Pharao ist ohne Zweifel ein Klassiker unter den Aufbaustrategiespielen, mit dem ich selbst einiges verbinde. Das Setting im antiken Ägypten hat mich direkt angesprochen, weil ich schon lange ein Faible dafür habe. Der Einstieg war auch schon damals leicht, selbst für mich, der Caesar 3 nicht kannte. Ich habe danach auch die weiteren Spiele von Impressions Games gespielt, wobei sich dann Herrscher des Olymp – Zeus als mein Favorit herausstellte. Vor allem, weil der Aufbau einer Stadt komfortabler und angenehmer wurde, weil ein paar nervige Spielmechaniken aus den Vorgängern verbannt wurde.
Als 2020 auf dem GamesCom Ersatz ein Remake von Pharao angekündigt wurde, war ich sehr gespannt: ich vermutet ein 1zu1 Nachbau, allein schon, weil der Quellcode des Originals verloren ging. Den Entwicklern von Triskell Interactive traute ich das zu, weil sie große Fans der Spiele sind und mit Lethis – Path of Progress 2015 ein solches Spiel im Geiste gemacht haben, das ich gar nicht schlecht fand. Aber ich fragte mich auch, ob sie ein paar der Verbesserungen aus den Nachfolgern zumindest optional einbauen. Die Demo im Frühjahr 2022 hatte davon noch nichts, war aber auch auf die ersten paar Missionen, die quasi das Tutorial bilden, beschränkt. Jetzt ist die Vollversion erschienen und ich habe mich direkt reingestürzt.
Inhalt
- Inhalt
- Remake oder Remaster?
- Nur aus der Ferne Perfekt: die Grafik
- Weniger und mehr: Musik und Sounds
- Frischzellenkur: das Interface
- Klassiker mit kleinen Neuerungen: das Gameplay
- Nervig Götter und kaputte Docks: Zustand zum Release
- Fazit
Remake oder Remaster?
Der Nil ist die Lebensader des antiken Ägyptens, das fruchtbare Schwemmland dient vor allem der Nahrungsproduktion
Pharaoh – A New Era ist ein komischer Fall, weil es zwar technisch ein Remake ist, aber sich wie ein Remaster anfühlt. Kurzgefasst: nach meiner Definition wird bei einem Remaster das alte Spiel genommen und neue Assets und kleiner Verbesserungen gemacht, aber im Kern steckt darin immer noch das alte Spiel. Gute Beispiele sind die "Definitive Editions" von Age of Empires 1, 2 und 3 oder StarCraft Remastered.
Bei einem Remake wird ein altes Spiel nachgebaut, gerne mit größeren Änderungen abseits der Grafik und Bedienung. A New Era ist zwar komplett neu entwickelt, aber die Entwickler haben das alte Spiel so akkurat nachgebaut wie möglich. Der Grund ist einfach: der Quellcode des Originals existiert nicht mehr, er ging wahrscheinlich mit Impressions Games selbst verloren. Ein Remaster ist so gar nicht oder nur mit extremem Aufwand möglich. Und größere Neuerungen wollten sie dem puristischen Teil der Community wohl nicht zutrauen.
Technische Basis ist die Unity-3D-Engine. Die wäre theoretisch Plattform-unabhängig, trotzdem gibt es aktuell nur Versionen für Windows. Immerhin nicht nur auf Quasi-Monopolist Steam, sondern auch auf GOG erhältlich, mein bevorzugter Shop für digitale Spiele, weil ohne DRM.
Nur aus der Ferne Perfekt: die Grafik
Da vom Original nichts verwertbares existiert, musste die Entwickler alle Grafiken neu zeichnen. Dabei haben sie die alten Pixelgrafiken extrahiert, auf die passenden Auflösung hochskaliert und dann neue, hochaufgelöste Grafiken darüber gezeichnet, damit die Größenverhältnisse passen. Teilweise haben sie den Prozess in Streams dokumentiert, ein Beispiel zum nachschauen ist die Sphinx in dieser Playlist auf YouTube.
Beim Stil bin ich etwas gespalten: wie bereits bei Lethis – Path of Progress ist alles in einem Comic-Stil gehalten, wenn auch hier nicht so stark wie in ihrem eigenen Universum. Gerade die Gebäude sehen denen aus dem Original zum Verwechseln ähnlich, nur eben detaillierter. Ein wenig so, wie in der Definitive Edition zu Age of Empires 2. Nur dass bei mir erst gar nicht der Verdacht aufkam, dass es noch die alten Grafiken sind, weil der Unterschied doch sehr deutlich ist.
