Nach dem zugegebener Maßen enttäuschenden Crysis habe ich mir den zweiten großen Namen des Shooterherbstes 2007 näher angesehen: Call of Duty 4. Im Gegensatz zu den älteren Titel spielt der neueste Teil der Serie nicht mehr im zweiten Weltkrieg, sondern in einem modernen Szenario. Statt böser Deutscher bekämpft man Terroristen aus dem Kaukasus und dem nahen Osten. In einem fiktiven Staat im mittleren Osten und dem Süd-Osten Russlands bekämpft man die bösen Buben in einer linearen Kampagne die aus drei Akten besteht.
Grafisch braucht sie CoD4 nicht vor Crysis zu verstecken – ganz im Gegenteil. Teile, die nicht ganz so gut aussehen wie in Crysis (schlecht trifft es nicht) muss man mit der Lupe sehen. Dafür läuft es auf meiner Maschine mit höheren Qualitätseinstellung (16 Anisotrope Filterung und 8x Anti Aliasing) mit konstant 60fps oder mehr. Da kann der Hardwarefresser aus Frankfurt nicht mithalten.
Das Leveldesign ist meist streng linear, es gibt zudem einige unsichtbare Mauern. Nur selten hat man die Wahl, wie man das Level angeht. Als Beispiel gibt es eine Mission in der man in einem Bergdorf einen Drahtzieher der Terroranschlänge, die die Kampagne erst ins Rollen gebracht haben, zu finden. Hier kann man sich aussuchen, in welcher Reihenfolge man die Häuse durchsucht, es macht aber spielerisch keine Unterschied. Die meisten Levels gleichen allerdings eher einem Schlauch – OpenWorld sieht anders aus.
Musik tritt selten im Spiel auf, und wieder wie in Crysis nur in den dramatischen Stellen. Davon gab es einige mehr als in Crysis, da CoD4 gerade zu dramatisch Inszeniert ist. Das Spiel gleicht mehr einem einzigen Adrenalin-Ritt. Schon in der ersten Mission ist mehr Dramatik enthalten als im kompletten Spiel des Konkurrenten. Die restlichen 6 ½ Stunden ändert sich daran nichts, der Adrenalinpegel bleibt hoch. Die Inszenierung ist teilweise so gut, dass sie schon fast erschreckend ist. Die Entwickler verstehen es, den Krieg mit seiner ganzen hässlichen Fratze darzustellen. Der übertriebene Patriotismus kann eigentlich nur sarkastisch gemeint sein, anderfalls sind die Entwickler bei Infinity Ward Kriegstreiber erster Güte – was ich mir aber nicht vorstellen kann.
Im Spiel spielt man abwechselnd mehre Soldaten der britischen SAS-Spezialeinheit, einen amerikanischen Soldaten sowie einen Scharfschützen. Die Ladepausen werden dabei geschickt mit den Missionsbriefing überbrückt, so dass sie einem gar nicht auffallen.
Das Gameplay dagegen erinnert beim näheren Hinsehen eher an Moorhuhn. Da die Levels komplett durchgeskripted sind kann man Stundenlang an einer Stelle gegen die Horden der Gegner ankämpfen ohne dass es weiter geht. Zumindest solange bis man dahinter kommt, dass ein weiteres Skript, dass die Spawnpunkte der Gegner deaktiviert, aktiviert wird wenn man im Level eine bestimmte, unsichtbare Linie überschreitet. Da die Gegner meistens in Wellen auftreten reicht es, die meisten Gegner zu erledigen und dann weiter vor zu rücken. So läuft im großen und ganzen das ganze Spiel ab, nur dass es im späteren Spiel das Leveldesign und die Gegnermassen gegen den Spieler arbeiten. Allerdings fällt einem aufgrund der Atmosphäre und der Hektik des Spiels das erst gar nicht auf – und auch später stört es nicht weiter. Die Gegner treten zwar immer in Massen auf, dafür verhalten sie sich einigermaßen Intelligent: sie suchen Deckung, werfen Granaten und Flashbangs. Sie versuchen zwar nicht wie in Crysis den Spieler zu umrunden und in die Zange zu nehmen, aber für das Spielprinzip reicht das voll und ganz – dafür gibt es nur kleinere Abzüge in der B-Note, da es im Spiel kaum auffällt. Als Auflockerung gibt es ungefähr in der Mitte des Spiels eine Schleichmission. Normalerweise stören mich diese Missionen, da ich nicht der Typ für unauffällige Aktion in Spielen bin. Auch hier hatte ich erst meine Probleme, aber da man mit einem KI-Kameraden unterwegs ist der einem sagt wann der richtige Zeitpunkt ist vor zu rücken. Außerdem übersehen einen wirklich die Gegner wenn man sich unauffällig durch hohes Gras robbt, im Gegensatz zu einem gewissen Dschungel-Shooter, in den einen die Gegner durch eine Blätterwald sehen als ob man ein rotes Hawaii-Hemd an hat.
Das Waffenarsenal überzeugt, da viele der angebotenen virtuellen Schießprügel sogar ganz brauchbar sind, von den Schrottgewehren mal abgesehen. Die gefundenen Waffen sind meistens nicht so präzise wie die der Spezialeinheit, mit ein wenig Übung trifft man damit auch größere Entfernungen. Weniger gut sind die teilweise schlecht platzierten Speicherpunkte. Ja, man kann nicht frei Speicher, es gibt festgelegt Punkte an denen das Spiel automatisch speichert. Manchmal kommt alle paar Minuten einer, an anderer Stelle wünscht man sich dass es ein oder zwei mehr währen. Überwiegend sind sie aber gut platziert. Trotzdem entstehen dadurch hin und wieder kleine Frustmomente.
Aber auch das kann den sonst sehr guten Gesamteindruck des Spiels trüben, eben so wenig wie die nur sehr kurze Spielzeit, die aber in Shootern mittlerweile traurige Normalität. Allerdings ist der Preis von immer noch 45€ nur für die Singleplayer-Kampagne zu hoch. Die bietet zwar extrem adrenalinhaltige Unterhaltung, aber ist sehr kurz und auf Dauer doch etwas eintönig – aber ohne den Multiplayermodus (der für mich bekanntermaßen keine Rolle spielt) ist das doch viel.