Review: Evoland – Legendary Edition

Screenshot: Evoland - Legendary Edition

Auf Evoland des französischen Entwicklers Shiro Games bin ich vor einigen Jahren gestoßen, das Konzept als spielbare Reise durch die Geschichte der Rollenspiele gefiel mir. Dessen Nachfolger habe ich zu seinem Release nur kurz angespielt, ich weiß aber nicht mehr, warum ich ihn hab liegen lassen. Da die Legendary Edition vor einiger Zeit auf der Switch für schlappe 5€ im Angebot war, habe ich dort zugeschlagen und beide durchgespielt.

Die hier gespielte Version hatte primär den Zweck, die beiden Titel auf Konsolen zu bringen, ist aber auch auf Steam verfügbar. Für mich als Besitzer von Evoland 2 sogar als kostenloses Update. In meinen bevorzugten Shop, GOG.com, hat sie bisher leider nicht geschafft, einzeln sind die Spiele aber auch dort erhältlich. Update 2023: mittlerweile ist auch die Legendary Edition bei GOG erhältlich, merkwürdigerweise günstiger als Evoland 2 alleine. Deshalb klar empfehlung zu dieser Version.

Was ich von dem Paket und den beiden enthaltenen Spielen halte, erfahrt ihr in diesem Text.

Inhalt

Evoland

Screenshot: Features wie mehr Farben muss man erst freischalten
Features wie mehr Farben muss man erst freischalten

Evoland hat eine etwas ungewöhnliche Entwicklungs-Geschichte: vom damals noch kleinen Team von Shiro Games (mittlerweile deutlich bekannter für Northgard und das kommende Dune – Spice Wars) wurde es für einen Ludum-Dare-Game-Jam entwickelt, den es auch prompt gewann. Keine schlechte Leistung für einen damals noch recht unbekannten Entwickler. Der dort entwickelte Prototyp wurde im Anschluss zu einem größeren Spiel ausgebaut, man merkt ihm aber seine Herkunft noch an.

Das Konzept ist simpel wie genial: es ist eine spielbare Reise durch die Geschichte klassischer Action-Adventures und Rollenspiele, vor allem The Legend of Zelda und Final Fantasy. Ein weiterer Abschnitt widmet sich ganz dem Action-RPG-Urvater Diablo. Generell muss ich mir jedes Feature erst freischalten: Angefangen davon, nach Links zu laufen. Sie sind in Kisten in der Spielwelt versteckt und enthalten wirklich jedes noch so kleine Feature, wie Sound, Musik oder bessere Grafik. Daneben können auch Karten für ein Minispiel enthalten sein, was ich aber nicht weiter ausprobiert habe.

Die meiste Zeit bin ich einem von zwei Modi unterwegs: Zu Anfang erinnert es in Top-Down-Action-Adventure-Manier an klassische Teile der The-Legend-of-Zelda-Reihe. Mit dem Schwert bewaffnet kämpfe ich mich durch zahlreiche Gegner, auch einige kleinere Rätsel sind dabei. Dabei spielt der Wechsel zwischen 8-Bit-, 16-Bit- und 3D-Grafik eine Rolle, da sich mir jedem Modus andere Möglichkeiten bieten. Ein wenig Zeitreise-Flair hat es auch, z.b. das in der 16-Bit-Welt ein Baum fehlt, wenn ich den Setzling an der selben Stelle im 8-Bit-Zeitalter abfackle.

