Heute vor 25 Jahren: Quake 3 Arena

Screenshot: Spielszene aus Quake Live, der aktualisierten Version von Quake 3 Arena
Das Bild zeigt eine Szene aus Quake Live

Es kommt selten vor, dass zwei direkte Konkurrenten zeitgleich dieselbe Idee haben. In legendären Black Cube in Mesquite bei Dallas, Texas wollte das kleine Team einen radikalen Weg gehen und erstmals einen reinen Multiplayer-Shooter entwickeln. Der kompromisslose Fokus auf Deathmatch sollte das Genre für lange Zeit prägen, die Engine die technische Basis für viele Spiele dieser Zeit werden. Am 2. Dezember 1999 erschien Quake 3 Arena.

Der direkte Vorgänger erschien noch ohne Multiplayer-Modus, Quake 2 bekam ihn per Patch nachgereicht. Angeregt durch die steigende Verbreitung von Internetanschlüssen und vieler LAN-Partys, wollten die Entwickler bei id Software für das nächste Spiel genau den umgekehrten Weg gehen: Nur Multiplayer. Keine Kampagne, nicht mal Computer-gesteuerte Gegner waren ursprünglich geplant. Die wurden kurz vor Release von Freelancer Jan Paul van Waveren entwickelt, ebenso gab es noch eine Aneinanderreihung von Matches als Pseudo-Kampagne. Das Kernteam konzentrierte sich ganz auf die Basics: eine technisch fortschrittliche Engine, voller Fokus auf Deathmatch und starkes Leveldesign. Zu diesem Zeitpunkt war id mit 13 festangestellten Mitarbeitern selbst für damalige Verhältnisse klein.

Nach heutigen Maßstäben wurde geradezu Minimalismus betrieben. Ganze 26 Karten waren zum Start dabei, die meisten auf klassisches Deathmatch ausgelegt. Sie waren zudem eher klein, mit mehr als acht Spielern stand man sich dauernd auf den virtuellen Füßen, bei noch mehr waren unabsichtliche Telefrags an der Tagesordnung. Eine handvoll Karten waren speziell für Duelle gedacht, die den Abschluss jedes Kapitels in der "Kampagne" markierten und gerne auf Turnieren eingesetzt wurden. Die Umgebungen waren vergangener id-Spiele entliehen, ihr bekämpft euch in gotischen Kathedralen, futuristischen Umgebungen mit gift-grünem Schleim und Plattformen, die scheinbar im Nichts schweben. Spielbarkeit stand über allem, für ein paar besonders beliebte Turnier-Karten schoben die Texaner später "Pro"-Varianten mit bessere Item-Balance nach, die teils bis heute als Referenz gelten. Für die Musik sorgten Front Line Assembly und wie beim Vorgänger Sasha "Sonic Mayhem" Dikiciyan.

Für mich ist Quake 3 Arena die Perfektion des Deathmatch: Schnell, schnörkellos, kompromisslos. Jede Waffe hat ihren Platz, jede Karte bietet viele Möglichkeit sie zu spielen. Jedes Power-Up ist geschickt platziert, sie aufzunehmen ist Chance und Risiko zugleich. Für Team-Spieler gab es aber wenig, Team Deathmatch war vorhanden und es gab sogar einen Capture the Flag Modus, der wirkte aber mit nur vier Karten arg stiefmütterlich behandelt. Trotzdem genießt der Modus eine gewisse Popularität, es gab auch schon mehrere Turniere auf id’s jährlicher Hausmesse QuakeCon, fast ausschließlich auf Karten aus der Community ausgetragen. Ein Jahr nach dem Hauptspiel erschien das Addon Team Arena, mit einigen Modi speziell für Team-Spiele, aber danach kräht heute kein Hahn mehr – Quake ist und bleibt der Inbegriff des Deathmatch.

Technisch waren die Spiele von id Software schon immer Meilensteine, bis zurück zu Commander Keen. Die Highlights der in Quake 3 Arena verwendeten Engine, heute als id Tech 3 bekannt, sind die Rundungen. Damit meine ich nicht Hunter und Lucy, auch wenn es da Vorteile in der Darstellung gegenüber dem direkten Mitbewerber gab. Mir kommen vor allem die Torbögen in den Level in den Sinn, solch weich geschwungene Fläche hatte ich bis dahin in keinem 3D-Spiel gesehen. Ein schneller Algorithmus auf Basis von Béziere-Kurven und etwas Programmier-Magie aus den Händen von John Carmack machten es möglich. Auch ein gutes Beispiel ist die fleischige Säule im Zentrum der Karte dm13 "Lost World". Als reines Multiplayer-Spiel brauchte es auch einen guten Netcode, der auch mit den damals weit verbreiteten Modem-Verbindungen für fast lag-freie Partien sorgte.

