Heute vor 15 Jahren: Anno 1404

Screenshot: Anno 1404

Es ist immer ein gewisses Risiko, wenn ein Franchise den Entwickler wechselt, speziell weg vom Erfinder. In diesem Fall können wir aber getrost davon ausgehen, dass es geklappt hat. Schon der vorherige Serien-Teil unter neuer Führung kam gut an, war aber nicht ohne Schwächen. Drei Jahre später wurden die glatt gebügelt und heraus kam eines der besten Spiele des Franchise, da sind sich viele Spieler bis heute einig. Durch ihn wurde ich nicht nur Fan der Serie, es ist bis heute mein favorisierter Teil: Am 25. Juni 2009 erschien Anno 1404.

Anno ist ein klassisches Aufbauspiel: Die Karte ist ein Inselwelt, ihr startet mit einem Kontor an der Küste eines Eilands, gefüllt mit einigen Waren für den Start. Schnell ist ein Marktplatz und die ersten Häuser für die Einwohner errichtet. Deren erste Bedürfnisse beschränken sich auf einfaches Essen und Kleidung, was mit einzelnen Gebäuden oder kurzen Produktionsketten bereits gedeckt wird. Sind alle erfüllt, kann das Haus auf die nächste Stufe aufsteigen, die Einwohner entwickeln neue Bedürfnisse, die schwieriger zu decken sind – damit startet ein wesentlicher Kreislauf der Spielmechanik. Die wohl wichtigste Ressource sind Werkzeuge, da sie für viele Gebäude benötigt werden, schnell dafür eine Produktion aufzuziehen hat für mich oberste Priorität. Irgendwann kann eine Insel den Bedarf nicht mehr decken, entweder weil der Platz ausgeht oder die Rohstoffe fehlen. Spätestens dann solltet ihr weitere Eilande besiedeln, Produktionsketten aufziehen und Handelsrouten mit eigenen Schiffen aufbauen. Nun wird das Spiel von einem überschaubaren Aufbauspiel zur Management-Simulation eines Imperiums.

In Anno 1404 gilt das auch, in den Orient vorzustoßen, wobei damit eher der Süden der Karte gemeint ist. Nachdem ihr euch mit dem Sultan angefreundet hat, dürft ihr eigene, orientalische Siedlungen aufziehen. Sie produzieren nicht nur Güter für den Eigenbedarf, Gewürzen verwenden Einwohner in den nördlichen Regionen und Quarz wird für die Herstellung von Glas benötigt. Auf den wüstenartigen Inseln bekommt Fruchtbarkeit eine völlig neue Bedeutung, da für Ackerbau und Viehzucht dass Land erst künstlich bewässert werden muss. Was Bevölkerungsstufen und Komplexität der Warenketten angeht, bleibt der Orient gegenüber den nördlichen Gefilden deutlich zurück.

Der Einstieg wird euch mit der Kampagne einfach gemacht, die nach und nach alle wichtigen Spielmechaniken erklärt. Die Story ist nicht der Rede wert, aber tut ihren Zweck. Ein Knackpunkt bei vielen Aufbauspielen ist das Kampfsystem, ich halte das in Anno 1404 für eines der besseren: Zu Wasser wird mit unterschiedlichen Schiffstypen gekämpft, in Häfen könnt ihr stationäre Verteidigungsanlagen bauen. Einmal angelandet wird indirekt über Heerlager gekämpft, sind die Verteidiger ausgeschaltet und die wichtigen Gebäude zerstört, gehört die Insel euch.

