Nach mehreren Verschiebungen erschien im März 2007 die lang erwartete Erweiterung Dragon Storm für SpellForce 2. Nicht nur durch die Verschiebungen stand das Spiel unter einem schlechten Stern, da Phenomic bereits von EA übernommen wurde. Technischer Support sollte es nur für schwerwiegende Bugs geben, aber wie weit hat sich das auf das Spiel selber ausgewirkt?
Technisch gab es keine Änderungen, es ist ja nur ein Add-On. Breitbildauflösung hat es nicht ins Spiel geschafft und auch ansonsten wurde nichts am bewährten, technischen Gerüst von SpellForce 2 verändert – im guten wie im schlechten. Die Einheiten und Charaktere waren immer noch sehr detailliert gestaltet und die Texturen sind scharf, dafür wirkt alles durch den Bloom weichgezeichnet. Allerdings wurde er deutlich dezenter eingesetzt als noch im Hauptspiel. Eine Sache sind aber die vorgerenderten Zwischensequenzen: Statt sie eigens zu erstellen wurde dafür die Spielengine verwendet, was sich an den kantigen Figuren zeigt. Zudem werden die Videos von einer enormen Blockbildung getrübt, welche wirklich schlimm aussieht. Zudem wurden im Intro einige Feuereffekte eingesetzt, welche aber geradezu lächerlich aussehen, selbst für 2007. Hier wurde wohl spart, leider an der an meiner Sicht falschen Stelle, da es sich nicht nur auf ein Intro und Outro beschränkt.
Auch an der Audio-Front gab es keine großen Veränderungen: die (buchstäblich) ausgezeichnete Musik von Dynamedion wurde um weitere, wiederum sehr passende Stücke erweitert. Die Sprecher sind auf gewohnt hohem Niveau, dieses mal wird der (neue) männliche Hauptcharakter von der deutschen Stimme von u.a. John C. McGinley vertont. Auch die andere Sprecher machen ihre Arbeit sehr gut und bekannte Charaktere behalten ihren Sprecher, zumindest die meisten. Fast schon eine Tradition, haben einige Charaktere neue Sprecher bekommen. Allerdings sind es nur ein paar Nebencharaktere, die nur kurze Auftritte haben.
Eines der Kernstücke des Spiels war die Story, jedes Spiel und Add-On bestach durch spannenden Geschichten, die jedes mal ein Thema hatte und diese auch sauber abgeschlossen hat. Auch hier gibt sich Dragon Storm keine Blöße, nachdem die Schatten die tragenden Rolle im Hauptspiel inne haben, übernehmen nun die Former diese Rolle. Diese mysteriöse Rasse, welche bislang nur als Legenden erwähnt wurde und quasi der Vorläufer zu den Lichtvölkern (Menschen, Elfen, Zwerge) darstellen, gelten zwar ausgestorben, was aber nicht heißt dass sie keine tragende Rolle übernehmen können. Zum ersten mal schließt die Geschichte direkt an einen Vorgänger an und nimmt viele Bezügen dazu. Einige Charaktere, wie z.b. Alya aus Shadow of the Phoenix, werden zumindest erwähnt, einen Auftritt haben aber die wenigsten. Zwar hat Shadow of the Phoenix bereits mit bekannten Charakteren eine Geschichte weiter erzählt, aber hatte kaum Bezüge zu den vorherigen Spielen und spielte in einer neuen Region. Nicht so das Add-On zum zweiten Teil.
Die Geschichte beginnt mit einem neuen Hauptcharakter, welcher wieder ein Shaikan und dieses mal ein ehemaliger Runenkrieger aus dem Konvokationskrieg ist. Er wurde zum Shaikan durch den Hauptcharakter des Hauptspiels, welcher zusammen mit seiner Gruppe verschwunden ist. Um ihn zu suchen schart der neue Avatar eine illustre Gruppe um sich: Als erstes schließen sich die beiden Halbelfen Wind und Whisper der Unternehmung an, gefolgt vom Richter Cain. Er ist einer der interessantesten Charaktere, mehr dazu später. Die Gruppe vervollständigen die Schwarzmagierin Yasha und der Schütze Mordecay, der bereits aus dem Grundspiel bekannt ist. Der Rest der Gruppe um den Hauptcharakter des Grundspiels wandelt unterdessen auf den Spuren der Former. Die Dunkelelfe Schattenlied schließt sich der Gruppe als temporärer Begleiter an.
