RetroReview: SpellForce – Shadow of the Phoenix (2004)

Nicht ganz unerwartet erschien nur knapp ein halbes Jahr nach Breath of Witner mit Shadow of the Phoenix ein zweites Add-On für SpellForce. Das Grundspiel und das erste Add-On erzählten zwar jeweils eine in sich geschlossene Geschichte, trotzdem gab es einige Andeutungen auf weitere – und eine davon wird im zweiten Add-On behandelt und beschließt zudem die Geschichte um die Runenkrieger – aber kann das zweite Add-On an die Qualität der bisherigen Spiele anschließen?

Technisch gab es nichts neues, wohl auch, weil ich mit der Platinum-Edition spiele, welche bereits auf den letzten Stand ist und alle technischen Verbesserungen sind bereits drin. Ansonsten gibt es wenig neues, ein paar neue Musikstücke, aber die kranken am selben Problem wie schon das Grundspiel: häufig hört man schlicht keine Musik, weil das System zur dynamischen Auswahl eines Musikstücks passend zum Geschehen wohl noch nicht ganz ausgereift war.

Screenshot: Alte Charaktere wie der Spinnenmann haben einen weiteren Auftritt.
Alte Charaktere wie der Spinnenmann haben einen weiteren Auftritt.

Auch scheinbar eine Tradition: es gibt mal wieder einen neuen Sprecher für die Runenkrieger. Diesmal ist es etwas tragischer, warum erkläre ich später im Story-Abschnitt. Einige Sprecher aus dem Grundspiel und dem Add-On sind aber wieder dabei und vertonen größtenteils die gleichen Charaktere, wie Darius und den Spinnenmann.

Screenshot: Irfit-Varianten
Den Irfit kann man als Verbündeten gewinnen. Sein Aussehen und Fähigkeiten ändern sich je nach Entscheidung des Spielers.

Spielerisch bringt das Add-On aber ein paar wenige Neuerungen: es führt ein Upgrade für die Titanen der Völker ein, was genauso viel kostet wie ihn zu bauen und 200 Nahrung dazu. Hier gilt wie in SpellForce allgemein: Erst forschen, dann bauen, sonst bekommt man nur einen normalen Titan. Das Update ist (wohl unabsichtlich), wenn man alles installiert hat, im Grundspiel und ersten Add-On verfügbar, offiziell wurde es aber erst in Shadow of the Phoenix eingeführt. Weitere Neuerungen sind die Schwarmeinheiten, welche im Zehnerpack produziert werden, nur Nahrung kosten und nichts vom Einheitenlimit beanspruchen. Da sie sehr schnell sterben, aber viel Heilung aufsaugen (speziell von der Heilungs-Aura) sind sie nicht so nützlich, aber sie zuerst auf die Gegner hetzen um dann mit den richtigen Einheiten nach zu setzten hat sich bei mir als gut herausgestellt. Da sie sehr früh zur Verfügung stehen sind sie auch kurz nach beginn der Partie nützlich, um die ersten Angruff abzuhalten. Allerdings sind alle Nahkämpfer, die Wegfindung wird dadurch auf eine harte Proble gestellt.

Screenshot: Gebäudezerstörer in Aktion
Mit den neuen Gebäudezerstörern sind die schwarzen Türme kein Problem mehr.

