosspiel mit darüber gestülpter Story ist gibt bei mir Abzüge, zumal Kampagnen in den älteren Spielen das schon besser gemacht hatten.
Endlosspiel
Die Weltausstellung ist nicht nur ein Bauwerk, sondern kann auch eine entsprechende Veranstaltung abhalten
Da die Kampagne eigentlich ein spezielles Endlosspiel ist fällt der Unterschied nicht mehr so groß aus – im Endeffekt sind hier alle Optionen freigeschaltet.
Man kann die Verteilung der Inseln wählen, ob man direkt mit Kontor oder einem Schiff startet oder ob die ganze Karte bereits aufgedeckt ist. Dazu Parameter wie Inselgröße und Anzahl der Ressourcen und Fruchtbarkeit, über eine Anzeigen kann man einschätzen wie schwer das Spiel dadurch wird. Zuletzt kann man noch Ziele setzten, wobei es dann kein Endlosspiel im eigentlichen Sinne mehr ist – das wird es erst wenn man keine setzt, was auch möglich ist. Die Einstellungen kann man abspeichern, allerdings ist das Laden arg umständlich da man den vollständigen Dateinamen mit Dateiendung kennen muss, einen "Datei Öffnen" Dialog gibt es nicht.
Fazit
Nach der Beta war ich von Anno 1800 durchaus angefixt, leider hat sich der Eindruck nicht ganz gehalten – was wohl auch daran liegt dass man da nur bis zur dritten Bevölkerungsstufe gekommen ist und meine Probleme größtenteils erst danach anfingen.
Bis zur dritten Bevölkerungsstufe spielt es sich wie ein klassisches Anno, dann wird es aber auf Links gezogen: die Bedürfnisse der Ingenieure zu erfüllen ist nicht nur aufwändig, sondern auch teuer, es braucht stabile Handelsroute damit überhaupt genug Geld reinkommt. Hat man die ersten Investoren dreht es sich aber wieder, sie werfen so viel Geld ab dass ich mir gar nicht die Mühe gemacht habe die Luxusbedürfnisse zu erfüllen, es war zumindest auf kurze Sicht nicht notwendig.
Ein größeres Ärgernis war für mich alles was mit Schiffen zu tun hatte, ihre KI ist arg durchwachsen und ich nach einigen Versuchen stabile Handelsroute etablieren, speziell von der neuen in die alte Welt. Sachen wie die Haltung der Schiffe werden im Spiel nie erklärt, ohne Kommentarspalten würde ich es bis heute nicht wissen. Und das ist auch das für mich größte Problem: es scheint mir ein Spiel für Anno-Profis zu sein, die Komplexität ist deutlich gestiegen und für mich an der Grenze wo es mir noch Spaß macht – statt gemütlichem Aufbauen war gerade später purer Stress angesagt, dazu musst ich vieles auf die harte Tour lernen, was mir in so einem Spiel nicht wirklich gefällt. Das soll nicht heißen dass es ein schlechtes Spiel ist, im Gegenteil: grafisch setzt es im Genre Maßstäbe, dass es nicht mehr so malerisch aussieht dürfte eher am Setting liegen. Auch ansonsten halte ich für es für ein absolut gelungenes Spiel, sonst hätte ich nicht fast 50 Stunde reingesteckt (für die Annoholiker: für meine Verhältnisse ist das sehr viel Zeit für ein einziges Spiel). Aber die kleinen Fehler und Ärgernisse verhindern dass es zu meinem neuen Favoriten der Serie wird, der bleibt weiterhin Anno 1404.