Er kann es nicht lassen: Design-Legende John Romero macht nicht nur weiter Spiele, sondern baut auch noch Level für sein bekanntestes Werk, Doom. Nach Remixes für E1M4 und E1M8 hat er eine komplett neue Episode namens Sigil gezimmert, unter Verwendung moderner Source Ports. Ich habe mir angesehen wie sich die Kreation des Altmeisters heute schlägt.
Inhalt
Hintergrund
John Romero hat ja schon so einiges gemacht: nach seine früher (und größten) Erfolgen bei id Software und der eher unrühmlichen Zeit bei Ion Storm (Nachzulesen im exzellenten Buch The Masters of Doom* von David Kushner), hat er in vielen kleineren und größeren Firmen Spiele entwickelt, egal ob Triple-A, Mobile oder Social Game im Browser. Heute hat er seine eigene Spieleschmide Romero Games, nebenher hat er 2016 zwei Remixe klassischer Doom Levels veröffentlicht, namentlich für E1M4 (Command Control / Phobos Mission Control) und E1M8 (Phobos Anomaly / Tech Gone Bad). Diese stark erweiterten Versionen behielten zwar Teile des Original-Layouts bei und boten vor allem viel mehr Details, was die damalige Doom-Engine bestimmt überfordert hätte. Und wenn nicht dann die 386er, für die das Spiel konzipiert war.
Davon Blut geleckt machte er sich daran eine komplette neue Episode zu bauen, heraus kam schließlich Sigil mit seinen insgesamt 9 Level (8 normale und ein verstecktes). Es ist eine Art inoffizielle fünfte Episode für Doom und spielt nach dessen vierter Episode und vor dem zweiten Teil, entsprechend braucht man fürs spielen auch die WAD-Datei des Originals, mit der WAD von Doom 2 bekam ich einige Grafikfehler wie komplett schwarze Texturen. Neue Waffen oder Monster gibt es nicht, in den Levels tummeln sich aber viele Bekannte. Je nach Schwierigkeitsgrad auch sehr viele.
Grafik, Sound und Technik
Grafisch darf man nicht zu viel erwarten, immerhin handelt es sich nur im eine Megawad (Doom spezifischer Begriff für ein Archiv das mehrere Karten zu einer Episode zusammenfasst) zu Doom. Von 1993. Als Mouselook noch weitestgehend unbekannt war und man nur nach links und recht schauen konnte, weil man ansonsten bemerkt hätte dass in den 2,5D-Level der Raycasting Engine die Höhe komplett gefaked ist. Ich hab keine neuen Texturen oder ähnliches entdeckt, alles basiert auf der Technik und den Assets von Doom.
Auf die Ohren gibt es aber zumindest teilweise neues: die Soundeffekte sind zwar gleich und ich habe keinen neuen entdeckt, für die Musik konnte Buckethead gewonnen werden um für jedes Level ein neues Stück zu schreiben, was dann in das Doom-eigene Midiformat zu übertragen wurde. Und die können sich wirklich hören lassen, sie passen gut in den Stil der alten Stücke, die sich auch stark an damaligen Heavy-Metal-Liedern orientierten.
Gameplay und Leveldesign
Die Levels sind extrem detailliert und wahrscheinlich deutlich zu komplex für die alte Doom-Engine, entsprechend braucht man einen modernen Source Port wie gzdoom, bei dem die eingebauten Limitierungen der alten Doom Engine aufgehoben wurden. Ich bevorzuge ja eigentlich crispy doom, damit habe ich die WAD aber nicht zum laufen gebracht.
Es gibt viele Schalter welche die Levelgeometrie verändern, teilweise ändert sich das komplette Layout der Räume. Wenn man bedenkt dass in der Engine keine Ebenen übereinander liegen dürfen muss das Design sehr durchdacht sein, ich finde solche komplexen Layouts damit überhaupt realisieren zu können schon höchst beeindruckend. Viele Abschnitte führen über sehr schmale Stege über Lava, Always-Run hat sich da als eher hinderlich herausgestellt. Immerhin kann man einen oft einen Schutzanzug finden, wenn auch nicht immer direkt im Sichtfeld sondern etwas versteckt. Allgemein gibt es selten viel Platz, ist es kein Abgrund steht eine Wand ungeschickt. Im Kampf wird es besonders eng, weil die Gegner keine Rücksicht darauf nehmen und großkalibrige Waffen wie der Raketenwerfern eigentlich besser funktionieren wenn viel Platz da ist. Gerade Projektile wie Energiebälle sind dann sehr gefährlich da man wenig Platz zum ausweichen hat, kommt noch Pech beim auswürfeln des Schadens dazu kann das Spiel schnell enden, zum Glück speichert gzdoom beim Betreten einer neuen Karte automatisch. Beim Durchspielen der Level stellte sich bei mir ein Gefühl ein was nur Levels diesen Kalibers schaffen: ich dachte ich hätte ein Secret gefunden, aber nein, dass war nur der vorgesehene Weg.