Die Figuren haben dagegen einen deutlichen comictouch erhalten. Da bin ich nicht so begeistert von, allein schon, weil sie sich nicht mehr so organisch in das Gesamtbild einfügen, sondern mit ihrem Stil deutlich gegenüber den Gebäuden und der restlichen Umgebung herausstechen. Ich finde den Stil nicht komplett unpassend, hätte aber einen realistischeren, etwas näher am Original besser gefunden. Allerdings konnte ich mich schnell daran gewöhnen, speziell weit heraus gezoomed werden die Figuren so klein, dass ich von ihnen nur noch Silhouetten wahrnehme.
Die restliche Umgebung wurde auch sehr akkurat nachgezeichnet, ich kann sofort alles erkennen. Allerdings fehlt mir auch etwas die Abwechslung in der Umgebung. Eine Wüste bietet davon von Haus aus eher weniger, aber hier finde ich schon, dass sich Texturen zu oft wiederholen. Das fällt vor allem auf, wenn ich etwas heranzoome, eine gute Neuerung. Nah erkenne ich viele Details, allerdings wirken gerade die Gebäude etwas unscharf. Aber das mache ich selten, meist spiele ich maximal heraus gezoomed, da kann ich viele der Kleinigkeiten nicht mehr erkennen.
Eine für mich große Änderung gegenüber dem Original: man kann die Ansicht nicht mehr drehen. In den Impressions-Spielen seit mindestens Caesar 3 ging das, was unverzichtbar war, um kleine Lücken in dicht gepackten Städten zu finden. Allerdings haben die Entwickler eine Alternative eingebaut: den Flat-Modus. In diesem werden alle Gebäude nur als flache Piktogramme dargestellt, Lücken lassen sich so sehr schnell finden. Da wohl durch Limitierunge im Speicherplatz die Gebäude sowieso immer nur die selbe Grafik gezeigt haben, egal von welcher Richtung man die Welt sieht, ist es auch kein Beinbruch. Und mal ehrlich: nachdem ich den Flat-Modus entdeckt hatte, war Drehen für mich kein Thema mehr.
Weniger und mehr: Musik und Sounds
An der Audiofront bin ich gemischt zurückgeblieben. Fangen wir mit dem Guten an: der Musik.
Dafür haben die Entwickler keine Kosten und Mühen gescheut. Der Soundtrack wurde komplett neu eingespielt, mit echten Instrumenten, die den historischen Vorbildern so nahe kommen wie möglich. Ihr Vorgehen haben die Entwickler in einem Video auf YouTube geschildert. Ich mag den Stil, klar klingt es etwas anderes, vor allem nicht so perfekt wie die alten Lieder, die aus computer-generierten Sounds bestehen. Dafür haben die neuen Versionen ihren ganz eigenen Charme bekommen, den ich sehr schätze.
Nichts geändert hat sich an der Sprachausgabe, die ist identisch zum Original. Und damit meine ich wirklich identisch: Aussprüche von Einwohnern und die Missionsbriefings am Anfang verwenden die exakt gleichen Audiodateien wie das Original. Was mich schon etwas freut, weil die deutsche Version heute zum Laufen zu bringen schwierig ist. Wobei ich mich mittlerweile an die englischen Sprecher gewöhnt habe, gibt mir die deutsche Version den größeren Nostalgie-Flash.
Das Interface wurde neugestaltet, die Bewohner werden hier in klassischer, ägyptischer Seitenansicht dargestellt
Wo das Spiel merklich abgebaut hat, sind die Ambient-Sounds: Hört man im Original selbst mit Musik noch den Wind über die Dünen wehen oder Geräusche von Tieren auf der Karten, ist es im Remake fast still. Mit Musik nehme ich so gut wie gar keine wahr, aber dann fällt das Fehlen nicht so stark auf. Ob das beabsichtigt ist oder ein Bug kann ich nicht sagen, aber dadurch wirkt die Welt und die Stadt weniger lebendig. Da muss aus meiner Sicht nachgebessert werden, zumindest auf das alte Niveau.