Die Steuerung geht dabei in Ordnung, egal ob 8-, 16-bit oder frühe 3D-Ära (mit im Vergleich zu heute deutlich reduzierter Polygon-Anzahl). Die Kollisions- und Trefferabfrage funktionieren ordentlich, hin und wieder kann ich ihre Ergebnisse aber nicht nachvollziehen, was meist in Schaden für meine Spielfigur resultiert. Dabei nervte mich mehr, dass ich erst recht spät die Herzanzeige bekomme. Vorher führt jede Berührung eines Gegners zum sofortigen Ableben meiner Spielfigur. Dadurch wird das Spiel unnötig schwer, wenn die Kollisionsabfrage mir einen Streich gespielt hat. Aber als wäre das noch nicht genug, wirft mich das Spiel jedes mal ins Hauptmenü zurück. Die Checkpoints sind zwar recht fair verteilt, aber allein dass ich jedes mal den Spielstand neu laden muss, nervt mich auf Dauer ganz schön. Besonders in den wenigen Bosskämpfen, da gibt es nur am Anfang einen Checkpoint. Dazu kommt dass sie meist mehrere Phasen haben und entsprechend lang sind, aber nicht auf die gute Art. Da jeder Boss in jeder Phase nur ein oder zwei Angriffe hat, sind sie nicht sonderlich spannend. Aber da sie viel aushalten ziehen sich die Kämpfe unnötig in die Länge. Fehler werden auch relativ hart bestraft, da mein Held nur eine Handvoll Treffer aushält. Einfach ist Evoland wirklich nicht, eine gewisse Frustoleranz sollte man mitbringen, um damit Spaß zu haben.

Screenshot: Ein Teil des Spiels wird wie klassische Final-Fantasy-Spiel im Active Timebattle System gespielt
Ein Teil des Spiels wird wie klassische Final-Fantasy-Spiel im Active Timebattle System gespielt

In der zweiten Hälfte bin ich auf einer Oberweltkarte mit Zufallskämpfen unterwegs, wie sie in den alten Final-Fantasy-Spielen der 16-bit und frühen 3D-Ära üblich waren. Speziell von den Zufallskämpfen bin ich kein Freund, da sie aus dem Nichts starten. In anderen Spielen wie Persona 5 sehe ich zumindest die Schemen und damit wo ein Gegner ist und kann ihn ausweichen, in Spielen wie Kings Bounty – The Legend sehe ich sogar nach einem Upgrade, welche Gegner sich genau hinter dem Platzhalter verstecken. In Evoland ist das nicht der Fall, ich laufe und auf einmal beginnt der Kampf – ganz wie in den Klassikern. Im besten Fall nervt es mich nur, oder ich werde auf dem falschen Fuß erwischt.
Die Kämpfe sind im rundenbasierten Active-Timebattle-System gehalten: jeder zieht zwar nacheinander, aber je nach gewähltem Angriff oder Fähigkeit muss er oder sie eine Weile aussetzten, quasi wie einen Cooldown. Es gibt normale Angriffe und ein paar wenige Zaubersprüche für die beiden spielbaren Charaktere. Die Gegner sind war zahlreicher, aber nicht sonderlich spannend.

Zuletzt gibt es noch einen kleinen Abschnitt im Spiel eines Action-Rollenspiels, ganz von Diablo inspiriert. Neben jeder Mengen Monster zum verdreschen finde ich auch allerhand Gegenstände, die aber, wie für das Genre üblich, komplett Nutzlos sind. Immerhin sind die Beschreibungen ganz witzig.

Screenshot: Wer sich an Klassiker anlehnen will, muss mittlerweile überholte Techniken wie vorgerenderte Hintergründe nutzen
Wer sich an Klassiker anlehnen will, muss mittlerweile überholte Techniken wie vorgerenderte Hintergründe nutzen

Anspielungen sind ein wichtiger Teil des Spiels, nicht nur an die drei großen Vorbilder, an jeder Ecke gibt es Anspielungen und Witze über Videospiele und deren Geschichte. Egal ob die anderen Charaktere, Spielmechaniken oder die generelle Geschichte, so ziemlich alles ist eine Anspielung auf einen Spiele-Klassiker. Oder damit verbundenes, im Dorf kann ich mir später einen DVD-Player kaufen, der die (wohl künstlichen) Ladezeiten, die an frühe CD-Spieler erinnern, eliminiert.