Die Story beginnt ohne große Umschweife, nach einem kurzen Intro beginnt das Spiel auch schon. Ohne viel Erklärungen wird man ins Spiel geworfen, was man eigentlich für Ziele hat und worum es geht wird erst im Laufe des Spiels klar. In der Spielwelt geht es zunehmend chaotischer zu, da immer mehr Portale zwischen den Inseln versagen. Da sie von Rohen mit der Macht des Allfeuers, eine nicht ungefährliche Quelle für Magie die nicht das letzte mal erwähnt wird, geschaffen wurden und diese Quelle nicht mehr genutzt wird verfallen sie nach und nach. Das führt dazu, dass alle Fraktionen ums überleben kämpfen und vor allem die Versorgung ein großes Problem darstelle – landwirtschaftlich starke Inseln sind deshalb von Angriffen betroffen.
Auf der Schwimmenden Stadt gibt es einen Globus, welcher Details zu bisher unbekannten Regionen offenbart.
Meine 18 stündige Reise führte dieses mal über 11 Karten, wobei nicht alle neu sind, aber teils deutlich verändert: Wenn man nach einigen Spielstunden in Siebenburg eintrifft wird die Stadt von Truppen des Pakts belagert. Die Stadt ist schwer davon gezeichnet und die Beendigung der Belagerung ist die erste Aufgabe. Da Lebensmitte knapp sind muss man welche beschaffen, um seine Gruppe mit Truppen des Bundes zu verstärken. Weitere Stationen sind die von Clantruppen belagerte Stadt Alluvyan, die Dunkelelfen Festung Dargh’Lur, der nun als Geisterwacht bekannte ehemaliger Formerhafen und eine Zitadelle getaufte Stadt der Former. Eine besondere Karte ist die schwimmende Stadt, welche ein gigantische Schiff der Former darstellt und zu unterschiedlichen Karte gesteuert werden kann, um das Problem mit den Portalen zu umgehen. Sie ist vom graphischen Stil her komplett anders gestaltet und biete eine willkommene Abwechslung. Sie birgt auch einige Geheimnisse, welche erst nach und nach erschlossen werden müssen. Alles in einem kommt die Geschichte nicht ganz auf das hohe Niveau des Hauptspiels, aber sehr nahe und weit besser als viele andere Spiele. Vieles ist wieder sehr durchdacht und man erkennt erst auf den zweiten Blick den tieferen Sinn einiger Details.
Aber was wäre eine gute Geschichte wenn sie nicht in ebenso gute Quests verpackt wäre? Auch hier schließt Dragon Storm nahtlos an das Grundspiel an. Die Haupt- und Nebenquests sind wieder sehr abwechslungsreich und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet. Auch die Nebenquests sind schön gemacht und behandeln abwechslungsreichere Themen als das Grundspiel. Neben den normal gefundenen bringt nun jedes Gruppenmitglied eine eigene Questreihe mit. Das klare Highlight sind die Quests von Caine: Wie schon weiter oben erwähnt bezeichnet er selbst sich als Richter. Er nimmt sich Menschen an, welche einen Pakt mit Dämonen geschlossen haben und nun nicht den Preis dafür zahlen wollen. Da sie sich an Orten aufhalten, welche für Kreaturen des Abgrunds nicht erreichbar sind oder sich mit speziellen Gegenständen schützen, muss die Aufgabe ein Mensch übernehmen. Damit er nicht nur ein besinnungsloser Mörder ist, schaut er sich erst die Umstände an, bevor er sein Urteil fällt. Da der Hauptcharakter das erst nicht nachvollziehen kann schlägt Caine vor, er soll ich einiger Urteile annehmen. Diese Quests bestehen zuerst aus dem auffinden der Zielperson und der Recherche. Dann kann man sein Urteil fällen, indem man die Person verschont oder Caine seine Aufgabe vollenden lässt. Diese Quests bringen erstmals moralische Entscheidungen ins Spiel, auch wenn sie keine Auswirkung auf den Spielverlauf haben.
