Review: Age of Empires 2: Definitive Edition – Chronicles: Battle for Greece

Screenshot: Große Schlachtszene aus Age of Empires 2: Definitive Edition - Chronicles: Battle for Greece

Age of Empires 2. Muss ich dazu noch was sagen? Eines meiner absoluten Lieblingsspiele, mittlerweile über 25 Jahre auf dem Buckel und mit dem vor fünf Jahren erschienen Remaster immer noch aktuell. An manchen Stellen etwas altmodisch, aber das hält mich nicht davon ab, es immer noch gerne zu spielen.

Als historische Epoche war das Spiel immer auf das Mittelalter festgelegt. Zwar gab es 2023 den DLC Return of Rome, aber im Endeffekt hat er das Gameplay des ersten Teils als eine Art Mod in die Engine des Remasters des zweiten portiert. Entsprechend wurden seine Inhalte separat gehandhabt. Der DLC kam nicht gut an, das Gameplay von Ensemble Studios Erstling ist dann wohl doch zu ungeschliffen im Vergleich zum Nachfolger. Wer sich dafür gar nicht interessiert, bekam auch nicht viel. Entsprechend hatte ich nicht damit gerechnet, dass das Franchise so schnell nochmal in die von mir favorisierte Antike zurück geht. Aber schon öfter haben mich die Entwickler überrascht.

Unter dem Namen Chronicles soll eine ganze Reihe von DLCs erscheinen, die einiges anders machen wollen. Der erste Teil trägt den Titel Battle for Greece und versetzt das Setting in die Antike, genauer gesagt dreht sich alles um die militärischen Konflikte zwischen 500 und 400 vor Chr. im Gebiet der griechischen Halbinsel, Kleinasien und dem Meer dazwischen. Statt mehrerer unabhängiger Kampagnen gibt es eine große mit mehr Missionen. Entwickelt wurde der DLC vom Team von CaptureAge, einem Tool, um das Zuschauen und Kommentieren von Multiplayer-Matches zu verbessert und auch in anderen Teilen der Serie zum Einsatz kommt. Soweit ich weiß, haben die Entwickler davor keine eigene Inhalte produziert. Ein neues Team kann für frischen Wind sorgen, dazu haben sie sich Unterstützung von Entwicklern der populären Mod Romae ad Bellum geholt. Für dieses Review habe ich die großen Kampagne sowie etwas im Skirmish gespielt. Multiplayer wäre verfügbar, separat zum Hauptspiel (und Return of Rome), aber da der nie mein Fokus war, habe ich ihn ausgelassen. Ich weiß, dass es eigentlich auch noch eine ganze Wagenladung weiterer DLCs zum Spiel gibt und der Nachschub auch nicht nachlässt. Mit seinem Setting hat mich dieser hier aber besonders gereizt, zudem hatte ich über den Jahreswechseln etwas Zeit, um vor allem die Kampagne zu spielen.

Inhalt

Unverwüstlich: die Technik

Screenshot: Das Spiel simuliert Nacht wahrscheinlich mit einem einfachen Filter, der in Ordnung aussieht
Das Spiel simuliert Nacht wahrscheinlich mit einem einfachen Filter, der in Ordnung aussieht

Technisch steckt unter allem immer noch die alte Genie Engine, wobei bereits in Age of Empires 2 eine erweiterte Version im Vergleich zum Erstling ihren Dienst tat. Viel dürfte vom Original-Code nicht mehr übrig sein, zumindest wenn man aus dem Gameplay-Kern heraus in Richtung Oberfläche geht. Schon das Remaster brachte Grafikeffekte wie Bloom mit sich, welche über das Bild gelegt wurden. Battle for Greece baut das noch aus.

So gibt es in einigen Missionen einen simulierten Tag- und Nachtwechseln, welcher wahrscheinlich mit einem einfachen Filter realisiert wurde, der nachträglich über das Bild gerechnet wird. Zumindest ähnelt er den schlechten Nachtfiltern, die manche TV-Serien und Filme mittlerweile nutzen. Hier sieht er ganz ordentlich aus. Andere Effekte wie Rauch in brennenden Straßen fand ich besser umgesetzt. Aber man merkt der Grafik an, dass hier keine 3D-Engine mit dynamischen Lichtern am Werk ist. Dadurch wirkt das Bild immer etwas statisch, was vor allem in der Nacht auffällt.

