Heute vor 25 Jahren: Pharao

Screenshot: Ausgebaute Stadt auf einer Insel im Nil in Pharao

Impressions Games hatte sich Ende der 90er vor allem mit der Caesar-Reihe einen Namen gemacht. Nach dessen dritten Teil verließen einige der führenden Köpfe das Studio, um Firefly Studios zu gründen, welche bis heute für die Stronghold-Serie bekannt sind. Es fiel dem verbliebenen Team und vor allem dem jungen Designer Chris Beatrice zu, weitere Spiele in diesem bereits sehr erfolgreich Genre zu entwickeln. Mit Pharao erschein am 30. November 1999 das bis heute beliebteste Spiel des Studios.

Wie im direkten Vorgänger gilt es, eine fluorierende Stadt aufzubauen. Hauptneuerung ist das Setting, statt dem antiken Rom geht es ins namensgebende Land der Pharaonen. Die Bevölkerung verlangt nach landestypischen Waren wie Bier, Leinen und Papyrus, Unterhaltung bieten Jonglierer und Musiker. Das System mit den Fußgängern, welche eure Bürger mit Waren und Dienstleistungen versorgen, blieb erhalten, die neue Straßensperre macht es aber einfacher, die ansonsten ziemlich erratischen Fußgänger zu leiten. Auch den Göttern will gehuldigt werden, wobei die Auswirkungen es zu lassen meist überschaubar sind. Sie sind allerdings durch viele Schreine, Tempel und regelmäßige Feste bereits so glücklich, dass sie eure Stadt mit allerhand Segen überschütten, was deren Bewohner glücklicher macht oder die Produktion weiter ankurbelt.

Der Nil spielt eine wichtige Rolle, die jährlichen Überschwemmungen machen Landwirtschaft in der Wüste erst möglich. Sind die Felder überflutet, arbeiten die Bauern an den bekannten Bauwerken wie Mastabas, Obelisken und natürlich den Pyramiden in mehreren Varianten. Das System mit den Anwerbern soll organischere Städte fördern, es lässt sich aber sehr einfach aushebeln, komplette Industriegebiete sind trotzdem möglich. Handel ist die wichtigste Geldquelle, verbündete Städte kaufen meine überschüssigen Waren per Land- oder Seeweg ab. Da vieles quasi unbegrenzt produziert werden kann, ist Geld meist kein großes Problem.

Das Spiel bietet 38 Szenarien, aufgeteilt in vier Kampagnen, die sich an die Einteilung in Zeitalter der Geschichte des Reichs am Nil halten. Sind die ersten Missionen noch recht einfach, müsst ihr schnell den immer höheren Ansprüchen des Pharaos gerecht werden. Ein guter Draht zu den Nachbarn ist ebenso wichtig, wie eine starke Wirtschaft. Obwohl es noch die Einteilung in Wirtschafts- und Militärmissionen gibt, schaden selbst in den friedlichen zumindest ein paar Truppen nicht, um Plünderer abzuhalten. Das Kampfsystem mit seinen einfachen Formationen mochte ich nie, dazu erscheinen die gegnerischen Truppen an zufälligen Stellen der Karte, Laden-Speicher-Orgien sind deshalb vorprogrammiert.

Die Neuerungen gegenüber dem direkten Vorgänger fallen überschaubar aus, mancher Spieleredakteur spottet gar, es sei nur ein Addon zu Caesar 3 mit anderem Skin. Und so ganz falsch ist das nicht, die kurze Entwicklungszeit war nur möglich, weil auf der Basis des Vorgängers aufgebaut wurde. Viele der Mechaniken sind sehr ähnlich, teils sind sogar noch dieselben Fehler enthalten. Das tat dem Erfolg des Spiels aber keinen Abbruch.

Ein Jahr später erschien mit Kleopatra – Königin des Nils ein Addon. Es fokussierte sich auf die letzten Jahre des Reichs am Nil, als die einst mächtige Nation nur noch Teil von größeren Reichen war. Es brachte neue Missionen mit zusätzlichen Waren, Gebäuden und Monumenten. Größte Neuerung waren die Plagen, die den Spieler heimsuchen konnten, entweder per Skript oder weil die Götter sehr zornig sind. Entwickelt wurde das Addon bei Breakaway Games, einem bis heute existierendem Support- und Serious-Games-Studio, mit dem Impressions noch weiter zusammenarbeiten sollte.

Impressions Games schloss seine Tore 2004, viele der Entwickler gingen schon vorher, um mit Tilted Mill ein neues Studio zu gründen. Ihr erstes Projekt war mit Immortal Cities – Kinder des Nils ein Nachfolger im Geiste zu Pharao. 2009 startete das Browser-Spiel Nile Online, das viele Mechaniken übernahm. Es wurde mittlerweile abgeschaltet, wen es interessiert, kann sich einige Impressionen und Einschätzungen von mir hier nachlesen: #1, #2. Danach wird die Nachrichtenlage sehr dünn, ob das Studio heute überhaupt noch existiert, kann ich nicht sagen. Zwar gibt es noch eine Webseite und eine offizielle Schließung gab es meines Wissens nach nie, aber auch seit fast einem Jahrzehnt keine neuen Nachrichten, von Spielen ganz zu schweigen. Chris Beatrice hat sich inzwischen aus der Spieleentwicklung zurückgezogen, heute illustriert er Kinderbücher, wie man seiner offiziellen Webseite entnehmen kann. Über die Jahre hat er hin und wieder Interviews gegeben, zuletzt zur Veröffentlichung des Remakes von Pharao, das in zwei Teilen auf Steam erschien. Einige Jahre vorher hatte Christian Burtchen den Designer ebenfalls zu seiner Tätigkeit befragt.

Auch wenn die Entwickler sich zerstreut haben, Pharao lebt bis heute weiter, vor allem durch die aktive Fanbasis. Das Spiel ist digital auf Steam und GOG verfügbar, zusammen mit dem Addon Kleopatra. Auf modernen Systemen empfehle ich das Tool "Pharaoh Resizer" um höhere Auflösungen zu ermöglichen, rate aber von allem über Full-HD (1920×1080) ab, weil dann Buttons, Gebäude und vor allem Einwohner sehr klein und entsprechend schwer anzuklicken werden. Die digital erhältlichen Versionen des Originals sind nur in englischer Sprache verfügbar.

Das seit 2023 erhältliche Remake mit dem Untertitel "A New Era" verfügt auch über deutsche Texte und Sprachausgabe, die direkt aus dem Original übernommen wurden. Entwickelt wurde es vom französischen Studio Triskell Interaktive, die vorher mit Lethis – Path of Progress ein Aufbauspiel ganz im Stil der Titel von Impressions veröffentlichten. Das Remake hält sich sehr nahe an das Original, sogar ein paar Eigenheiten wie die Forced-Walker-Technik sind möglich. Ein paar der Neuerungen sind aber umstritten, wie das deutlich entschlackte Kampfsystem. Meine eigene Einschätzung war deshalb nicht frei von Kritik. Das Original hat zahllose weitere Spiele inspiriert, das Genre der City-Builder ist heute lebendiger denn je.