Die Episode ist nichts für Einsteiger, auch auf den niedrigen Schwierigkeitsgraden sind die Karten sehr schwer. Gerade das dritte Level geizt mit Healthpacks, aber nicht mit starken Gegnern. Später wird es gefühlt besser, zum einen weil das Arsenal an Schießprügel stetig wächst, aber ich hatten auch den Eindruck dass es mehr Healthpacks gibt. Warum gerade eines der frühen Levels so erbarmungslos ist kann ich mir nicht erklären. Ob es besser geht wenn man mehr Secrets wie ich findet kann ich nicht sagen, ich war darin noch nie besonders gut und hab pro Mission nur maximal die Hälfte gefunden, was für mich ziemlich normal ist. Immerhin ist das Spiel nicht so bestrafend wie Doom 2, wo gefühlt nach dem aufsammeln jedes großen Items direkt viele Gegner erscheinen, ist man darauf nicht vorbereitet (sprich: man weiß schon vorher dass es passiert) steht man nach dem Kampf oft schlechter da als davor.
Allerdings ist nicht alles Gold was glänzt, gerade das vierte Level hat mich arg genervt: hier bewegen sich viele Deckenteile rauf und runter, man muss im richtigen Timing darunter durch laufen um nicht zerquetscht zu werden. Da Schatten oder anderen Hinweise fehlen und man nicht nach oben und unten schauen kann, fiel es mir oft schwer einzuschätzen ob ich jetzt sicher stehe oder nicht, gerade wenn es ansonsten sowieso eng zugeht und auch noch Gegner zugange sind. Zudem sind einige der Level sehr dunkel, was mich ein wenig an Doom 64 erinnert, wenn auch nicht ganz so schlimm.
Die Gegner sind zwar nicht so zahlreich wie später in Doom 2, dafür wird man schon sehr früh mit dicken Brocken wie den Barons of Hell konfrontiert, die in Doom noch Bossgegner der ersten Episode waren. Auch Cacodemos gibt es zu Hauf, die "normalen" Former Humans und Imps dafür gefühlt in nicht allzu großer Zahl. Wie im Original nerven mich die Lost Souls, nicht nur mit ihrem hässlichen Sound, sondern auch weil sie so schnell sind. Da sie fliegen werden sie von den schmalen Stegen nicht aufgehalten und haben oft deutlich mehr Bewegungsfreiheit als man selbst. Der Einsatz großkalibriger Waffen ist in den meist recht engen Gängen zumindest risikoreich, mit der einfachen Shotgun dauert es aber lange die Gegner auszuschalten, da die Megawad nicht auf Doom 2 basiert gibt es die Doppelläufige Schrotflinte noch nicht.
Um die Episode beenden zu können muss man eine spezielle Strafe-Technik beherrschen (die Vorwärts- und eine Strafetaste gleichzeitig drücken und leicht schräg laufen) um über die teils sehr großen Lücken in der Levelgeometrie zu laufen, springen kann man normalerweise nicht. Das hat mich teilweise schon in den alten Titeln irritiert dass man wie Mario über kleinere Abgründe laufen kann. In Sigil ist es aber essentiell, zudem sind sie teils so groß, dass ich erstmal stutze weil ich nicht dachte dass man da drüber kommt. Mit genügend Schwung und im richtigen Winkeln (ca. 45°) geht es, gerade im letzten Level gibt es aber oft nur sehr wenig Platz dafür.
Fazit
Schon sehr früh wird man mit einem Baron of Hell konfrontiert, aber einigermaßen sicher hinter Gittern
Ich würde sagen: Doom Levels kann John Romero nach wie vor bauen. Die Level sind extrem detailliert und sehr durchdacht konstruiert, gerade dass sich die Geometrie oft ändert ist bei den technischen Limitierungen beeindruckend. Man sollte aber geübt sein, da Sigil recht schwer ist und gerade am Anfang mit Healthpacks geizt. Ich war auf einem dem mittleren Schwierigkeitsgrad ungefähr zwei Stunden gut unterhalten.