Den Detailgrad der Karten haben die Entwickler erneut nach oben geschraubt, so viele Verzierungen wie kleine Bäume, Steine und ähnliches dürfte es in keinem offiziellen Content für Age of Empires 2 geben. Ich habe aber den Eindruck, dass die Wegfindung darunter leidet. Ich weiß, das ist ein Dauerthema, bisher ist es mir aber nur selten negativ aufgefallen. Hier ist es mir aber öfters passiert, dass Einheitengruppen an Verzierungen hängen bleiben oder schlecht durch enge Wege zwischen Klippen navigieren.

An der Audio-Front gibt es wenig neues, die Einheiten haben wie für das Spiel üblich eigene Sprecher mit landestypischen Phrasen bekommen. Dazu hat jedes der drei neuen Völker einen eigenen Jingle bekommen, was zu Beginn einer Partie abgespielt wird und recht lang ausfällt. Neue Musik konnte ich nicht entdecken, aber es werden in der Kampagne oft Tracks aus dem Remaster des ersten Teils verwendet, die passen stilistisch besser als die des mittelalterlichen Nachfolgers. Im Skirmish laufen aber nur die alten Stücke. Irgendwie schade, dass gar keine neue Musik dabei zu sein scheint. Die Vertonung der Kampagne bespreche ich im entsprechenden Abschnitt.

Details und Komplexität: das Gameplay

Screenshot: Auren gibt es schon länger im Spiel, seit kurzem werden sie auch dargestellt. Battle for Greece macht davon ausgiebig gebrauch.
Auren gibt es schon länger im Spiel, seit kurzem werden sie auch dargestellt. Battle for Greece macht davon ausgiebig gebrauch.

Bei den Neuerungen am Gameplay wurde die Komplexitätsschraube ein Stück nach oben gedreht. Zwar basiert alles auf den bewährten Systemen von Age of Empires 2, aber es wurde einiges hinzugefügt. Zum einen bei den drei neuen Zivilisationen, vor allem aber bei der stark überarbeiteten Seefahrt. Eine große Inspiration war die Romae ad Bellum (Rome at War) Mod, von der einige der Neuerungen stammen. Die Mod hat noch deutlich mehr neue Features, hier wurden scheinbar nur die besten Ideen übernommen. Ich habe sie aber vor einiger Zeit nur kurz ausprobiert, vielleicht widme ich mich ihr ein anderes Mal ausführlicher.

Nicht ganz so neu sind Aura-Effekte, welche schon in vorherigen DLCs zum Einsatz kamen. Neu ist mir zumindest, dass sie nun besser angezeigt werden: Zum einen zeigen selektierte Einheiten einen entsprechenden Radius, zum anderen wird im HUD (zumindest mit eingeschalteten erweiterten Infos) die Anzahl an Einheiten angezeigt, die von der Aura gestärkt werden – gut um abzuschätzen, welche Einheit davon profitiert oder ob es zu viele Überlappungen gibt.

1000 Jahre zurück

Durch die große Verschiebung des Settings sind einige Änderungen am Technologiebaum nötig. Age of Empires 2 bildet grob den Zeitraum von etwa 500 nach Chr. bis um 1300 nach Chr. ab, ungefähr vom Ende der Antike bis zum Beginn der Renaissance – also das, was wir heute gemeinhin als Mittelalter bezeichnen. Battle for Greece geht gut 1000 Jahre in der Zeit zurück, seine Kampagne umfasst den Zeitraum von 500 vor Chr. bis 404 vor Chr. Entsprechend sind hier Ritter, Triboke und Kanonen fehl am Platz. Um die Balance nicht zu gefährden, haben die Entwickler nicht alles umgeschmissen, sondern für alle Einheiten neue Modelle gebaut. Sie sehen optisch anders aus, funktionieren aber noch genauso, ähnlich wie die bereits länger erhältlichen Skins. Der ikonische Tribok wird durch eine große Balliste mit der Bezeichnung "Palintonon" ersetzt, funktionieren aber identisch und verschießen sogar dieselben Projektile in einem verdächtig ähnlichen Bogen. Der Gastraphetes ersetzt den Handkanonier, beide sind Spezialisten in der Bekämpfung von Infanterie. Fast alle Einheiten und viele Technologien wurden umbenannt und teils mit neuen Grafiken versehen, aber spielerisch ändert sich nichts. Die Belagerungskanone ist eine der wenigen Einheiten, die ersatzlos gestrichen wurde, aber die haben auch im Grundspiel nicht alle Parteien. Neu sind die zur Epoche passenden Hopliten und Streitwagen. Diese nur relativ geringen Änderungen ermögliche es, dass alte und neue Völker zusammenspielen können, aber ähnlich wie in Return of Rome als vom Hauptspiel getrennter Modus.

