Remaster und Remakes sind immer noch schwer in Mode und es war eigentlich nur eine Frage der Zeit bis auch Blizzard auf den Zug aufspringt, spät, wie man es von ihnen gewohnt ist. Das erste Spiel das ein Remaster bekommt ist StarCraft. Eine recht logisch Wahl, wenn man bedenkt wie alt und technisch veraltet es ist und gleichzeitig dass es eine kleine, aber stabile Community halten kann. Außerhalb von Süd Korea zumindest, dort ist es immer noch beliebter als der Nachfolger. Aber was hat speziell für jemanden wie mich zu bieten, der an kompetitiven Spielen nicht so interessiert ist?
An erster Stelle der Neuerungen steht die Grafik: StarCraft war schon zu seiner Zeit nicht gerade eine Schönheit, die 256 Farben konnte man 1998 noch als Standard durchgehen lassen, für die einzig mögliche Auflösung von 640×480 Pixel gilt das aber nicht, Age of Empires konnte als direkter Konkurrent deutlich mehr. Im Remaster gibt es diese Limitierung nicht mehr, Auflösungen bis 4k (3840×2160) sind möglich. Breitbildauflösungen bringen einen leichten Vorteil da rechts und links das Bild expandiert wird (Hor+ im Fachjargon). Das kann man wieder auf ein 4:3 Bildformat beschränken, aber ich kann mir kaum Vorstellen warum das irgendwer freiwillig machen sollte. Die Auflösung konnte ich bisher nicht manuell einstellen, egal in welchem Modus ich das Spiel betreibe (Fullscreen, Windowed, Borderless Window) – es nimmt immer die Desktopauflösung. Die höhere Auflösung bringt nur wenig spielerische Vorteile da das Sichtfeld konstant bleibt, nur wenn man in einem Breitbildformat spielt sieht man links und rechts mehr.
Die Spielgrafik wurde aufgehübscht, vor allem das Wasser sieht deutlich besser aus – und passt nicht so recht zum Rest
Die Entwickler haben alle Sprites und Bodentexturen neu gezeichnet, die höhere Auflösung dient vor allem den Details: konnte man früher nur grob erkennen wo der Fahrer eines Vulture/Adler-Bikes sein soll sieht man ihn nun auf den ersten Blick. Auch bei den Gebäuden sind viel mehr Details erkennbar, dafür passen sie nicht mehr so natürlich in die Landschaft, sie wirken teilweise wie Fremdkörper. Die Animationen wurden überarbeitet, haben aber immer noch recht wenige Animationsstufen. Um bei Fremdkörpern zu bleiben: das Wasser ist jetzt nicht nur durch Color Cylcing animiert sondern sieht komplett anders und aus, man kann sogar etwas vom Boden darunter erahnen. Es wird scheinbar als Shader gerendert, was nicht zum Rest der Grafik passt und deshalb auch etwas komisch aussieht. Als weitere Neuerung gibt es Lichteffekte, z.b. wenn Protoss Dragoner die Energiekugeln ihres Phasendistruptors verschießen und diese Einschlagen hellen sie die direkte Umgebung etwas auf – ein eher kleines Gimmick.
Wer auf den ganzen neuen Kram keine Lust hat drückt einfach F5 im Spiel um wieder auf die alte Grafik zurück zu schalten. Die sieht aber wirklich furchtbar aus, vor allem die Skaleriung der Auflösung ist extrem schlecht – die im direkten Vergleich von mir getestete StarCraft Anthology sieht objektiv besser aus, die Skalierung durch meinen Treiber und Bildschirm funktioniert besser. Keine Ahnung was Blizzard da nutzt, aber gut sieht anders aus, vor allem feine Kanten an Gebäuden wirken gröber – ob mein Grafiktreiber da eine Glättung nutzt weiß nicht nicht. Das Remaster wird immer in der Desktopauflösung ausgegeben und skaliert die alte Auflösung intern selbst hoch, wahrscheinlich ohne weitere Filter.