Ich habe die Anno-Serie lange nur von der Seitenlinie verfolgt. Nicht wirklich aus Abneigung, sondern weil ich die persönlicheren Titel der Siedler– und Cultures-Serie immer mehr mochte. Anno wirkte so abstrakt und distanziert, wenn Figuren sichtbar sind, sind die meist Verzierung für die Spielwelt, aber spielerisch nicht relevant. Und eigentlich ist das in 1404 auch nicht anders. Zwar gibt es die Karren, die Waren zum Kontor oder Warenhaus transportieren und natürlich die Schiffe. Aber es ist nicht dasselbe wie viele kleine Figure umherwuseln zu sehen, die einer Arbeit nachgehen. Ich mag meine Aufbauspiele etwas persönlicher.
2009 kam der neueste Teil für mich genau zur richtigen Zeit: Die Wirtschaftskrise schlug in Deutschland voll ein, ich konnte über den Sommer keinen Job zwischen den Semestern finden. Also kratze ich mein letztes Geld zusammen, kaufte Anno 1404 – und mein Sommer war gerettet. Vor Start des neuen Semesters hatte ich die Kampagne abgeschlossen und im Endlosspiel eine Speicherstadt, einen Kaiserdom sowie eine große Moschee gebaut. Nicht im ersten Anlauf und unter einfache Bedingungen, aber ein wenig Stolz war ich darauf schon. Für diese Großprojekte ist einiges an Planung und Vorarbeit nötig, es braucht eine gut laufende Maschinerie aus mehreren Inseln, um den Ressourcenbedarf zu decken. Die weiteren Szenarien habe ich kaum gespielt. Mein Ziel war es, die großen Bauwerke zu errichten – das hatte ich erreicht. Dann war aber die Luft zu sehr raus.

Das ist auch der Grund, warum ich das Addon mit dem Untertitel Venedig nie wirklich gespielt habe. Es bietet eine neue KI-Fraktion und die Möglichkeit, Inseln von Konkurrenten kampflos über den Stadtrat zu erwerben, das entsprechenden Kleingeld, oder eher Großgeld, vorausgesetzt. Das gilt vor allem im Mehrspielermodus für bis zu 8 Spieler als spaßige Angelegenheit. Für Solisten kamen 15 neue Szenarien dazu, die sich vor allem an erfahrene Spieler richten und entsprechend schwer sind. Wer das Hauptspiel nicht gut genug kennt, wird hier schnell kein Land mehr sehen.

2014 kaufte französische Spieleriese Ubisoft das in Mainz beheimatete Studio Related Designs, die seit Anno 1701 die Serie verantworten und bis heute weitere Teile der Serie entwickeln. Nach Anno 1404 kamen zwei Ableger mit SciFi-Setting, die so gemischt ankamen, ich mochte aber 2070 durchaus. Im Anschluss entwickelten sie das Monstrum von einem Aufbauspiel namens Anno 1800, das vom Start weg komplexer war als alle vorherigen Teile und mit DLCs über Jahre noch erweitert wurde. Auf den Tag 11 Jahre nach Anno 1404 kam die Anno History Collection auf den Markt, welche die klassischen vier Annos mitsamt Erweiterungen zu einem Paket schnürte. Sie laufen auf modernen Systemen besser, es wurden kleinere Fehler behoben und der Multiplayer-Modus, wenn er denn existierte, wurde wieder ans Laufen gebracht und mit dem konzerneigenen Account-System verbunden. Die alten Systeme laufen aber weiterhin. Das gilt auch für Anno 2070, für welches Ubisoft 2022 die Server abschalten wollte, womit auch die Arche als wichtiges Spielsystem verloren gegangen wäre. In Eigenregie haben die Entwickler aber die Server aktualisiert und am Leben gehalten.

Aktuell arbeitet das Team aus ungefähr 100 Entwicklern in Mainz am neusten Teil Anno 117 – Pax Romana. Das versetzt das Setting erstmals in die von Fans lange gewünschte Antike und bricht mit einer Regel: Zwar ist die Quersummer der Jahreszahl immer noch 9, aber besteht erstmals nur aus drei Ziffern. Ein schlechtes Omen? Im Jahr des Herrn 2025 werden wir mehr wissen. Bis dahin spricht auch nicht dagegen, sich einen der weiter verfügbaren Klassiker zu starten.