Neue Seefahrt

Screenshot: Durch die wasserreiche Umgebung in der Ägäis sind Seeschlachten ein wichtiger Teil des Spiels
Durch die wasserreiche Umgebung in der Ägäis sind Seeschlachten ein wichtiger Teil des Spiels

Die größte Neuerung betrifft die Seefahrt, ein vielleicht nicht ganz so beliebtes, aber prägendes Feature von jedem Age-of-Empires-Spiel. Bisher wurde alles im Hafen produziert und erforscht, nun gibt es zwei Gebäude: Im neuen Hafen (im englischen Port statt Dock, im deutschen wird derselbe Begriff verwendet) werden die bereits bekannten Fischerboote, Handelsschiffe und Transportschiffe produziert. Zudem mit dem Lembos auch ein einfaches Kriegsschiff mit kurzer Reichweite, damit man im Notfall nicht komplett wehrlos ist. Upgrades, die diesen und teils allen Schiffen zu Teil werden, wie verbesserte Panzerung oder der Schiffbauer, werden hier erforscht. Ebenfalls ist nur dieses Gebäude Ziel für Handelsschiffe. Die sind wie die Handelskarren zu Land mittlerweile etwas intelligenter und suchen automatisch die weiteste Distanz zwischen Häfen, damit sie mehr Gold generieren. Dieses Verhalten ist nicht ganz neu, es kam mit einem der vergangenen Patches für das Grundspiel dazu. Ebenfalls geben nur am Hafen Fischerboote ihre Ladung ab, die neben Nahrung nun auch Gold sein kann, das an Muscheln gesammelt wird, welche auf flachem Wasser platziert sein können. Die Kampagnen-Karten machen davon ausgiebig gebrauch, im Skirmish sind sie mir noch nicht untergekommen.

In der Werft (engl. Shipyard) werden ausschließlich militärischen Schiffe produziert, wie die ikonischen Triremen und Galeeren. Die Trireme ist ein Nahkampfschiff, was es erstmalig so im Spiel gibt und den ansonsten ausschließlich auf Distanz geführten Seeschlachten eine gänzlich neue Komponente hinzufügt. Galeeren funktionieren wie gewohnt als universelle Fernkampf-Schiffe mit mittlerer Reichweite. Sprengboote nehmen den Platz des Branders ein, da ich mit ihnen nie wirklich gut war, habe ich sie selten eingesetzt. Sie scheinen aber noch genauso zu funktionieren. Dazu gibt es Katapultschiffe und den Leviathan als schwimmenden Belagerungsmaschinen.

Mein Eindruck ist, dass eine gute Mischung von Schiffstypen wichtiger ist als im Grundspiel. Dort reicht es meist, vor allem auf Galeeren und ein paar Feuerschiffe zu setzten, zumindest gegen die KI. Damit komme ich hier nicht mehr weit, dafür kontern sich die Schiffstypen zu stark. Es kann aber auch sein, dass die Entwickler der KI gleich noch eine Generalüberholung spendiert haben, damit sie ihre Schiffe besser handhabt. Oder in der Kampagne mit Skripten nachgeholfen haben.

Ich mag die neue Aufteilung zwischen zivilen und militärischen Hafen, dadurch werden die Menüs übersichtlicher. Ich habe öfters gehört, dass einige Spieler nicht die "zweite Seite" des Hafens im Menü gefunden haben und entsprechend nie Brander und Feuerschiffe gebaut haben. Ich kannte sie, aber ja, es war schon etwas umständlich. Auch dass das Upgrade für die Galeeren die kleinen Varianten der anderen Schiffe mit upgradet, was mit der HD-Version von Age of Empires 2 von 2013 dazu kam, ist nur bedingt nachvollziehbar. Nicht dass es davon nicht noch genug gibt, viele Einheiten haben versteckte Boni, die überhaupt nicht intuitiv sind. Aber das scheint mir eine Maßnahme zu sein, die ansonsten eher unbeliebten Wasser-Karten für Einsteiger und weniger ambitionierte Spieler zugänglicher zu machen. Deshalb gab es schon Gerüchte, dass das hier ein Test-Ballon für das Hauptspiel ist. Ob es so kommen wird, steht zumindest aktuell noch in den Sternen. Es würde aber einiges verändern, was viele alt-eingesessene Spieler meiner Erfahrung nach aus Prinzip nicht mögen.