Bei der Musik gibt es auch etwas neues, die alten, auf 22khz reduzierten Sounds und Musik wurden teilweise doch höherwertige ersetzt, die die Entwickler noch gefunden haben. Mir ist der Unterschied nicht direkt aufgefallen, nur wenn man direkt umschaltet (was nur im Menü außerhalt einer Partie möglich ist). Die Sounds klingen klarer, wobei ich schon genau hinhöhren musste. Da es sich um die alten Sounds handelt sind auch die alten Sprecher von Kerrigan und Zeratul am Werk, nicht ihre Nachfolger von StarCraft 2 – zumindest in der englischen Version, andere Sprachen wurden wohl neu vertont, das habe ich aber nicht getestet.
Die Kampagnen blieben größtenteils unangetastet, die Missionen sind noch die gleichen und es gilt weitestgehend das gleiche was ich in meinem Retro Review vor ca. 1,5 Jahre geschrieben habe. Kurz gefasst: StarCraft und insbesondere Broodwar bieten eine der besten Kampagne im Genre und sie gehören heute noch mit zum besten was man in dieser Hinsicht bekommen kann. Alle weiteren Bonus Missionen und Kampagne sollten kompatibel sein, das habe ich aber nicht überprüft.
Ich habe nicht die kompletten Kampagne noch einmal gespielt sondern nur ein paar der Missionen, das Remaster wurde quasi über meine bestehende Installation installiert und meine Spielstände übernommen. Die Ladebildschirme wurden an die höhere Auflösung und das andere Seitenformat angepasst, zwischen den Missionen die teilweise nur durch schnöde Texteinblendungen auf schwarzem Hintergrund überbrückt wurden gibt es nun kurze Sequenzen mit Standbildern die nicht vertont sind. Da war ich doch etwas enttäuscht, das hat sich bei der Ankündigung nach deutlich mehr angehört. Die Briefings vor jeder Mission wurden auch leicht aufgehübscht, vor allem die Charakterportraits bekamen ein dickes update, sind von den Animationen her immer noch auf dem Stand von 1998 – sie bewegen sich etwas und wenn sie den Mund öffnen ist nichts lippensynchron, es sieht aus als würden sie sehr merkwürdig Kaugummi kauen. Dafür kann man die Charaktere, die man außerhalb ihrer Portraits nur in StarCraft 2 gesehen hat teilweise kaum wieder erkennen: Raynor hat einen fast kahl geschorenen Kopf (und eine blaue statt schwarzer Space Marine Rüstung) und Kerrigan die bekannten scharlachroten Haare statt die fast orangen die man aus StarCraft kennt – die waren wohl der Limitierung auf 256 Farben geschuldet. Oder ein Retcon, ist bei Blizzard ja auch nicht unüblich. Die gerenderten Zwischensequenzen blieben fast unangetastet, sie wurden nur auf die höhere Auflösung hochgerechnet und von ihren hässlichen Interlace-Artefakten bereinigt. Da ist auch nicht übermäßig viel Arbeit reingeflossen, ich hatte schon mit etwas mehr gerechnet.
Insgesamt ist der Einzelspielermodus kaum verändert worden, wer nur deswegen mit dem Remaster liebäugelt sollte sich überlegen ob es ihm die 15€ wert oder ob man bei der mittlerweile kostenlosen StarCraft Anthology bleibt. Oder sich das Mass Recall Projekt für StarCraft 2 anschaut, in welchem alle Kampagnen von StarCraft und Broodwar in der Engine von StarCraft 2 nachgebaut wurden.
Neu zwischen den Missionen sind gezeichnete Standbilder wo vorher nur Text auf schwarzem Grund oder gar nichts war.
Der Multiplayer dürfte wohl der primäre Fokus des Remastered sein und hier gab es außer den grafischen Änderungen auch die meisten Neuerungen. Besitzer der Remastered Version haben Zugriff auf die neue Matchmaking Funktion, neben der gewohnten Funktionalität sich per Chat zu verabreden oder ein offenes Match zu starten. Neu ist dass neben den bekannten Gateways für Amerika (US-West und US-East), Europa und Asien auch der koreanischer Private Server Fish enthalten ist. Bestehende Charaktere können übernommen werden und werden dem Battle.net Account mit dem man spielt zugeordnet. Man kann auch mit Spielern der StarCraft Anthology zusammenspielen, das aber nur über offene oder private Matches, das Matchmaking ist nur für Remastered Spieler gedacht.