Evoland ist eine nette Idee und auch gut umgesetzt, aber man merkt auch, dass es nur für einen Game Jam entwickelt wurde und wirkt nicht ganz rund. Speziell die arg in die länge gezogenen Bosskämpfe und dass es allgemein wenig zu tun gibt sind klare Zeichen dafür. Dafür ist die Spielzeit mit knapp 3 Stunden angenehm kurz. Die wird aber durch eine relativ geringer Fehlertoleranz des Spiel etwas gestreckt, macht euch darauf gefasst, jeden Bosskampf mehrfach angehen zu müssen.

Evoland 2

Den ersten Teil kann man noch getrost als Experiment und Überraschungserfolg abhaken, der Nachfolger treibt das Konzept aber deutlich weiter. Alles sollte größer und besser werden, dazu auch einen richtige Story, denn die des ersten Teils geht nicht mal als Alibi durch.

Stabil auf der Switch: Die Technik

Screenshot: Ein etwas bescheuerter Humor gehört auch zur Serie
Ein etwas bescheuerter Humor gehört auch zur Serie

Ich habe beide Teile zwar auch auf dem PC, haben diese mal aber primär auf meiner Nintendo Switch gespielt. Da das Spiel größtenteils auf stilisierte Grafik setzt, sollte es selbst für die mittlerweile etwas schwachbrüstige Hybridkonsole gut laufen. Und das tut es auch, ich denke zwar, dass es eher mit 30 als 60 FPS läuft, aber das geht in Ordnung. Aufgefallen ist mir nur, dass die Ladezeiten bei den 3D-Abschnitten merklich länger sind. Ist die Welt in 2D gezeichnet, gibt es keine für mich wahrnehmbarer, in 3D bleibt das Bild dagegen für 1-2 Sekunden schwarz. Nichts dramatisches, aber fällt doch auf. Vor allem, weil die Ladezeiten recht häufig auftreten und dann summiert sich der Eindruck. Zudem hatte ich ihm 3D-Modus trotz Low-Poly Grafik in seltenen Fällen leichte Ruckler. Auch hier nichts weltbewegendes, aber ohne wäre besser gewesen.

Gespielt habe ich wie für die Plattform üblich mit dem Controller, sowohl im Handheld- als auch TV-Modus. Beides klappt sehr gut, generell würde ich auch am PC einen Controller empfehlen, denn das Spiel ist klar darauf ausgelegt. Speziell die Shmup-Abschnitten dürften mit der Tastatur knifflig werden, auch wenn keine im Twin-Stick-Stil darin sind. Gehen dürfte es, ich persönlich ziehe dann aber den Controller vor. Der kleine Bildschirm im Handheldmodus war kein Problem, Texte sind groß genug und durch den allgemein Low-Poly- bzw. Pixel-Stil gibt es dadurch keine Probleme.

Stilecht und repetitiv : Grafik und Sound

Screenshot: Der Umstieg auf 3D wird von Fina etwas merkwürdig kommentiert. So würde sich doch niemals eine Frau bezeichnen???
Der Umstieg auf 3D wird von Fina etwas merkwürdig kommentiert. So würde sich doch niemals eine Frau bezeichnen???

Da ich die meiste Zeit in 2D-Umgebungen unterwegs bin, liegt ein großer Fokus auf den Grafiken. Und die passen auch: egal ob 8 oder 16 bit, die Pixelgrafiken können sich sehen lassen. Wobei die älteren hauptsächlich grobkörniger rüberkommen, die Farbtiefe dürfte die selbe sein – alles hat einen recht bunten Stil, selbst vermeintlich düstere Abschnitte sind in kräftigen Farben gehalten. Einzig dass nicht immer ganz klar ist, wo ich durchlaufen kann und was mich blockiert ist mir negativ aufgefallen, sowohl zu Fuß in den Level aus auch in der Oberwelt ist das nicht immer gut ersichtlich.

Geht es aus der Sicht des Spiels in die Zukunft, gibt es 3D-Grafik. Die hat einen angenehmen Low-Poly-Look, sprich die Figuren und Umgebungen wirken stilisiert durch die recht niedrige Anzahl an genutzten Dreiecken – ein gern genutzter Kniff von kleineren Teams, weil sie deutlich weniger Arbeit machen. Der Stil passt aber hier auch, gerade Figuren, die in allen drei Zeitaltern vorkommen, erkenne ich sofort wieder.