Drei Feinde müsst ihr sein

Screenshot: Die Achämeniden bringen ein neues Architekturset mit, das sich wirklich sehen lassen kann
Die Achämeniden bringen ein neues Architekturset mit, das sich wirklich sehen lassen kann

Zusätzlich zu den Änderungen am Technologiebaum unterscheiden sich die drei neuen Zivilisationen untereinander auch noch an einigen Dingen. Wie gewohnt haben alle eine Spezialeinheit in der Burg sowie im dritten und vierten Zeitalter eine Spezialtechnologien. Neu ist bei Letzteren, dass ich jeweils die Wahl aus zwei habe, die sich aber gegenseitig ausschließen. Ergo: habe ich eine gewählt, wird die andere deaktiviert. Das klingt wie eine interessante Wahl, aber meist wird sie eher von der Umgebung diktiert: Spiele ich auf einer Karte mit viel Wasser, werden ich eher das Upgrade für meine Schiffe statt für Infanterie wählen, auf einer reinen Landkarte eher andersherum. Das nimmt der Wahl etwas ihre Tragweite. Ansonsten haben sie ähnliche Unterschiede wie die Völker des Grundspiels, einige Einheiten und Technologien sind entsprechend ihrer Ausrichtung nicht verfügbar, dazu komme Volks- und Team-Boni, davon aber weniger als im Hauptspiel.

Die neuen Einheiten stehen nicht allen zur Verfügung: Die Völker aus Griechenland können Hopliten als zusätzliche Infanterieeinheit ins Feld führen. Um ihrer historischen Rolle und Kampfdoktrin in engen Formationen zu Kämpfen gerecht zu werden, stärken sie gegenseitig ihre Verteidigung. Im Gegenzug bekommen die aus Kleinasien stammende Achämeniden den Streitwagen, der gegen Infanterie Boni erhält.

Die Achämeniden setzten vor allem auf Kavallerie. Ihre Spezialeinheit ist der Unsterbliche, eine Infanterieeinheit, die ähnlich wie die Rathas der Bengalen zwischen einem Nah- und Fernkampf-Modus wechseln kann. Ihre Auswahl an Infanterie ist ansonsten eher bescheiden, die Bogenschützen und Seestreitkräfte gehen in Ordnung.
Ihr große Besonderheit ist, dass sie ihre Dorfzentren in drei Richtungen upgraden können: Wirtschafts-Fokus sorgt für schnellere Dorfbewohnerproduktion und effizienteren Ressourcenabbau in der näheren Umgebung, und dürfte die meistgewählte Option sein. Der Fokus auf Militär steigert die Produktion von Kasernen, Schießanlagen und Ställen innerhalb eines gewissen Radius, während Defensive das Dorfzentrum widerstandsfähiger gegen Angriffe macht und eigene Militäreinheiten in der Nähe stärkt. Die letzten beiden habe ich eher selten genutzt, weil das Dorfzentrum klassischerweise eher zur Stärkung der Wirtschaft dient; der Wirkungskreis ist zudem recht klein. Die Wahl ist für jedes Dorfzentrum endgültig, kostet Ressourcen und als Technologie blockiert sie die Erschaffung von Dorfbewohnern.

Screenshot: Die Kampagne inszeniert große Schlachten
Die Kampagne inszeniert große Schlachten

Die Athener setzten auf starke Infanterie und Seefahrt. Ihre Bogenschützen sind gut, die Kavallerie dagegen fast schon lächerlich schlecht. Ihre Spezialeinheit ist der Strategos, eine Nahkampf-Infanterie-Einheit, welche andere Einheiten in der Umgebung stärkt. In ihrem Dorfzentrum können sie einen Politikstil einstellen: Sie können die Arbeitsrate von Dorfbewohnern erhöhen, oder die Produktionsgeschwindigkeit von Land- oder See-Einheiten ankurbeln. Die Änderung ist global, kann jederzeit geändert werden, aber kostet mit jedem Mal mehr Gold, bis zu einem Maximum von 150.