Das mochten auch andere Entwickler, kaum eine Engine wurde so häufig lizensiert: Spiele wie Star Wars: Jedi Knight 2 Jedi Outcast, Star Trek Voyager Elite Force, Medal of Honor: Allied Assault, aber auch eher unbekannte wie Heavy Metal: FAKK 2 basierten auf der id Tech 3. Und natürlich das allererste Call of Duty, ohne die Engine wäre das Spiel in dieser Form wohl nicht möglich gewesen. id Software selbst lies mit Return to Castle Wolfenstein ein Spiel mit einer seiner Marken erstmals von einem externen Studio entwickeln – aber natürlich mit der hauseigenen Technik.

Seit dem ersten Doom legten die Entwickler aus Mesquite großen Wert auf einfache Modbarkeit ihrer Spiele, sie erkannten früh das Potential von User-Erstellten Inhalten. Einige der Mitarbeiter fanden so ihren Weg in die Firma. Das war auch bei Quake 3 Arena nicht anders, die einfachen zip-Archive und umfangreiche Dokumentation machten es möglich. Neue Maps, Spieler-Modelle und Spielmodi wie Freeze Tag oder Rocket Arena verbreiteten sich schnell. OSP wurde die Referenz für kompetitive Spieler, Challenge Pro Mode Arena (kurz CPMA oder Pro Mode) mischte einige liebgewonnene Features der Vorgänger in das bewährte Gameplay. Und das dürften nur eine ganz kleine Auswahl der beliebtesten Mods sein, im Internet finden sich abertausenden davon. Als letztes Geschenk an die Community veröffentliche id Software 2005 den kompletten Quellcode des Spiels, was Stand-Alone-Versionen von umfangreichen Mods wie World of Padman oder Urban Terror ermöglichte, oder komplett kostenlose Versionen des Spiels wie OpenArena, die ohne die weiterhin geschützten Assets (Maps, Texturen, etc.) auskommen.

Quake 3 Arena wurde schnell zum Dauerbrenner auf LAN-Parties, eSport-Turnieren und generell allem, was auch nur im Entferntesten mit Ego-Shootern zu tun hatte. Egal ob Cyberathlete Professional League (CPL) oder World Cyber Games – wer ein großes Turnier mit Preisgeld veranstaltete, kam um die damalige Shooter-Referenz nicht herum. Außer in Deutschland, weil das Spiel wegen des Gewaltgrades schnell auf den Index landete, waren große, öffentliche Veranstaltungen damit nicht möglich. Das tat der Verbreitung insbesondere in Amerika aber keinen Abbruch. Das ging soweit, dass Marketingleute außerhalb der Spielebranche das Potential entdeckten: Als Werbemaßnahme für das damals aktuelle Album von Eminem wurde eine eigene Karte mit dem Namen "Chronic" zum Download bereitgestellt. An einer Stelle, die einem Club nachempfunden ist, sind Samples von Tracks zu hören. Die Karte selbst ist eher unspektakulär und deshalb mehr Kuriosum.

Bis heute ist Quake 3 Arena ein beliebter Titel, nach dem Maßstäben von Arena-Shooter. Der direkte Nachfolger konnte nicht an seinem Thron rütteln, weshalb id Software 2008 Quake Live vorstellte. Diese Neuauflage des dritten Teils lief im Browser und sollte als Free-to-Play Spiel über Werbebanner im Spiel finanziert werden. Das klappte aber nicht, 2014 wurde der Titel auf ein Buy-to-Play-Modell mit klassischer Dedicated-Server-Struktur umgestellt. Es hat bis heute seinen festen Platz bei Online-Shootern. Ein weiterer Versuch war Quake Champions, auch ein reiner Multiplayer-Shooter mit Free-to-Play-Modell, der klassisches Arena-Shooter-Gameplay mit Elementen moderner Hero-Shooter anreicherte. Auch er konnte sich nicht gegen seinen Vorvater durchsetzen, hat aber noch eine kleine Community. So bleibt Quake 3 Arena die Referenz im kleinen Genre der Arena-Shooter. You have taken the lead.