Mit Portal gelang Valve Software 2008 ein Überraschungshit. Eigentlich nur als Beigabe zur Orange Box gedacht, war das Knobelspiel mit Portalen der heimliche Star es Paketes, dass mit Half-Life 2 und seinen Episoden auch andere Hochkaräter enthielt. Im Frühjahr diesen Jahres erschien der zweite Teil als Eigenständiges Vollpreisspiel, dass vor allem mehr Spielzeit als die seinerzeit nur 3 Stunden dauernde Vorgänger bieten soll. Aber der Reihe nach.
Technisch hat sich nicht viel getan. Noch immer dient die mittlerweile deutlich in die Jahre gekommene Source-Engine als technischer Unterbau. Zwar habe die Entwickler die Engine über die Jahre weiterentwickelt, signifikanten Neuerungen gab es aber nicht. Speziell die Texturen könnten knackiger sein und auch die Polygon-Dicht hinkt aktuellen Titeln deutlich hinterher. Am Sound gibt es wenig aus zu setzen: Musik taucht zwar nur sehr spärlich auf, dann aber passend. Die Sound-Effekte stammen größtenteils aus dem Vorgänger und sind auf hohem Niveau. Im Gegensatz zum ersten Teil gibt es mehr Sprecher, die allesamt ihre Figuren sehr gut vertonen, zumindest in der von mir gespielten englischen Version.
Kernstück das Spiel ist natürlich das Leveldesign: Spielte der erste Teil noch fast ausschließlich in Versuchsräume von Aperture Science, ist die Umgebung dieses mal deutlich abwechslungsreicher: Es beginnt schon damit, dass seit dem Ende des ersten Teils einige Jahre vergangen sind und die Anlage von Pflanzen überwuchert und teils stark zerfallen ist. Es folgen intakte Versuchsräume, aber auch Außenlevels rund um das Geländer der Firma sowie ältere Teile der geradezu gigantischen Anlage, in denen seit den 1960er Jahre die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Auch ein Blick hinter die Kulissen ist möglich und weiter tiefer, als noch im ersten Teil.
Ich ja nicht der Typ, der jedes noch so kleines Fitzelchen an Informationen aufsammelt, deshalb ist die Rolle von Aperture im Story-Context von Half-Life mir nicht wirklich geläufig. Mehr als dass die Firma ein Konkurrent zu Black Mesa ist konnte ich nicht erfahren und das ändert sich auch im zweiten Teil nicht großartig. Dafür bekommt man viel mehr Einblick in die Forschung der Firma, gerade aus früheren Zeiten. Wer genauer hinschaut als ich des getaun habe, wird bestimmt einige Details finde. Auch Achievement-Jäger kommen auf ihre kosten, wie bei allen neueren Valve-Spielen sind davon reichlich vorhanden, die Kategorie „kriegt jeder“ bis zu „wie soll das gehen??!“ reichen.
Gab es im ersten Teil nur Monologe des Super-Computers GlaDOS, kommen mit dem „Personality Core“ (Die Teile, die am Ende von Teil 1 von GlaDOS getrennt wurden) Wheatley ein neuer Charakter dazu, was zu teilweise zu Dialogen zwischen den beiden führt, wenn auch nur selten. Die meiste Zeit hört man die Monologe einer der beiden, die aber sehr witzig und sehr gut geschrieben sind. Dazu kommen Audio-Botschaften des Firmengründes Cave Johnson (sehr gut gesprochen im englischen von J.K. Simmons ), die einen tieferen Einblick in die Geschicht von Aperture Science erlauben. GlaDOS hat sich auch weiter entwickelt und nimmt es dem Spieler ausgesprochen übel, sie im ersten Teil zerstört zu haben, was sie auch keine Sekunde hinter den bissigen Kommentaren ihrer Computerstimme versteckt. Der Hauptcharakter Cell bleibt weiterhin stumm, was etwas schade ist – hier hätte ein richtiger Dialog entstehen können, es bleibt größtenteils bei den Monologen.