Frischzellenkur: das Interface
Auch aus Berufsgründen bin ich mittlerweile sehr empfindlich, was schlechte Interfaces angeht. Es soll mich beim Erfüllen meiner Aufgabe unterstützen, wenn ich aber den Eindruck habe, ich kämpfe mehr mit der UI als meiner eigentlichen Aufgabe, ist etwas schief gegangen. Da muss man auch keine Pionierarbeit mehr leisten, in den letzten 40 Jahre haben sich für Plattformen, Eingabegeräte und Genres Standards etabliert, wenn man ihnen folgt, hat man zumindest eine gute Basis. Das Interface des Original Pharaoh ist aus meiner Sicht auch gar nicht so schlecht gealtert, aber wurde für die damals gängigen Auflösungen bis 1024×768 entwickelt und wirkt heute entsprechend kleinteilig. Auf einem sehr großen Monitor mit Pharaoh Resizer Patch werden die Elemente und Schriften sehr klein. Und die fixe Leiste an der Seite nutzt heute auch niemand mehr. Allein deshalb haben die Entwickler das Interface wohl komplett neugestaltet.
Die Weltkarte zeigt weitere Städte in Ägypten und Umgebung für Handel und weniger friedliche Aktivitäten
Dabei haben sie die Funktionen zweigeteilt: alles zum Bauen ist rechts angeordnet, das Menü klappt aus und verdeckt dadurch nicht konstant einen Teil des Bildschirms. Das Menü ist deutlich besser strukturiert, das alte war noch deutlich ein Erbe von Caesar 3, was wirklich nicht durchdacht war. Die oft genutzten Straßensperren nicht separat neben Straßen unterzubringen, sondern im Menü für die weniger genutzten Administrativen Gebäude habe ich nie verstanden. Und auch alles andere wirkte etwas willkürlich zusammengewürfelt und unnötig unterstrukturiert. Jetzt ist das deutlich einfacher, es gibt zwar Unter-Ebenen, aber die werden auf Wunsch (und Standardwert) direkt angezeigt, das undurchsichtige Navigieren gehört der Vergangenheit an. Ebenso die Texte, alles wird durch Icons symbolisiert. An ein paar musste ich mich gewöhnen (der für das Architekturbüro sieht für mich immer noch mehr nach deaktiviertem Button aus) und an die Doppelung des Arbeiterlagers bei Nahrungsproduktion und Monumenten musste ich mich auch erst gewöhnen – zumal mit unterschiedlichen Icons, weshalb ich sie zuerst übersah.
Links ist alles andere, also z.b. das Aufrufen der Aufseher-Menüs oder der Overlays, um den Status von Betrieben und Probleme anzuzeigen. Gerade letzteres Menü ist sehr stark unterteil, was es wirklich lästig macht, oft genutzte einzuschalten. Für die Aufseher sind standardmäßig die oberste Zeile an Tasten auf der Tastatur reserviert, die wichtigsten habe ich mir mittlerweile eingeprägt.
Tastenbelegung ist ein gutes Stichwort, einige Hotkeys lassen sich nun frei belegen. Neu ist u.a. Scrollen per WASD (mittlerweile weit verbreitet, auch wegen Konsolen-Versionen), aber auch die Tasten für Aufseher und Darstellungsmodi lassen sich konfigurieren. Warum für die Overlays keine Standardmäßig vergeben sind, ist mir schleiferhaft, da ich sie oft nutze. Was mich aber bisher stört: ein erneuter Druck der Taste schließt sie nicht, die Aufseher-Menüs muss ich separat schließen und Overlays explizit ausschalten. Das soll aber mit einem der nächsten Updates funktionieren.
Klassiker mit kleinen Neuerungen: das Gameplay
Obwohl ein Remake spielt sich Pharaoh – A New Era fast identisch wie das Original (Erklärung weiter oben): Zuerst weise ich auf der leeren Plätze für Wohnhäuser aus, die von Bewohnern automatisch bezogen werden. Als nächstes muss eine Infrastruktur um sie zu versorgen her, sind ihre aktuellen Bedürfnisse gedeckt, bauen die Bürger ihre Häuser selbstständig aus. Jede Stufe kann mehr Bewohner beherbergen, die wiederrum ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Zuerst reicht noch Wasser, einfache Nahrung und Zugang zu einer Gottheit, wollen sie später Leinen, Papyrus und Bier. Im Gegensatz zu den Nachfolgern ist der Ausbau zum Luxusanwesend fließend, werden ihnen Luxuswaren angeliefert und ist genug Platz für die 3×3 Felder großen Anwesen (Gärten werden wie im Original unter Umständen "geschluckt"), entwickeln sie sich automatisch dazu weiter. Allerdings arbeitet die Oberschicht nicht mehr, dafür kann ihnen der Steuereintreiber mehr Geld abluchsen.
