Daedalic Entertainment ist vor allem für ihre Klamauk-Adventures bekannt. Dass sie auch ernst können, beweist dieses Spiel. Mit seiner handgezeichneten Grafik und melancholischen Stimmung hat es seinen ganz eigenen Stil. Am 28. August 2009 erschien The Whispered World.
Im klassischen Adventure steuert ihr den dauer-deprimierten Clown Sadwick, der davon träumt, dass er die Welt zerstören wird. Das versucht er mit allen Mitteln zu verhindern, in seiner tollpatschigen Art macht er über weite Strecken alles nur noch schlimmer. Die Geschichte stammt aus der Feder von Marco Hüllen.
Ganz klassisch wird in The Whispered World nicht gekämpft, Sadwick muss allerlei Rätsel lösen, um den Untergang der Welt zu verhindern. Deren Qualität schwankt bisweilen etwas, von sehr kniffligen zu altbekannten, wie auf einem Schachbrett das 8-Damen-Problem zu lösen. Allerdings hat Sadwick mit der Raupe Spot nicht nur einen treuen Freund, er ist auch für die Lösung einiger Rätsel wichtig. Das Insekt sieht nicht nur knuffig aus, er kann im verlauf des Spiels fünf Formen erlenen, welche für die Lösung einiger Rätsel wichtig sind: Braucht es Gewicht saugt er sich mit Wasser voll und nimmt seine Kugelform an, in seiner Feuerform kann er Lampen und andere entzünden. Sogar in mehrere Teile kann er sich zerlegen – und natürlich wieder zusammensetzten. Generell richtet sich das Spiel eher an gestandenen Adventure-Fans. Das Interface mit dem halten der linken Maustaste um ein Menü für Aktionen zu öffnen fand ich schon damals gewöhnungsbedürftig, es wirkte wie in Zwischenschritt aus den klassischen Werben-System und komplett Kontextsensitiven.
Ich bin persönlich kein großer Adventure-Spieler, The Whispered World hat mich aber trotzdem fasziniert. Es ist kein Gute-Laune-Klamauk-Adventure, die bedrückend-melancholische Stimmung wird nur selten aufgehellt. Am meisten zeichnet sich dafür die sehr schöne, handgezeichneten Grafik verantwortlich, die ihren ganz eigenen Charm versprüht. Die Farbpalette geht zwar gefühlt nur von Grau bis Braun, alle vier großen Umgebungen wirken trist, sind aber detailliert gezeichnet. Auch die Musik unterstreicht die bedrückenden Stimmung des Spiels. Auch die Sprecher machen einen ausgezeichneten Job, allen voran natürlich Gunnar Frietsch in der Rolle von Sadwick, aber auch alle anderen Figuren sind passend vertont.
Großen Anklang dürfte das Spiel leider nicht gefunden haben, als ich vor einigen Jahren auf der GamesCom am Merch-Stand von Daedalic ein Artbook und eine Plüschfigur des Maskottchens Spot gekauft habe, hat die Mitarbeiterin fast etwas wehmütig zu mir gesagt: "Endlich mal jemand, der The Whispered World mag". Das Spiel wurde sehr von den anderen Adventures von Daedalic überstrahlt.
Nach mehreren Verschiebungen erschien 2016 der zweite Teil, allerdings unter dem Namen Silence, The Whispered World hatte er nur noch im Untertitel. Das war eines der letzten, klassischen Adventures von Daedalic. Da sich diese Art von Spiel nicht mehr gut genug verkauft, haben sie in der Folge allerhand ausprobierten, um neue Geschäftsfelder zu erschließen: Action-Adventure, Echtzeitstrategie, Rollenspielen. Aber am Ende alles ohne Erfolg, nach dem Flop eines gewissen Spiels mit Herr-der-Ringe-Lizenz schloss die Hamburger Firma 2023 ihre Entwicklungsabteilung und fungiert seitdem nur noch als Publisher für andere Entwickler.
Immerhin sind alle ihre Spiele weiterhin in digitaler Form erhältlich, dazu gehört auch The Whispered World. Auf Steam und GOG bekommt ihr die Special Edition, die außer besserer Unterstützung für höher aufgelöste Monitore durch Skalierung, Integration von Achievements und Entwicklerkommentar von Jan "Poki" Müller-Michaelis und Marco Hüllen keine Änderungen vorweist. Wer sich heute noch die traurig-schöne, geflüsterte Welt wagen will, kann das weiterhin tun.