Im Gegensatz zum Vorgänger muss ich die Features nicht explizit freischalten, Grafik und Sound sind von Anfang an komplett da, ebenso wie die komplette Steuerung. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Zeitaltern, die viel stärker herausgearbeitet sind. So fügt sich alles viel organischer in das Spiel ein, statt wie eine recht künstliche Spielmechanik zu wirken.

Screenshot: Die Oberweltkarte wirkt etwas schmucklos, aber tut ihren Dienst
Die Oberweltkarte wirkt etwas schmucklos, aber tut ihren Dienst

Die Soundeffekt sind gut, aber sind mir nicht dauerhaft im Gedächtnis geblieben, sie tun ihren Dienst ohne besonders herauszustechen. Anders die Musik: Der Soundtrack ist umfangreich und an die jeweiligen Zeiten und Umgebungen angepasst, aber er wiederholt sich sehr schnell. Jeder Track hat ein Intro und einen sich wiederholenden Loop, für Spielemusik, gerade klassische, nicht ungewöhnlich. Aber die Loops sind oft nur etwa 30 Sekunden lang, wodurch sie sich in den recht langen Abschnitten sehr schnell und sehr oft wiederholen. Dadurch gehen sie mir schnell auf die Nerven, speziell die schnelleren Titel in den Shmup-Abschnitten.
Generell passt die Musik, für die vielen unterschiedlichen Umgebungen, hat Komponist Shakkam passende Stücke komponiert, das Evoland-Thema scheint immer wieder durch. Für mich gibt es nur eine Ausnahme: im Geisterwald hätte ich etwas anderes erwartet als diese Synthie-Rockmusik. Nicht nur, dass sie sich auch schnell wiederholt, ich fand sie auch stilistisch unpassend. Grusel-Atmosphäre kommt da nicht auf.

Gut ausgebaut: Die Story

Die Story nimmt sich die Zeitreise-Metapher des Vorgängers und baut sie gekonnt aus: ich starte in der Gegenwart, was dem 16-bit-Zeitalter entspricht. Dann geht es zuerst zurück in die (weniger detaillierte) 8-bit-Zeit, später dann in die frühe 3D-Zeit, was im Spiel der Zukunft entspricht. In der Welt des Spiels liegen zwischen jedem Zeitalter 50 Jahre, was man auch an Veränderungen an der Landschaft und den Gegebenheiten sieht: trifft man Beispielsweise in der Vergangenheit einen Geschäftsmann, spricht man in der Gegenwart mit seinem Sohn. Ein teils recht wildes herumreisen in den Epochen ist elementares Teil des Spiels.
Grob das erste Drittel verläuft streng linear, später kann ich das Land frei bereisen und im letzten Drittel muss ich sogar herausfinden, was und vor allem wann etwas stattfindet, damit ich zum Ende der Story komme. Das ist eigentlich eine gute Idee, leider war mir nie immer ganz klar, wo es als nächstes weiter geht. Um bestimmte Blockaden zu überwinden, muss ich zwischen den Zeiten hin und her reisen, damit ich am richtigen Ort rauskomme, wo es weiter geht. Leider ist das Spiel mir da keine Hilfe, da es nur sehr wenige Hinweise gibt, ich musste deshalb viel ausprobieren, wo es überhaupt weiter geht.

Screenshot: Evoland 2 ist von vorne bis hinten mit Referenzen an alle möglichen Spiele vollgestopft
Evoland 2 ist von vorne bis hinten mit Referenzen an alle möglichen Spiele vollgestopft