Das Heer der Spartaner besteht optimalerweise vor allem aus Infanterie, hier können sie selbst die bereits starken Athener übertrumpfen. Ihre Kavallerie und Bogenschützen sind arg limitiert, speziell im vierten Zeitalter. Ihre Möglichkeiten zur See gehen dagegen in Ordnung. Ihre Spezialeinheit ist der Hippeus, eine kräftige Infanterieeinheit. Daneben wird beim ersten und zweiten Zeitalteraufstieg vom ersten Dorfzentrum kostenlos ein Polemarchos erschaffen, ebenfalls eine Nahkampf-Infanterie-Einheit, welche verbündete Einheiten in der Nähe stärkt. Mehr wie zwei können nie gleichzeitig existieren, gefallene kann ich kostenlos im Dorfzentrum nachproduzieren, es kostet nur etwas Zeit.

Die große Kampagne

Screenshot: Die Monologe in den Missionen versprühen teilweise ganz schön viel Pathos
Die Monologe in den Missionen versprühen teilweise ganz schön viel Pathos

Herzstück des DLC ist die "Große Kampagne". Sie umfasst 21 Missionen, welche nacheinander freigespielt werden müssen. Im Prinzip könnte man sie auch in drei Teile spalten, sie umfasst die über ein Jahrhundert dauernden Konflikte zwischen Griechen und Persern, beginnend mit dem Ionischer Aufstand gespielt aus Sicht der Achämeniden. Für die direkt daran anschließenden Ersten und zweiten Perserkriege wechselt die Perspektive zu den Athenern. Den Abschluss bildet der Peloponnesische Krieg, der wiederum direkt an den vorherigen anknüpft und hier von Seiten Spartas erzählt wird. Ich brauchte gut 15 Stunden, um die Kampagne einmal durchzuspielen, wobei ich wegen des von mir gewählten niedrigen Schwierigkeitsgrades jede Mission im ersten Anlauf schaffte. Die Struktur der Kampagne erinnert mich an die aus WarCraft 3 oder Age of Mythology: Ich spiele eine durchgängige Geschichte, wechsle aber mehrfach die Seiten.

Die Missionen sind von historischen Schlachten inspiriert, teils zeichnen sie ungewöhnliche Schlachtverläufe recht akkurat nach, wie die Belagerung von Syracuse (im heutigen Sizilien). Alles natürlich mit gewissen Freiheiten, wir sind hier nicht im Geschichtsunterricht. Zumal die Lage bei historisch gesicherten Fakten in der Antike nochmal deutlich schlechter aussieht als im Mittelalter, weil weniger erhalten blieb. Im diesem Fall stammen fast alle Aufzeichnungen von den Athenern, die Achämeniden haben dazu keine angelegt und von den Spartanern ist auch nichts überliefert. So einseitige Aufzeichnungen neigen gerne dazu, die eigene Leistung zu überhöhen und mit geschönten Informationen sich selbst besser dastehen zu lassen – schließlich schreibt meist der Sieger die Geschichte. Die Entwickler der Kampagne haben aus meiner Sicht aber einen guten Job gemacht, das zu vermeiden und nicht einseitig in eine Richtung zu drehen. Klar wurde auch einiges dazuerfunden und der ein oder anderen Monolog eines historischen Charakters enthält sehr viel Pathos. Ich habe sowohl die deutsche als auch die englische Version ausprobiert, beide haben sehr passenden Sprecher gewählt. Stilistisch passen sie zu den pathetischen Texten und sind immer an der Grenze zum Overacting, aber ich finde, das ist alles noch im Rahmen. Letztendlich dient es primär der Unterhaltung.

Screenshot: Die Zwischensequenzen von griechischer Seite sehen aus wie Abbildungen auf antiken Vasen
Die Zwischensequenzen von griechischer Seite sehen aus wie Abbildungen auf antiken Vasen

Zwischen den Missionen wird die Geschichte über vorgerenderte Videos vorangetrieben. Der Look ist historischen Zeugnissen nachempfunden, auf Seiten der Achämeniden sehen sie aus wie Steinreliefs, bei den Griechen wie antike Vasen-Kunst. Die Proportionen, Mimik und Gestik sind über-stilisiert, aber gehen in Ordnung. Weniger gut fand ich, dass alle deutlich sichtbare Treppenstufen an vielen Kanten zeigen. Die Videos sind nur in FullHD-Auflösung gerendert (1920×1080), selbst ohne Skalierung sieht man die Artefakte deutlich (sie liegen einfach so im Daten-Ordner rum, einfach mal nach dem Größten suchen). Dazu treibt eine Erzählerin die Geschichte voran. Ich fand die deutsche Sprecherin besser, weil sie mehr Emotionen rüberbringt als ihr Gegenstück auf Englisch, die etwas unterkühlt und distanziert wirkt. Das ist eines der wenigen Male, wo ich die Original-Version nicht der Synchronisation in meiner Muttersprache bevorzuge.