Die letzte Neuerung ist gleichzeitig die nützlichste: Jedes Volk verfügt nur über sog. Gebäudezerstörer-Einheiten, welche eine größere Reichweite als Türme haben und diese schnell dem Erdboden gleich machen. Die gefürchteten Schwarzen Türme aus dem Grundspiel sind so kein Problem mehr, sofern man ein Auge auf seine anderen Einheiten hat, da diese schnell einfach reinlaufen und man dann in Sekunden eine komplette Armee verlieren kann. Allerdings greifen die Gebäudezertörer nicht direkt an, sondern müssen in der Nähe platziert werden, um ihren Angriff zu starten. Das können sie auch während sie sich bewegen, was aber nicht immer funktioniert. Ihre Reichweite ist zwar größer als die der Türme, aber nur wenig mehr und dadurch muss man sie sehr vorsichtig an den schwarzen Türmen platzieren.
Allgemein ist die Einheiten-KI immer sehr aggressiv, was mir hier wieder negativ aufgefallen ist. An bestimmten Stellen im Spiel bekommt man Einheiten zur Verfügung gestellt, welche sich gefühlt noch aggressiver verhalten – sobald eine gegnerische Einheit in Sichtweite kommt greifen sie an und lassen sich nur mit viel Aufwand davon abhalten. Die große Ausnahme (wie bisher) – der Avatar. Der steht nach wie vor gerne mal neben seiner Armee und sieht zu, wie die abgeschlachtet wird. Hier also wenig neues.

Screenshot: Der Phönixwächter als zusätzlicher Held
Der Phönixwächter als zusätzlicher Held

Spielerische Neuerungen sind also überschaubar, aber bei der Kampagne gibt es eine: statt mit einem neuen Charakter zu beginnen, startet der Avatar diesesmal nicht bei Null. Stattdessen kann man einen seiner Charektere aus The Order of Dawn oder Shadow of the Phoenix importieren und mit ihm oder ihr das Spiel fortsetzten. Es macht zudem einen Unterschied, ob man einen Wächter des Phönix (aus dem Grundspiel, hat den Phönixstein) oder den Schattenkrieger (aus dem ersten Add-On, hat die Schattenklinge) auswählt. Leider sind die Unterschiede nur gering, gerade mal die Startkarte (wobei man sie im Verlauf auch mit dem jeweils anderen besuchen kann) und einige Dialoge ändern sich. Ich habe mit zwei Charakteren parallel gespielt und muss sagen: einer hätte gereicht, da die Unterschiede wirklich klein sind. Ob einen Darius aus Leoni oder Tirganach kennt spielt keine so große Rolle, die Geschichte verläuft schnell in die gleichen Bahnen. Viel verpasst man meiner Meinung nach nicht, wenn man die knapp 27 stündige Kampagne nur mit einem Charakter durchspielt. Man braucht auch nicht zwigend einen Spielstand, wie im Grundspiel stehen vorgefertigte Helden zur Verfügung – aber wer will das schon, wenn man mit seinem mühsam hochgezogenen Charakter spielen kann?

Screenshot: Der Schattenkrieger als zusätzlicher Held
Der Schattenkrieger als zusätzlicher Held

An der Qualität lässt sich aber nichts meckern: Die Geschichte ist, wie schon zuvor, spannend erzählt und bietet die ein oder andere Überraschung. Die Dialoge sind wieder großartig geschrieben und vertont, speziell die Sticheleien zwischen Alya und Urias sind eines der Highlights. Neben der Hauptgeschichte sind auch die Nebenquests wieder sehr gut gemacht. Diesesmal gibt es zwei Minispiele: Im Ostteil der Stadt der Seelen kann man gegen der Gott der Täuscher, Zerbo, eine Spiel mit Hadeko-Puppen spielen, welche man im Spielverlauf findet. Das zweite ist eine simple Arena, die man über die komplett optionale Karte „Brennende Felsen“ erreicht. Der Eingang dazu ist aber etwas versteckt, man kommt im Rahmen der Geschichte nicht direkt vorbei. Kleiner Hinweise: bevor man den Rabenpass verlässt, einen kleinen Gang zum Portal hin absuchen. In beiden kann man Erfahrungspunkte und nützliche Gegenstände finden, beide sind aber nicht zwingend für das Durchspielen erforderlich.