Generell ist die Story eine typische Rettet-die-Welt-Geschichte, mit dem Zeitreise-Kniff. Wirklich um die Ecke denken musste ich aber nie, dafür ist sie zu einfach und durchschaubar. Aber sie ist an sich nett gemacht und tut mehr als nur ihren Zweck.
Der spielbare Protagonist ist immer männlich und stumm, im Verlauf des Spiels kommen drei Gefährten dazu. Die erste, ein grünhaariges Mädchen namens Fina (alle Namen können auch geändert werden, ich bleibe da aber meist beim Standard) direkt zu Beginn. Sie treibt weite Teile der Geschichte voran, da sie die meiste Zeit Teil der Gruppe ist. Leider ist sie auch sehr geschwätzig, kann sich aber nicht wirklich für einen Stil entscheiden. Mal sind ihre Antworten sehr ernst, dann wieder salopp, wodurch ihr Verhalten und ihre Ansichten etwas inkonsistent wirken, ohne eine klare Entwicklung zu zeigen. Generell wird viel von der Story in Dialogen erzählt, wobei ich noch nie Fan eines stillen Protagonisten war. Hin und wieder kann man Entscheidungen treffen, die sich aber auf Ja/Nein-Antworten beschränken und deshalb teilweise unpassend wirken. Auswirkungen haben sie zudem nie, die Geschichte verläuft strengt linear: wählt man das falsche, wird man von einem Party-Mitglied korrigiert und die Geschichte läuft ohne merkliche Auswirkung weiter.

Das Spiel gibt es komplett auf Deutsch, wobei die Übersetzung manchmal wirkt, als ob dabei kein Kontext gegeben war, weil mir die Formulierungen etwas merkwürdig erscheinen. Größtenteils gehen sie aber, es sind keine aus dem Google-Übersetzter. Sprachausgabe gibt es keine.

Referenzen an andere Spiele gibt es wieder zu Hauf, nicht nur an Gameplay, sondern auch in der Geschichte. Die ist zwar nicht mehr wie im Vorgänger eine Alibi-Story und stark von der Vorbildern abgekupfert, sondern hat viel eigenes und einen guten Tiefgang. Aber trotzdem ist sie vollgestopft mit Anspielungen, von denen ich einige bestimmt gar nicht verstanden habe. Da sie gefühlt an jeder Ecke lauern, wurde sie mir irgendwann zu viel. Eigentlich hat Evoland 2 genug Eigenständigkeit dass sie nicht alles und jeden referenzieren zu müssen, aber da die Entwickler sie trotzdem gefühlt im Sekundentakt eingebaut haben, wirken sie teils fast schon zwanghaft. Da wäre weniger mehr gewesen.

Weniger wäre mehr: Das Gameplay

Screenshot: Gravitation ist für Plattforming ein durchaus nützliches Feature...
Gravitation ist für Plattforming ein durchaus nützliches Feature…

Beim Gameplay setzt es die Richtung fort, die der Vorgänger eingeschlagen hat. Die meiste Zeit spielt sich Evoland 2 wie ein klassischer Titel der The-Legend-of-Zelda-Reihe, aus der Vogelperspektive werden Bildschirme erkundet (fest oder sanft scrollend, je nach Zeitalter und Umgebung), Rätsel gelöst und reihenweise Gegner mit dem Schwert verdroschen. Neu ist, dass der Held nicht mehr allein unterwegs ist, sondern im Lauf des Spiels drei Gefährten um sich schart. Die sind nicht nur zur Verzierung oder rein für die Story da, in den "normalen" Abschnitten kann ich sie zusätzlich einen Spezialangriff aktivieren. Der Angriff lädt sich durch halten der Schultertaste auf, nach Upgrades auch mehrstufig. Wird meine Spielfigur aber getroffen, wird die Aufladung abgebrochen, was gerade bei projektilintensiven Gegner schnell zur Geduldsprobe werden kann. Teilweise habe ich es gar nicht mehr versucht, sondern die Gegner normal bekämpft. Wirklich notwendig sind sie selten, aber können das Leben deutlich leichter machen.

Auf einer Oberweltkarte reise ich weiter zum nächste Ziel, zunächst noch sehr eingeschränkt, aber spätestens mit der Flugmaschine kann ich die Karte sehr frei bereisen. Und es macht dann auch mehr Spaß, weil es deutlich schneller geht und ich vieles, was davor noch Hindernis war, einfach überfliege. Wobei optisch nicht immer ganz klar ist, wo ich drüber fliegen kann und wo nicht. Da musste ich speziell im letzten Abschnitt suchen, wo ich durch kann und wo nicht, weil die Anzeichen dafür teils nicht gut ersichtlich sind.