Die Geschichte entwickelt sich besser als im letzten Spiel, die ziemlich vorhersehbar war. Im zweiten Teil hat sich das deutlich geändert, allein schon weil die Ausgangssituation sich stark geändert hat: Nach dem Ende des ersten Teils ist GlaDOS zerstört bzw. tot, der Spieler aber ist immer noch in der Anlage. Da es dort sonst keine Menschenseele gibt und die Ereignisse des Vorgängers schon einige Jahre vergangen sind, sind Teile der Anlage deutlich zerfallen. Hin zu kommt der neue Charakter Wheatly, der dem Spieler zu beginn hilft, aus der Anlage zu fliehen. GlaDOS kommt natürlich auch zurück und ist sehr übel gelaunt. Die Flucht aus der Anlage bleibt das zentrale Ziel, aber auf dem Weg dorthin warten einige Überraschungen. Die Geschichte ist spannend inszeniert und lebt vor allem von der Atmosphäre, die vor allen durch die gespenstische Leere entsteht. Man trifft während des Spiels keine Menschenseele, nur endlose Räume und Gänge, die während der knapp sieben-stündigen Spielzeit durchquert.
Am Gameplay haben die Entwickler keine grundlegenden Veränderungen vorgenommen, sondern es um neue Elemente erweitert. Das Ziel ist nach wie vor, das Ende des Levels zu erreichen, egal ob es eine Testkammer oder ein Außengelände ist. Der geschickte Einsatz der Portal-Kanone ist der Schlüssel zum Weiterkommen, aber nicht mehr alleine. Es gibt mit Lasern, Lichtwänden und Transport-Strahlen einige neue Elemente, die sich auch durch Portale lenken lassen. Hier muss noch mehr um die Ecke gedacht werden als zuvor: Wie muss ich das Portal und den Würfel zum Umlenken des Laserstrahles platzieren, damit der Strahl im Ziel ankommt? Hier sind die grauen Zellen gut gefordert. Laser müssen in ein passendes Ziel gelenkt werden, Lichtwände schützen vor dem Feuer der stationären Geschütze und mit den Transport-Strahlen können die Würfel, Gele und der Spieler an sonst nicht zugängliche Stellen befördert werden. Die Rätsel sind zwar gerade zum Ende hin recht verzwickt, aber mit ein wenig Nachdenken und vor allem dem genauen Studium der Umgebung konnte ich alle Rätsel lösen.
Ein weiteres neues Element sind die Gels. In den alten Teile von Aperture findet man drei Sorten von Gelen, mit denen man die Umgebung beschmieren kann: Blaues Gel wirkt wie ein Jumppad und katapultiert den Spieler in die Höhe, während es orangene Gel wie ein Beschleunigungsstreifen wirkt. In Kombination kann man eine Rampe erschaffe um große Abgründe zu überwinden, und davor gibt es reichlich. Große Abgründe und Höhen in der teils zerstörten Anlage zu überwinden ist quasi des täglich Brot eines Testsubjektes. Als letztes gibt es noch ein weißes Gel, welches es ermöglicht, Portal auf den damit überzogenen Flächen zu erzeugen. Es gibt nur sehr wenige, die das von Haus aus zulassen und diese sind meisten sehr spärlich verteilt bis gut versteckt, teilweise musst ich lange suchen. Die Gele können ebenfalls durch Portale geschickt und so an den passenden Stellen verteilt werden.
Fazit: Portal 2 ist ein äußerste gelungenes Spiel. Das es technisch nicht ganz auf der höhe der Zeit ist macht des durch seine Atmosphäre, das ausgeklügelte Leveldesign und die bewährte und doch stark erweiterte Spielmechanik mehr als wett. Und der Einzelspieler ist ja nicht alles: Portal 2 biete auch einen kooperativen Mehrspielermodus, den ich aber noch nicht an testen konnte. Bisher habe ich davon nur gutes gehört, auch durch die mögliche Verbindung von PC- und PS3-Version. Aber auch nur mit dem Einzelspielermodus ist das Spiel sein Geld wert, auch weil es seit kurzem für 30€ bei Steam erhältlich ist, bei anderen Anbietern teils noch günstiger.