Der Schlüssel zu einer gut funktionierenden Stadt ist, die ziellos laufenden Fußgänger, die die Bewohner versorgen, geschickt durch das Straßennetz zu dirigieren. Am einfachsten ist das mit geschlossenen, rechteckigen Blöcken, durch Straßensperren begrenzt. Die halten nur ziellose Fußgänger auf, ein Arbeiter, der Waren von oder zu einem bestimmte Ort bringt, ignoriert sie schlicht. Ein wenig problematisch sind die Bühnen für Künstler, welche keinen komplett geschlossenen Block zulassen, sondern immer eine kleine Sackgasse offen lassen, was wertvolle Laufreichweite verschwendet.
Mit Steuern kann man das Startkapital aufbessern, aber richtig Geld zu verdienen lässt sich durch Handel: Überproduktion kann gewinnbringend an Nachbarn verkauft werden, sofern eine Handelsroute auf der Weltkarte eingerichtet wurde. Im Falle einer Seeroute müssen die Waren zu einem Dock gebracht werden, bei Handel über Land bedienen sich die Händler einfach an einem Lagerhaus, das genug vorhält. Produzierte Waren bringen dabei deutlich mehr ein als Rohmaterial. Deshalb kann es sich lohnen, Rohmaterialen zu importieren und daraus bessere Produkte zu produzieren. Selbst wenn die Stadt eine Ware nicht braucht, kann sie gewinnbringend verkauft werden, sofern man einen Abnehmer hat. Dazu bindet die Produktion Arbeitskräfte, zu hohe Arbeitslosigkeit macht die Bewohner unzufrieden und senkt den Ruf der Stadt, sodass sich weniger Neuankömmlinge in der Stadt niederlassen wollen.
In diesem Industriegebiet werden nicht nur Waren für die Stadt, sondern auch für den Export produziert
A New Era bringt aber gleich zwei Neuerungen, zumindest für Pharaoh, ins Spiel: zum einen den globalen Arbeiter Pool. Bisher war es so, dass die Anwerber, die von jedem Betrieb ausschwärmen, an zwei bewohnten Häusern vorbeikommen mussten, um ihre Arbeitskräfte zu finden. Das konnte auch die letzten Bruchbuden sein, mehr als dass sie bewohnt sein müssen, wurde nicht geprüft. Und das ist auch mein größtes Problem an diesem recht einfachen System: es lässt sich sehr leicht aushebeln. In den Nachfolgern wurde darauf verzichtet, solange ein Gebäude einen Straßenzugang hatte (es musste keine Straßenverbindung zu Wohnhäusern existieren, die Ziele müssen nur allgemein erreichbar sein, auch wenn der Weg über eine Wiese führt), bekam es Arbeitskräfte. Natürlich, solange allgemein genug zur Verfügung standen. Das System kam erstmals in Herrscher des Olymp – Zeus zum Einsatz, wo ich es sehr zu schätzen wusste. Das Remake bietet beide Optionen an, man kann also klassisch oder im neueren und bequemeren Modus spielen, einen Schalter im Optionsmenü umlegen genügt.