Bei den Missionen haben die Designer aus dem Vollen geschöpft, hier wird vor allem Abwechslung großgeschrieben. Es kommen wahrscheinlich viele Trigger zum Einsatz, es gibt viele dynamische Ereignisse in den Missionen. Zwar sind alle mehr oder weniger stark an historische Schlachten angelehnt und orientieren sich beim Ablauf auch daran, aber lassen mir doch einige Freiheiten. Wegen dem Setting in der Ägäis gibt es viele Wasser- und Hybrid-Karten, das neue System zur Seefahrt kommt hier voll zum Tragen. Dazu gibt es einen guten Mix aus Aufbau-, Kommando- und Hybrid-Missionen, mit einem leichten Überhang zu den ersten. Die Karten sind groß, meist ist das Einheitenlimit 200, entsprechend große Verbände treffen aufeinander. Das kann Fluch und Segen zugleich sein, da immer wieder langweilige Abnutzungsschlachten entstehen. Statt taktisch clever zu agieren ist es dann wichtiger, stetig neue Einheiten zu produzieren, damit sich der Gegner nicht erholen kann. Meine Widersacher scheinen zudem über viele Ressourcen zu verfügen und bauen ihre verlorenen Produktionsgebäude sehr hartnäckig wieder auf, was die Schlachten unnötig in die Länge zieht.

Screenshot: Das historische verbürgte Rennen, dass sich Belagerer und die Stadt Syracuse lieferten, den jeweils anderen einzumauern, wird in einer Mission thematisiert
Das historische verbürgte Rennen, dass sich Belagerer und die Stadt Syracuse lieferten, den jeweils anderen einzumauern, wird in einer Mission thematisiert

Die Mission zur Belagerung von Syracuse ist mir in diese Hinsicht negativ aufgefallen. Eigentlich eine interessante Mission, weil im ersten Teil das historische Rennen zur Einmauerung des Gegners nachgestellt wird. Dann kann ich mich entscheiden, ob ich zuerst die Gegner zu Lande oder zu Wasser angehe. Weil der Wasser-Gegner sehr passiv agiert hat, habe ich mich dafür entschieden, den anderen zuerst anzugehen. Nachdem ich den Widersacher auf dem Land in einer langen und mühsamen Materialschlacht niedergerungen hatte, erkannte ich, dass der andere Gegner auf einer Insel ist, den ich mit meinen Truppen gar nicht erreichen kann. Also musste ich meine Wirtschaft umstellen und einen Großteil meiner Armee töten, damit ich eine starke Seestreitmacht bauen konnte. Immerhin musste ich nicht auch noch anlanden, die wichtigen Gebäude konnten meine Leviathane (im Prinzip ein schwimmender Tribok) von See aus zerstören. Zwar wurde die Partei durch den Sieg über den anderen Gegner zu Land stark geschwächt, aber allein, dass ich meine Armee und die Wirtschaft auf einmal komplett umkrempeln musste nervte mich. Hätte es nicht gereicht, nur einen Gegner zu besiegen? Das hätte auch ein wenige Wiederspielbarkeit gebracht.

Eine andere Mission mag ich dagegen durchgehend, es ist die letzte des Athener-Teils. Hier muss ich mich gegen einen politischen Konkurrenten durchsetzen, indem ich bei drei Wahlen jeweils bei der (wahlberechtigten) Bevölkerung beliebter bin. Ich muss entscheiden, wie ich meine begrenzten Ressourcen einsetze, muss kurzfristige Vorteile gegenüber langfristige abwägen. Das ist richtig spannend.
In anderen Missionen wechselt der Schwerpunkt an einen komplett anderen Teil der Karte oder es werden vorher durch große Felsen blockierte Gebiete zugänglich. Die Kommando-Missionen sind auch weniger nervig, weil es in fast allen Möglichkeiten gibt, die eigenen Reihen wieder aufzufüllen. Generell sind die Missionen durch die Bank sehr gelungen und spannend, selbst die Standard-Aufbaumissionen haben meist einen Kniff, der sie interessant macht. Zwar immer alles im Rahmen dessen, was die Engine kann, hin und wieder merkt man die Limitierungen doch. Aber ich finde es erstaunlich, was die Entwickler aus der antiken Technologie herausquetschen.