Der Charakterentwicklung liegt ein relativ einfaches Rollenspielsystem zu Grunde: erledigte Gegner geben Erfahrungspunkte, wobei nicht direkt, sondern sie lassen einen orangefarbenen Kristall fallen, der dann beim aufsammeln die Erfahrungspunkte gut schreibt. Level-Ups passieren regelmäßig, dann erhöht sich Angriffskraft und/oder die Lebenspunkte. Ein Level wird bei Gegnern nicht angezeigt, ich weiß deshalb nicht, ob sie mitleveln, gehe aber meinen Beobachtungen nach eher von Nein aus. Neue Waffen und Ausrüstung lassen sich bei Händlern kaufen, für die besten ist ein seltenes Erz nötig, dass größtenteils gut versteckt ist. Ebenso gut versteckt ist Manaa, eine speziell Substanz, mit welcher die Spezialangriffe der Begleiter verstärkt werden. In zwei Stufen fügen sie einen stärkeren Angriff hinzu, dieser muss aber auch länger aufgeladen werden.

Screenshot: Auch Kämpfen im klassischen Active-Timebattle-System sind dabei, aber nur ein relativ kleiner Teil
Auch Kämpfen im klassischen Active-Timebattle-System sind dabei, aber nur ein relativ kleiner Teil

Wie aus dem Vorgänger bekannt bleibt es nicht dabei, je nach Level und Zeitabschnitt kommen andere Gameplay-Stile zum Einsatz. Und hier wird es wirklich vogelwild, Evoland 2 wirft so ziemlich alles in einen Topf, was die Spielelandschaft so her gibt: klassischn JRPGs wie in Final Fantasy (inkl. Zufallskämpfen im ATB-Stil), 2D-Jump-and-Run, vertikal oder horizontal scrollende Shmups, Beat’em’up ala Streets of Rage. Ein Bosskampf erinnert an einen Kampf aus Street Fighter, ein kompletter Dungeon spielt sich wie ein Mischung aus Zelda und Bomberman, ein Kapitel sind an Taktik-RPGS wie Fire Emblem angelehnt und ein anderes an [Puzzle Quest(https://www.sok4r.de/v5/review-puzzle-quest-challnge-of-the-warlords/). Und bei dieser langen Liste habe ich bestimmt etwas vergessen oder die Referenz nicht verstanden, weil es einfach so viele sind. Jeder der Abschnitte funktioniert gut, kann aber nie die Tiefe der Original erreichen, was mich auch gewundert hätte.
Allerdings ist jeder sehr lang, und aus meiner Sicht zu lang. Braucht es für das vertikale Shmup wirklich drei Bosse? Muss der horizontalscrollende wirklich fast 10 Minuten lang sein? Da sie selbst nur wenig Tiefe entfalten, habe ich alles wesentliche nach weniger als einer Minute gesehen – ab da wird immer nur das selbe wiederholt. Dadurch zieht sich das Spiel enorm in die Länge. Bei so gut wie jedem hätte es die Hälfte auch getan, ich hätte die Referenz verstanden und die Abwechslung gemocht, aber so sind die teils nervig lang.

Nervig lang sind auch die Bosskämpfe. An sich geht ihre Zahl in Ordnung, aber jeder kann richtig lang dauern. Sie bestehen meist aus mehreren Phasen, wobei in jeder der Boss nur zwei oder maximal drei Angriffe oder Vorgehensmuster hat. Die ändern sich je nach Phase, aber da sie sehr viel aushalten, muss ich in jeder Phase das selbe wieder und wieder machen, bis er endlich fällt. Das nervt auf Dauer, vor allem, wenn ich nach jedem Bildschirmtod wieder von vorne Anfangen muss (immerhin nicht wieder beim Titelbildschirm wie im ersten Teil). Es wird irgendwann einfach nur noch nervig, wenn ich das selbe immer und immer wieder machen muss, weil die Kämpfe dadurch nicht anspruchsvoller, sondern nur künstlich in die Länge gezogen werden.

