Videospiele gibt es mittlerweile in viele Größenordnungen: die großen AAA-Blockbuster, vollgestopft mit der neuesten Technik und Features, entwickelt mit Budgets im zweistellingen Millionenbereich und nochmal die selbe Summe für Werbung drauf. Eine Mittelschicht scheint es aktuell nur in sehr schmalem Umfang zu geben, dafür am andeern Ende viele kleine Indepentend-Entwickler, oft alleine oder in kleinen Teams, die mit sehr kleinen Budgets ihre Spiele entwickeln. Für die neueste Technik und ausufernde Features-Listen ist da kein Platz und oft entstehen so richtige Perlen, z.b. Bastion. Aber auf jedes gute Indie-Spiel kommen zich schlechte, ich weiß nicht wie viele 8-bit-Style Plattformer es gibt die aber kompletter Mist sind. Hier hab ich nun aber eines, was kein Mist ist: 6180 The Moon vom koreanischne Zwei-Mann Studio Turtle Cream.
Kleine Randnotiz: Seit einiger Zeit gibt es auf Steam die Exploration-Funktion, wodurch man neue Spiele passend zum eigenen Geschmack entdecken soll. Mir wird da aber nur der übliche AAA-Kram vorgeschlagen mit Argumente wie „its popular“, „its on sale“ oder „its new“ – und dann kamen Sachen wie Assassin’s Creed, FarCry oder Call of Duty, neben den gefühlten Millionen von OpenWorld-Zombie-Survival-Sandbox-RetroGFX-Roguelikes. Ein wenig besser könnte die Heuristik meiner Meinung nach schon arbeiten, mir wurde aber auch schon gesagt dass ich dafür wohl zu gut informiert bin. Gestoßen bin ich auf das Spiel durch YouTuber TotalBiscuit.
Als erstes fällt natürlich die sehr einfach Optik des Spiels auf: ein dunkler Hintergrund, die leuchtende Kugel und ein paar leicht schimmernde Kanten, welche die Plattformen bilden, dazu einige andere Objekte wie Stacheln, welche man tunlichst fern bleiben sollte sowie Barrieren und andere einfache Formen, welche wieder als Plattformen fungieren. Generell: den hell leuchtenden lieber fern bleiben, die sind tendenziell gefährlicher, vor allem wenn es keine ausgefüllten Teile sind. Ein paar kleine, unterschiedliche stark leuchtende Pixel im Hintergrund bilde die Sterne – und das war es auch schon. Die Soundeffekte fallen in die selbe Kathegorie: nicht auffällig und erfüllen ihren Zweck. Mehr braucht es aber nicht, der Stil erzeugt vor allem in Kombination mit dem Ambient-Soundtrack die richtige Atmosphäre: ein ruhiges, fast schon meditatives Spiel. Einschlafen sollte man aber nicht, es spielt sich nicht von selbst.
Im Kern ist das Spiel ein Plattformer: vom Startpunkt gilt es, das Ende zu erreichen, welches durch einen Kreis markiert ist, der getroffen werden muss. Es gibt kein Zeitlimit und keine Leben, jedes Level ist sehr kurz aber kann durchaus etwas dauern bis man den Dreh raus hat. Ein Tutorial gibt es nicht, man wird ohne Erklärung in das Spiel geworfen – da es aber bei weitem kein Komplexitätsmonster ist und es nur sehr wenige Aktionen gibt findet man schnell heraus was man machen muss und welche Objekte zu welcher Interaktion führen. Die Kontrolle über die leuchtende Kugel, welche den Mond darstellen soll (ja, man spiel den Mond, mehr dazu später), ist sehr präzise, aber man hat eine feste Sprunghöhe. Ein Problem ist das nicht, wegen des neuen Features: man kann nicht nach unten fallen. Also, eigentlich schon – aber man erscheint wieder am oberen Rand mit der selben Geschwindigkeit und Winkel. Man muss es sich wohl so vorstellen wie wenn die 2D-Spielwelt an den Rändern oben und unten zusammengeklebt ist und einen Zylinder ergibt. Alle Levels im Spiel sind um dieses Feature herum gebaut, mit dem Wissen aus anderen Plattformern kommt man nicht weit.
Weitere Mechaniken werden im Verlauf des Spiels eingeführt, z.b. Blöcke die nach der ersten Berührung zerspringen oder sich bewegende Sterne, die man nicht berühren sollte. Auch ohne Abgründe stirbt man sehr schnell, das richtige Timing ist sehr wichtig, da man nach dem Absprung nur noch wenig Kontroller über die Spielfigur hat. Hat man den Dreh aber erst mal raus kann es schnell gehen, jedes Level lässt sich in Sekunden durchspielen, sofern alles perfekt läuft. Die Motivation greift hier durch das Stückweise vorankomme und die bekannten „noch einen Versuch“-Spirale. Trotzdem: nach nur zweieinhalb Stunden habe ich das Ende das Spiels erreicht, eine Motivation danach besteht nur noch, alle Level perfekt zu meistern – da keine Uhr mit läuft ist da eher nicht so praktikabel. Dazu kommt dass die 100 Levels zur Hälfte aus gespiegelten Versionen älterer bestehen mit umgekehrter Schwerkraft – das ändert zwar die Dynamik der Levels etwas, die meisten Vorgehen lassen sich aber übertragen.
Eine kleine Geschichte erzählt das Spiel auch, es hat seinen Grund warum man den Mond spielt: dieser ist Verzweifelt da die Sonne weg ist und macht sich auf die Suche nach ihr. Auf seinem Weg über die inneren Planeten des Sonnensystems (Erde, Venus, Merkur – sie unterscheiden sich durch die eingeführten Spielmechaniken und der Farbton des Hintergrundes) kommt es auch zu kleinen Dialogen mit manchmal etwas komischen Englisch, wahrscheinlich der Nationalität der Entwickler geschuldet. Jeder Planet hat eine andere Persönlichkeit, die Venus kommt eher Arrogant rüber während dem Merkur alles eher egal ist und in Ruhe gelassen werden will. Hat man die Sonne gefunden macht man sich auf den Weg wieder zurück, dann beginnen die angesprochenen gespiegelten Levels. Die Story hat einen leicht esotherischen Touch, der hält sich aber in Grenzen und man kann sich auch ignorieren – mich haben die Dialoge mehr verwirrt, was aber auch am schlechten Englisch liegen kann.
Fazit: 6180 The Moon lässt sich mit nur wenigen Worten beschreiben: ein Platformer, eine neue Idee und die perfekt umgesetzt. Die Grafik mag einfach sein, erfüllt aber ihren Zweckt und passt zum Setting des Spiels. Die Steuerung ist tadellos, sowohl mit Tastatur als auch mit Gamepad, der Sound passend und die Musik großartig. Es ist nur etwas kurz geraten, gerade wenn man die Mechanik verinnerlicht hat kommt man sehr schnell durch die Levels. Trotzdem: klare Empfehlung für Platform-Freunde.