Das Leveldesign ist auch auf dem gewohnt hohen Niveau des Grundspiels. Die Karten sind wieder sehr groß, der aus dem ersten Teil noch bekannte Leerlauf hält sich aber in Grenzen, da die Levels sehr geschickt und mit vielen Details gestaltet sind. Die Karten komplett zu erkunden lohnt sich wieder, da man einige Nebenquests oder Gegenstände für selbige nicht unbedingt in Verlauf der Hauptquests findet. Eine Neuerung gibt es in Form einer Karte, welche aus kleinen Inseln besteht und nur mit Flugeinheiten und Reisesteinen bewältigt werden kann. Diese spielt sich aber ungewöhnlich zäh, darauf hätten sie aus meiner Sicht verzichten können.
An der spielerischen Front gibt es Neuerungen: Die Shaikan sind nun als eigene Fraktion spielbar. Sie werden von den Eisernen, die ein unerwartetes Comeback feiern (aber optisch deutlich anders und meiner Meinung nach klar schlechter aussehen) sowie den Drachen unterstützt. Im Unterschied zu den bisherigen Völkern verfügen sie über ein Umfangreiches Upgrade-System: Für jede Einheiten stehen zwei Upgrades zur Verfügung, welche die Ausrichtung der Einheit ändern. Ein Beispiel: Die Klingenmeister, Nahkampfinfanterie der Shaikan, kann entweder mit stärkeren Waffen und damit für mehr Schaden, oder mit einer Einhandwaffe und Schild ausgerüstet werden, wodurch sie mehr Schaden aushalten. Beide Upgrades können erforscht werden, sind aber relativ teuer und das jeweils zweite ersetzt das erste. Zudem haben sie, ganz in der Tradition des ersten Spiels, keine Auswirkung auf bereits produzierte Einheiten, sie sollten also zuerst erforscht werden. Im Spiel selber haben sie aber nur marginale Auswirkungen, zumindest auf dem Normalen Schwierigkeitsgrad entscheidet mehr die Masse an Einheiten und eine ausgewogene Kombination.
Auch am Rollenspielystem gibt es Neuerungen: Die Shaikan bringen auch einen eigenen Talentbaum mit, welcher sich in Kampf- und Magie aufteilt, wobei letztere den von anderen Völkern verachtete Zweig der Blutmagie enthält. Die neuen Talente erweitern das System sinnvoll und man ist nun weniger gezwungen, Talente zu wählen, welche man eigentlich gar nicht will. Ein Krieger kann nun mit Shaikan-Kampf-Talenten ausgestattet werden, statt (schwache) Magie wirken zu können, selbe gilt für Magier. Die Jagd nach Gegenständen stand zwar nie im Fokus des Spiels, neu im zweiten Teil sind aber die Setgegenstände, welche besondere Boni bieten, wenn man mehrere Teile davon gefunden hat. Teilweise findet man sie im Verlauf der Kampagne, andere im Freien Spiel, welches parallel gespielt werden kann. Um wegen der gesunkenen Zahl an Karten trotzdem das Maximale Level von 30 zu erreichen, startet der Avatar bereits auf Stufe 10.
Unverändert dagegen das Interface: es sieht noch genauso aus und das bewährte Click&Fight System spielt seine Stärken in großen Schlachte aus. Leider sind die Icons immer noch sehr groß und so gut sie dadurch zu treffen sind, überdecken sie auch mal die Schlacht. Beim Thema überdecken fallen mir noch die großen Tore ein, welche in Shadow Wars gerne platziert wurden und die Sicht verdeckten: diese sind wieder dabei, wenn auch weniger oft als im Grundspiel, aber genauso störend. Ein großen Schlachte kann es zudem schon mal unübersichtlich werden und da die Steuerung nicht so direkt ist wie ich sie gerne hätte (und aus Spielen wie StarCraft kenne) ist feines Micromanagement nicht möglich, aber auch selten nötig. Auch am Schwierigkeitsgrad hat sich wenig getan, gefühlt ist das Add-On auf Normal genauso schwer wie das Grundspiel – für mich also tendenziell etwas zu leicht.
Fazit: Dragon Storm ist eine gelungene Erweiterung für ein schon sehr gutes Spiel. Es erbt die Stärken des Grundspiels und merzt einige der Schwächen auch, leider nicht alle. Die Spielzeit fällt mit 18 Stunden deutlich kürze aus als das Hauptspiel, ist dafür genauso gut mit Inhalt gefüllt. Fehler sind mir im Verlauf keine aufgefallen, ein grober mit der Kamera wurde mit einem Patch behoben. Deshalb sollte Dragon Storm für jeden Fan von SpellForce 2 mehr als nur ein Blick wert sein.