Screenshot: Der Abschnitt als Taktik-RPG ala Fire Emblem ist einer der besser, weil nicht so stark gestreckt
Der Abschnitt als Taktik-RPG ala Fire Emblem ist einer der besser, weil nicht so stark gestreckt

Nicht hilfreich ist in dieser Hinsicht der Schwierigkeitsgrad: Ich habe mit "Abenteuer" einen relativ einfachen gewählt, bin aber trotzdem recht oft gestorben. Das liegt vor allem daran, dass das Spiel wenig Fehler verzeiht: Gegner teilen gut aus, Heilmöglichkeiten sind nicht gerade üppig vorhanden. Probleme wie eine nicht ganz so präzise Steuerung in der Jump-and-Run-Passagen sowie die teils nicht nachvollziehbarer Kollisions- und Trefferabfrage tun ihr übriges. Immerhin waren die Checkpoints oft und sehr fair gesetzt, ich habe selten mehr wie eine Minute Fortschritt verloren. Ausnahme sind hier die Bosskämpfe, welche immer wieder von ganz vorne anfangen.
Ein Problem für mich ist teilweise die Kameraperspektive: in den 2D-Abschnitten schaut sie von oben drauf und die Ebenen sind klar ersichtlich, da hatte ich keine Probleme. In den dreidimensionalen hängt sie aber recht tief und blickt dadurch in einem recht flachen Winkel auf das Geschehen, wodurch ich nicht immer die Tiefe des Raumes abschätzen konnte. Dazu gibt es einen Abschnitt, in dem mit den Kamerawinkeln gespielt wird. Storytechnisch zwar passend, ist die Umsetzung im Gameplay nicht so ideal, da sie auch mal schnell hin- und her wechselt und mir damit Probleme mit der Orientierung bereitet. Besonders schlimm daran: die Gegner scheinen davon nicht betroffen zu sein, was gerade einen Bosskampf zusätzlich schwieriger macht.

Fazit

Screenshot: Die Mischung aus Rätsel und Kämpfen passt in den Dungeons
Die Mischung aus Rätsel und Kämpfen passt in den Dungeons

Dem ersten Evoland merkt man seine Geschichte als Titel aus einem Game Jam an: es ist viel Potential da, aber es fehlt der Feinschliff. Trotzdem ein nettes Spiel, das zwar seine Längen hat, aber sich gut wegspielt.

Der zweite Teil macht so ziemlich alles besser, aber nicht alles perfekt. Klar will es Tribut an die legendären Spiele vergangener Tage zollen, aber mir wurde es zu viel: Zu viele Referenzen und "Mini"-Spiele die dann auch noch sehr lange hinziehen. Nicht weil sie nicht interessant oder gut umgesetzt sind, es wird nur einfach das selbe gefühlt unendlich wiederholt. Das macht es auf Dauer etwas anstrengend zu spielen. Die Länge von fast 16 Stunden ist mir deshalb zu lang. Selbst wenn jede Referenz drin bleiben soll, wenn jede nur halb so länge wäre, hätte das dem Spiel gut getan.

Dieser doch recht negative Eindruck für ich ist schade, weil es ansonsten gut gemacht ist. Die Geschichte ist interessant (wenn auch etwas langatmig durch die vielen Dialoge erzählt) und das Gameplay solide. Selbst ohne Sale ist geht der Preis für das gebotene in Ordnung. Natürlich lohnt es sich am meisten, wenn man die vielen Anspielungen kennt. Aber selbst für mich als (selbsternannter) Spieleexperte waren einige dabei, die so Nischig sind, dass ich sie nicht kannte (oder von Konsolen-Spielen der Playstation-Ära stammten, mit denen ich nicht vertraut bin). Deshalb gibt es von mir für Evoland Legendary Edition eine Empfehlung, vor allem zum Sale-Preis von gerade mal 5€. Aber bringt etwas Zeit und Frusttoleranz mit.