Die zweite verhält sich ähnlich: von Caesar 3 hat Pharao eine einfach Altersimulation geerbt: jeder Bürger hat ein Alter, das beim Jahreswechsel um eins erhöht wird. Da nur Einwohner zwischen 20 und 60 Jahre arbeiten, kann es passieren, dass bei sehr langen Partien einem die Arbeitskräfte ausgehen, obwohl die Stadt komplett stabil bleibt – einfach, weil zu viele in Rente gehen. Und bei den Großbau-Projekten kann es durchaus passieren, dass sie mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte dauern. Gut, dann ist meist auch bei der Planung oder Versorgung etwas schief gegangen, aber ohne die im Addon Kleopatra einführte Beschleunigungsfunktion (ich hatte das Original nur in der Gold-Edition und kenne es entsprechend nicht anders) kann das trotzdem sehr lange dauern. Zu lange für das ägyptische Renteneintrittsalter. Da nur wenig Nachwuchs nachkommt, kann das zu einem echten Problem werden. Eine wirkliche Lösung dafür habe ich nicht, außer einen Teil der Wohnhäuser abreißen, warten bis die Obdachlosen von der Karte verschwunden sind und sie neu errichten. Einfacher geht es durch einen Gang ins Optionsmenü: ähnlich wie in den Nachfolger ist einfach ein fester Prozentsatz der Einwohner Arbeiter, hier 40%. Das ändert sich nie und ist deshalb viel einfacher zu kalkulieren und kontrollieren. Die Gesellschaft altert zwar weiter, aber hat sonst keinen weiteren Einfluss.
Beiden Optionen ist gemein: sie sind Optionen. Wer möglichst nach am Original sein will, kann sie ausschalten, was sie auch standardmäßig sind. Wer es etwas angenehmer haben will und evtl. mit den Nachfolgern besser zurecht kommt oder einfach nur lieber mag (so wie ich), kann sie einschalten. Auf Achievements oder ähnliches haben sie meines Wissens nach keinen Einfluss.
Es gibt noch zwei kleinere Neuerungen, aber die sind eher marginal: Wasserheber um Farmen an Land zu versorgen sowie Türme an Verteidigungsmauern brauchten im Original immer Zugang zu einer Straße, damit sie funktionieren. Beides lässt sich nun im Optionsmenü deaktivieren, zuerst etwas missverständlich formuliert. Zumindest für die Türme war das nie eine große Sache, weil ich die recht weit weg von meiner eigentlichen Stadt baute, und dann genug Platz war. Bei den Wasserhebern war das anders, weil sie an einem Fluss gebaut werden müssen, und evlt. Platz im wichtigen Schwemmland wegnehmen. Und die Wasserkanäle brauchen sie auch noch, da war der Anschluss an ein Wegenetz immer etwas kniffliger.
Zum anderen kann ich für Lager (Silos inbegriffen), Basare und Docks standardmäßig festlegen, dass sie nichts annehmen. Ich muss dann zwar immer manuell einschalten, was sie annehmen, aber da ich das so oder so mache und ich so verhindern kann, dass sie mit nutzlosem Kram geflutet werden, bevor reinkommt, für das sie gedacht sind, nehme ich die Funktion gern an. Da es in Pharao im Gegensatz zu den Nachfolgern auch keine Trennung zwischen normalen Wohnhäusern und Luxusanwesen gibt, kann ich so auch verhindern, dass die wertvollen Luxusgüter (oder auch nur Papyrus und Leinen) unnötig verbraucht werden – und wenn sie nur im Basar "lagern" und damit nicht mehr anderweitig genutzt werden können.
Bei einer anderen Neuerung hat man aber keine Wahl: das Kampfsystem. Wie viele andere Aufbaustrategiespiele hatte Pharao das Problem, dass das System nie wirklich viel Spaß machte. Es wirkte immer wie ein Fremdkörper zu dem Aufbau der Stadt. Zufällig erscheinende Gegner, störrische Kontrolle der Kompanien und wenig Nachvollziehbarkeit helfen nicht wirklich. Kein Wunder, dass man sich den Nachfolgern immer Freikaufen konnte. Wobei, wenn man ein System so aushebeln konnte, da war es nie wirklich gut.
Die Entwickler des Remakes haben einen ungewöhnlichen Weg gewählt: sie haben das System komplett über den Haufen geworfen. Man kann und muss nach wie vor Kompanien an Bogenschützen und Schwertkämpfern ausheben. Allerdings kämpfen sie nun nicht mehr auf der Stadtkarten. Stattdessen wurde alles in einen separaten Bildschirm ausgelagert, wo die Schlacht zudem komplett automatisch abläuft, ohne Möglichkeit, einzugreifen. Es gibt eine nette Animation, aber spätestens beim dritten Kampf haben ich sie so schnell wie möglich übersprungen. Da ich sowieso nichts machen kann, sind sie nicht wirklich sinnvoll, und wirklich schön anzusehen auch nicht, sie wirken eher zweckmäßig. Am Ende bekommt man zudem nur eine schnöde Tabelle über Einsatz und Verluste. Werden die Feinde zurückgeschlagen, passiert nichts weiter. Verliert man die Schlacht werden bestimmte Gebäude in der Stadt, wie der Stadtpalast, das eigene Anwesen, Steuereintreiber und ein paar der Lagerhäuser zerstört, sofern man über welche verfügt. Und das wars auch schon.