Screenshot: In der letzten Mission des Athener-Teils muss ich Perikles zum Sieg über seinen Gegner verhelfen - indem ich die Bevölkerung, die ihn wählt, auf seine Seite ziehe
In der letzten Mission des Athener-Teils muss ich Perikles zum Sieg über seinen Gegner verhelfen – indem ich die Bevölkerung, die ihn wählt, auf seine Seite ziehe

Generell würde ich die Missionen als schwerer als im Grundspiel einstufen (ich habe durchgehend auf "Standard" gespielt, dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad, weil mir nicht nach mehr war). Gefühlt sind sie auf dem Niveau der im Remaster hinzugekommenen Missionen der Quasi-Erweiterung "The Last Kahns". Gut machbar, aber nicht ohne. Vor allem die großen Armeen und dass ich oft sowohl zu Land als auch zu Wasser agieren muss, was mehr Multitasking erfordert, macht die Missionen hektischer und schwieriger. In den meisten Fälle reichte es aber, mich einzuigeln und die Gegner dann mit überlegenen Truppen zu überrennen, da es selten Zeitlimits gibt. Meine Gegenspieler griffen durchaus öfters an und war auch nicht ohne, ich wurde aber selten an den Rand einer Niederlage getrieben.

Bei der überarbeitenden Seefahrt gehen die Entwickler in der Kampagne noch einen Schritt weiter. Die Aufteilung und die Schiffstypen bestehen weiter, aber es gibt viele weitere Technologien, welche in Skirmish- und Multiplayer-Gefechten wohl zu Schwierigkeiten bei der Balance führen würden. In der Kampagne ist das aber kein Problem und macht vor allem die Schiffe noch stärker und schneller. Allgemein gibt es in einigen Missionen viele neue Technologien und auch das Konzept der Auswahl zwischen sich ausschließenden wird hier viel weiter getrieben.

Fazit

Screenshot: Griechen gegen Römer mag noch funktionieren, wenn dann aber Italiener dazu kommen, gerät die Kontinuität völlig aus den Fugen
Griechen gegen Römer mag noch funktionieren, wenn dann aber Italiener dazu kommen, gerät die Kontinuität völlig aus den Fugen

Eigentlich hatte der DLC mich schon beim Setting. Okay, antikes Ägypten wäre noch interessanter gewesen, aber da gab es nicht so viele militärische Konflikte, die sich in Age of Empires 2 abbilden lassen. Aber was die Entwickler von CaptureAge hier vom Stapel lassen, ist nicht weniger als einer der besten DLCs für das Spiel (mit dem Disclaimer, dass ich die anderen bisher nicht gespielt habe, zumindest deren Kampagnen). Die drei neuen Völker spielen sich interessant, die Überarbeitung der See-Schlachten ist gelungen und die Neuerungen fügen sich gut ins Spielkonzept ein.

Highlight ist die große Kampagne. Mit 21 Missionen ist sie umfangreicher als die der bisherigen DLCs, die jeweils 15-18 boten. Sie sind durch die Bank abwechslungsreich und spannend gestaltet – im Rahmen dessen, was die alte Genie Engine zulässt. Sie hält sich nahe an den historischen Gegebenheiten, aber auch nicht sklavisch, um spannende Missionen zu inszenieren. Die Seeschlachten sind in vielen Missionen präsent, was in Anbetracht der Geografie der Region auch kein Wunder ist. Nur auf die zähen Materialschlachten gegen die hartnäckige KI hätte ich verzichten können. Eine rundum gelungene Erweiterung, speziell für Solo-Generäle mit Faible für die Antike.

Deshalb hoffe ich sehr, dass die Entwickler das Konzept zu einer Serie ausbauen können und weitere erscheinen, auch gerne in anderen Epochen. Am Ende der großen Kampagne wird schon angedeutet, dass es mit einem gewissen, makedonischen König und dem ersten Weltreich weitergehen könnte. Vorher wird es aber in den Fernen Osten gehen