Screenshot: Hadeko Minispiel
Hadeko ist eines der Minispiele

Aber zurück zur Geschichte: die beiden Runenkrieger hatten bisher nichts miteinander zu tun, wie kommen sie also zusammen? Ohne zu viel zu verraten: Ein bereits aus beiden vorherigen Spielen bekannter und mysteriöser Charakter entpuppt sich als neuer Bösewicht, der die dunklen Götter wieder auf die Welt holen will, nicht ohne selbst ganz uneigennützig zum Halbgott aufzusteigen. Um ihn zu stoppen werden der Phönixstein und die Schattenklinge benötigt, welche die jeweiligen Runenkrieger tragen. Sie müssen also zusammen arbeiten, um zumindest vorerst Frieden nach Eo zu bringen. Da man aber nur jeweils einen der Runenkrieger spielt, bekommt man den anderen als zusätzlichen Helden im Verlauf des Spiels.

Screenshot: Neue Gegner
Die neuen Gegner sind orientalisch angehaucht.

Im Verlauf der Kampagne, die nur 10 Karten umfasst, kann man seinen Helden auf Stufe 50 bringen und einige neue Fähigkeiten und Zauber lernen. Vor allem Zauber, die mehrer Einheiten betreffen (Ketten-Zauber) sind darunter, welche die Handhabung mit großen Armeen vereinfachen. Groß sind natürlich auch wieder die Karten, aber daran habe ich mich gewöhnt. Dafür sind die Karten wieder mit viel Liebe zum Detail gestatet. Alle Umgebungen (Grünland, Ödnis, Schneelandschaft, etc) sind vertreten, wobei die Ödnis leicht überwiegt. Das liegt daran, dass die Geschichte zum größten Teil in Xu spielt, dem südlichen Teil von Fiara. Entsprechenden sind die neuen Gegner mediterran bis orientalisch angehaucht, eine willkommene Abwechslung zu den bekannten, alte Widersacher wie die Eisemen sind auch wieder mit dabei. Auch Charaktere wie Darius, Flink McWinter und der Spinnenmann aus dem Grundspiel haben Auftritte und teils sehr tragende Rollen. Eine weitere Neuerung gibt es noch bei den Dialogen: Die Dryade im Dryadenhain von Empyria hat tatsächlich einen Mund, den sie aufmachen kann! Das ganze ist zwar alles andere als Lippensynchron, aber viel besser als die anderen Charaktere, die zwar Gestikuliern, aber sich sonst nichts tut.

Screenshot: Zerbitengeister in den Uhrwerkhallen
Der Magierorden der Zerbiten spielt eine große Rolle, auch wenn er komplett vernichtet wurde.

Ein Highlight unter den Karten sind die Uhrwerkhallen: Hier gibt es keine Monumente zur Produktion, nur ein Heldenmonument. Aber auch das wird zweitrangig, da die Karte mit Rätseln gespickt ist und die grauen Zellen fordert, ohne aber unlösbar zu sein. Die Rätsel enthalten Schalterrätsel in mehreren Varianten und andere kleine Logikrätsel. Ein Manko: da man die Schalter über das bekannte Interface steuert, schwenkt die Kamera immer in die Nahnsicht des Schalters, dann wieder zurück und beim nächsten wieder von vorne – die Kamera schwenkt dadurch sehr häufig, was auf dauer nervig wird. Da es keine richtigen, geschlossenen Gebäude als Kartentyp gibt sieht man den Himmel, obwohl die Karte „Uhrwerkhallen“ heißt – ein kleiner Abzug in der B-Note.

Screenshot: Mein Phönixwächter kurz vor dem Ende.
Mein Phönixwächter kurz vor dem Ende.
Screenshot: Mein Schattenkrieger kurz vor dem Ende.
Mein Schattenkrieger kurz vor dem Ende.

Fazit: Shadow of the Phoenix fügt der Geschichte der Runenkrieger eine weitere Episode hinzu und schließt sie würdig ab. Weitere Andeutungen gibt es nicht, dafür eine neue und spannenden Geschichte. Spielerisch bleibt alles beim alten, nur die neuen Gebäudezerstörer sind wirklich nützlich, wenn auch etwas schwer zu handhaben. Alles in allem eine gewohnt sehr gute Erweiterung, die einige Stunden an Spielzeit bringt. Große Neuerung gibt es nicht, nur Detailverbesserungen. Für SpellForce-Fans ist das Add-On aber ohnehin Pflicht.