Ich weiß nicht, wie glücklich ich mit dieser Lösung bin. Ich mochte die Gefechte im Original nicht wirklich, durch die zufälligen Spawn-Punkte der Gegner kombiniert mit den nur langsam ausrückenden Truppen wurde es oft zu einer Speichern/Laden-Orgie. Immerhin konnte ich ihnen mit Mauern und Türme gut Einhalt gebieten. Die gibt es im Remake zwar auch noch, was sie bewirken weiß ich aber noch nicht. Ebenso wie die Upgrades für die eigenen Krieger, ich habe bisher nicht weit genug gespielt, um sie nutzen zu können. Aber so wie das aktuell allgemein gelöst ist, macht mir auch keinen Spaß. Ich muss zugeben, ich weiß auch keine Lösung dafür. Wesentlich klügere Leute haben sich seit über 20 Jahren daran versucht und bisher keine wirklich gute Lösung gefunden. Ich finde das System an sich nicht schlecht, eigentlich fehlt mir nur eine Option, um die Animation direkt zu überspringen und zum Ergebnis zu kommen. Dann könnte ich mich damit arrangieren, vor allem, weil es mich nicht beim Aufbauen behindert.
Die Spielmodi sind die gewohnten: es gibt eine Kampagne, die die 4000jährige Geschichte des Land der Pharaonen in 53 Missionen nachzeichnet. Die ersten sind mehr Tutorial, danach gibt es weit weniger Hilfen. Die Neuerungen erschöpfen sich aber auch schnell, nach weniger als 10 Missionen hat man eigentlich alles Wesentliche gesehen. Die Ziele sind unterschiedlich, wiederholen sich aber schnell: eine bestimmte Anzahl Einwohner unterbringen, teils in auf eine bestimmte Stufe ausgebaute Wohnungen. Das Wertungssystem mit seinen vier Kategorien ist wieder dabei, wobei mir die Kulturwertung öfters Probleme macht, weil sie aus wenig nachvollziehbaren Gründen schwankte. Und natürlich nicht zu vergessen der Bau von Monumenten.
Hin und wieder hat man die Wahl zwischen zwei Missionen, wo es weiter geht. Meist ist eine eher auf Errichten von Monumenten ausgerichtet und die andere militärisch geprägt. Hat man sich einmal festgelegt kann man zumindest innerhalb der Kampagne nicht nachträglich wechseln, auch optional beide spielen ist nur über einen anderen Weg möglich.
Als zweite Option kann man jede Mission direkt auswählen, geordnet nach Periode und Zeit, wann sie stattfand. Alle sind von Anfang an verfügbar, freispielen ist nicht notwendig. Neulingen würde ich davon aber eher abraten, bzw. zumindest die ersten fünf bis sechs Missionen spielen, weil sie die Grundlagen erklären.
Neue Missionen gibt es aber nicht, alle sind eins zu eins aus dem Original und dem Addon Kleopatra entnommen und akkurat nachgebaut worden. Ein Editor für eigene Missionen soll noch folgen.
Nervig Götter und kaputte Docks: Zustand zum Release
Der Release lief größtenteils rund, auch wenn mir direkt in der ersten Session ein nicht reproduzierbarer Grafikbug begegnet ist, wo in der allerersten Mission Straßen erst angezeigt wurden, wenn ich eine Gebäude daneben gebaut habe. Allerdings zeigten sich mit der Zeit weitere Probleme und Bugs, wodurch das Spiel in seiner aktuellen Version das Prädikat "rough around the edges" bekommt: es läuft grundsätzlich, aber es gibt noch ein paar spürbare Probleme.