Ich habe mich bisher nur kurz daran versucht, aber konnte kein Spiel finden da ich alle paar Minuten die Verbindung zum Server verloren ging. Ob das ein dauerhafte Problem ist oder ich nur zufällig betroffen war kann ich nicht sagen, wirklich viele Beschwerden habe ich dazu aber bisher noch nicht gesehen. Eine kurze Partie gegen die KI habe ich gespielt, wobei sie die Regeln das FFA nicht wirklich zu beherrschend scheint, ich wurde nach ein paar Minuten zu Tod gerushed – von vier Angreifern gleichzeitig. Gut, die Skirmish-KI war noch nie der Bringer von StarCraft, sie war zu einfach gehalten und lässt sich zu einfach aus dem Konzept bringen. Das sie nicht verbessert wurde stört wahrscheinlich niemanden.
Ich habe aber nicht wirklich Interesse am Multiplayer, was vor allem an der Entwicklung von StarCraft liegt: es ist ein sehr mechanisches Spiel, die Strategie spielt eher die zweite Geige, es geht eher darum wer die Einschränkungen der Benutzeroberfläche am besten kompensieren kann. Stumpfes trainieren von einfach zu automatisierenden Vorgängen, ständiges Wiederholen einzelner Aktion um andere Ergebnisse zu bekommen, was insbesondere bei der bescheidenen Wegfindung hilft sind an der Tagesordnung. Ich sehe aber keinen Grund mehr mir das noch anzutun, die Technik hat sich weiterentwickelt um vieles für den Spieler komfortable zu gestalten damit er weniger stupide Aufgaben erledigen muss. Schon in meinem kurzen anspielen im Singleplayer hat mich die Beschränkungen der Einheitenselektion und die Wegfindung genervt. Das ist ein deutliches Zugeständnis an die Puristen und der Versuch von Blizzard wieder in Korea Fuß zu fassen, wo sich StarCraft 2 nie wirklich durchsetzten konnte. Neue Spieler dürfte das aber nicht anlocken, zu vieles ist schlicht veraltet. Einerseits verstehen ich warum sie es gemacht haben, sie wollte es schlicht nicht riskieren ihre eingeschworen Fanbasis zu verlieren. Andererseits haben sie die Chance verpasst neue Spieler an ein ansonsten großartiges Spiel zu holen.
Fazit: ich habe bei StarCraft Remastered vor allem ein Gefühl: da wäre mehr drin gewesen. Die Grafik wurde nur dezent verbessert wobei die höhere Auflösungen eine Wohltat ist. Die Verbesserungen an der Kampagne sind nur marginal, was ihr aber auch nichts tut – es wäre aber so viel mehr möglich gewesen, zumal hier keine so puristische Community dahinter steht, die jede noch so kleine Änderung am Gameplay als Sakrileg ansieht. Wer nur deswegen StarCraft nochmal auspackt sollte sich überlegen ob es die 15€ Wert ist, wer neu ist sollte erst einen Blick auf die mittlerweile kostenlose StarCraft Anthology werfen. Alternativ kann man sich auch das Projekt Mass Recall anschauen, welche alle Missionen von StarCraft und Broodwar in die Engine von StarCraft 2 portiert. Spielbar ist die Mod zudem bereits mit der kostenlosen Starter Version von StarCraft 2.
Im Multiplayer sieht da ganze anders aus: die Ladder mit Matchmaking sollte gerade Neulingen und Gelegenheitsspieler helfen, aber die dürfte durch die nach wie vor nicht aktuelle Technik und vor allem die umständliche Bedienung abgeschreckt werden. StarCraft ist mittlerweile nur noch in zweiter Linie ein Strategiespiel, es geht mehr darum wer die Unzulänglichkeiten der Bedienung besser kompensieren kann. Wer damit Leben kann bekommt aber eines der besten Echtzeistrategiespiele die jemals entwickelt wurden.