Am meisten nervt mich aktuell das Nachrichtensystem: Das gab es auch im Original, aber hier fehlen bisher essentielle Features. Ich kann z.b. Nachrichten nicht einzeln löschen, sondern nur alle auf einmal. Da auch Instruktionen und Tutorials darunter sind, mache ich das nur ungern. Zudem kann ich keine Priorität einstellen, wodurch ich immer von den unbedeutenden, kleinen Segen genervt werden, den glückliche Götter aussprechen. Eine kleine Einblendung wie bei der Nil-Vorhersage hätte mir da gereicht. Im Original konnte ich sie zumindest Aus- bzw. Stummschalten, in Nachfolger Zeus sogar detaillierter konfigurieren. Das würde ich mir hier auch wünschen.
An Bugs ist mir nichts Großes oder eindeutig Reproduzierbares aufgefallen, mit einer Ausnahme: Aktuell bringt es nichts, mehr als ein Dock zu bauen, da Schiffe immer das erste ansteuern, das auf ihrem Weg liegt. Nicht nur, dass sich dadurch deren Effektivität beim Handeln nicht mehr steigern lässt, es kann auch Probleme machen. Ich wusste das zuerst nicht, und habe ich gewundert, warum alle Schiffe am selben Dock warten, obwohl mehr vorhanden wären. Deshalb ich die Gebäude abgerissen und neu gebaut. Dabei kam es wohl dazu, dass einige Schiffe seitdem stillstehen. Da immer nur maximal zwei Schiffe aus einer Stadt auf der Karte existieren können, kamen keine neuen mehr nach. Die Rostja-Mission konnte ich dadurch nicht beenden, weil der Import von Granit für die benötigten Grabbeigaben nicht mehr funktioniert. Ich musste weit zurück zu einem alten Spielstand, den ich noch manuell gespeichert hatte. Die automatisch angelegten sind aktuell auf fünf pro Mission limitiert, bei einem pro Jahr reichen die nicht weit zurück. Auch eine unnötige, arbiträre Limitierung. Außer sie hatten das Problem, das Spielstände gigantisch werden können, schon mit eingerechnet. Was ich sonst noch stört ist, dass ich in Spielständen nur Buchstaben und Ziffern verwenden kann, während in den automatisch angelegten fleißig Bindestriche verwendet werden. Ich kenne zwar den Camel-Case, aber das wirkt schon etwas unnötig.
Ein zumindest sehr lautstarker Teil der Community stört sich daran, dass das Spiel keine Minimap mehr hat. Ich muss zugeben, mich hat das nicht gestört. Durch die hohe Auflösung und dadurch resultierende Übersicht (vor allem wenn im Kombination mit der flachen Darstellung) brauchte ich sie auch gar nicht, weil die meisten Karten gar nicht so groß sind. Allerdings war der Aufschrei wohl so groß, dass die Entwickler diese Funktion bereits für das erste, große Update angekündigt haben. Auch das Kampfsystem soll überarbeitet werden, aber wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Fazit
Im Prinzip ist Pharaoh – A New Era genau das geworden, was ich erwartet hatte: ein 1zu1 Remake des Originals, so nahe dran wie irgendwie möglich. Die Grafik hält sich sehr nahe am Stil des Originals, nur in deutlich höherer Auflösung. Außer die Einwohner, der comictouch ist zwar ungewohnt, aber stört mich nicht weiter. Die neu eingespielte Musik hat sehr viel Charme, die bekanten Sprecher sorgen für einen Nostalgieflash, nur bei den Umgebungssounds müssen die Entwickler nochmal nachlegen. Das Interface wurde gut modernisiert, nur die Auswahl der Overlays ist mir noch zu umständlich. Dazu kommen ein paar kleinere Bugs, die aber nichts dramatisches blockieren.
Pharaoh ist ein Klassiker unter den Aufbauspiele und zu Recht bis heute sehr beliebt. Das Remake hält sich sehr nah an die Vorlage, was vor allem heißt: das Spiel zu durchschauen ist nicht ganz einfach, vieles in der Spielmechanik ist nur schwer ersichtlich und wird auch nicht sonderlich gut erklärt. Wer das Original nicht kennt, muss also damit rechnen, sich gut einarbeiten zu müssen, und dass nicht weil das Spiel so komplex ist, sondern eher so undurchsichtig. 1999 noch völlig normal, ist das heute nicht mehr so üblich. Man spielt eben im Kern ein über 20 Jahres altes Spiel, mit schickerer Grafik, aber ansonsten allen Vor- und Nachteilen.