Taktikspiele sind nicht unbedingt meine Stärke, mein ungeduldiges Wesen kombiniert mit einer schnellen Auffassungsgabe und Reaktion begünstigen eher Spiele bei denen man schnell Entscheidungen trifft und Fehler genauso schnell korrigieren kann. Bei rundenbasierten Spielen mache ich dann Fehler, welche eine gute KI gnadenlos ausnutzt – und die Spiele von Intelligent Systems haben diese. Schon in Advance Wars hat sie mir einige schmerzhafte Niederlagen beigebracht, aber sie waren lehrreich. Ganz konnte ich es aber nie ablegen, ein paar unnötige Verluste ließen sich aber meist ausgleichen. Das waren aber auch gesichtslose Einheiten, was bei Fire Emblem nicht der Fall ist. Man spielt mit Helden und deren Tod schmerzt doch deutlich mehr, allein schon da man sie nicht einfach nach produzieren kann – sie sind endgültig weg, mitsamt ihrem Anteil an der Story. Besonders wichtige Charaktere dürfen gar nicht sterben, sonst ist das Spiel zu Ende. Mit Fire Emblem Awakening kam allerdings die Option dazu, den Permadeath von Einheiten zu deaktivieren, sie stehen nur für den aktuellen Kampf nicht mehr zur Verfügung, was es zu einem guten Spiel für Einsteiger in die Serie wie mich macht. Der Tod eines zentralen Charakters beendet das Spiel ungeachtet der Einstellung, das kommt aber weit wenig oft vor.
Grafisch passt es auf den 3Ds, allerdings sollte jemand den Leute bei Nintendo mal erklären was Kantenglättung ist, die fehlt in den 3D Animationen in den Kämpfen. Die 2D Sprites auf der Taktik- und Oberweltkarte mache da einen weit besseren Eindruck, ebenso die Animeportraits in den Gesprächen der Charaktere. Vereinzelt gibt es gerenderte Zwischensequenzen im Animestil, welche ebenfalls gut aussehen und voll vertont sind. Bei der Musik kamen bei mir Erinnerung an Advance Wars hoch, nur mit Fantasy Einschlag. Bei den englischen Sprechern sind einige bekannte Namen dabei, leider bekommen sie nur wenig Text, das Spiel ist nicht komplett vertont, meist wird nur ein Standard-Wort oder Satzbruchstück zu Anfang gesprochen. Eine Ausnahme bilden die gerenderten Zwischensequenzen, diese sind komplett vertont aber selten. Deutsche Synchronisation gibt es nicht, aber die Texte sind komplett übersetzt. Wer will kann auch mit den japanischen Sprecher spielen.
Obwohl es für den 3Ds erscheint und es auch schon Spiele der Serie für den DS gab wird der Touchscreen nur wenig genutzt. Während bei anderen Spielen vieles zumindest optional damit gemacht werden kann geht hier so gut wie gar nichts, sogar die Eingabe das Namens für den eigenen Avatar erfolgt auf dem oberen Bildschirm und nur mit den Tasten. Mich hat es auch gestört dass das Spiel nur über ein digitales Handbuch verfügt, welches aber nur die absoluten Grundlagen erklärt – das lernt man aber auch in den ersten paar Missionen. Die vielen Abkürzungen bei den Attributen schließt das nicht mit ein, erst nach langem probieren habe ich herausgefunden, dass man sie auf dem Touchscreen antippen kann um eine Erklärung zu bekommen, welche aber wiederum sehr kurz und mit weiteren Abkürzungen gespickt ist. Ein gutes Handbuch oder zumindest eine ausführlichere Erklärung hatte mir als Einsteiger sehr geholfen die Zusammenhänge der Attribute zu verstehen.
Fire Emblem ist eine Reihe von Taktikrollenspielen, Awakening ist keine Ausnahme. Der Hauptteil des Spiels sind Taktikschlachten auf in Quadrate eingeteilte Schlachtfelder. Der Untergrund bestimmt wie weit sich eine Einheit bewegen kann und gibt evtl. zusätzliche Deckung. Glitzernde Felder bringen Boni wie zusätzliche Erfahrungspunkte oder Gegenstände, welche ins Inventar des jeweiligen Charakters wandern. Festungen oder Treppen erhöhen die Deckung des Charakters und senken den eingehenden Schaden, hat man sie nicht besetzt können dort auch neue Gegner erscheinen, was manchmal gescripted oder zufällig erscheint – es ist in jedem Fall der falsche Zeitpunkt und ein großer Vorteil für die Gegner. Im Gegensatz zu Advance Wars kommandiert man keine gesichtslosen Soldaten, sondern eine Gruppe aus Helden. Jeder Held gehört eine Klasse wie die Standards Krieger, Bogenschütze oder Magier oder sehr spezifischen wie Pegasusreiter oder Lord an. Die bestimmt welche Waffen er oder sie benutzen kann (Magie ist in Form von Büchern quasi auch eine Waffe) und wie die Attribute sich automatisch steigern. Mit einem Item kann die Klasse gewechselt werden, wenn auch nicht ganz uneingeschränkt. Im Kampf sammelt jeder Charakter Erfahrungspunkte für den Einsatz seiner Waffen, so bekommen auch Heiler ohne Umwege an Erfahrungspunkte. Hat ein Charakter Stufe 10 erreicht kann er mit dem Meistersiegel zu einer Ausbaustufe seiner Klasse aufsteigen, was einen guten Schub bei den Charakterwerten und mehr benutzbaren Waffen führt. Bei Level 20 ist in jedem Fall Schluss, bis auf ein paar wenige Ausnahmen wie die Manakete (eine Art Drachen-Menschen), welchen dafür bis Level 30 aufsteigen dürfen
Die Taktikgefechte sind so anspruchsvoll wie man es von Intelligent Systems erwartet, der gnadenlosen KI sei dank. Die hat klare Prioritäten und nutzt jeden Fehler gnadenlos aus. Vor allem Heiler stehen im Fokus, gefolgt vom ausnutzen harter Konter. Das Spiel hat ein eher weiches Kontersystem für Waffen, in welchem die drei Waffenkategorien Schwerter, Äxte und Lanzen sich in einem Kreis gegenseitig Schlagen. Äxte schlagen Lanzen, diese Schwerter und diese wiederum Äxte. So groß ist der Unterschied aber nicht, im Gegensatz zu den harten Konter: fliegende Einheiten sind extrem anfällig für Bogenschützen und Windmagie, ein Treffer reicht meistens aus. Bogenschützen sind Nahkampfangriffen hilflos ausgeliefert und Bestien und berittene Einheiten reagieren gegen bestimmten Waffen stark allergisch, auch hier reicht oft schon ein Treffer um sie zu besiegen. Hier muss man besonders aufpassen und sich außerhalb der Reichweite der gegnerischen Einheiten bewegen. Neben der Anzeigen für den Bewegungsradius einer Einheiten wenn man sie auswählt (aber nur so lange) kann man zusätzlich die Reichweite aller Gegner einblenden, was aber nur eine Momentaufnahme ist: bewegt man eine eigene Einheit kann sie sich verschieben, was man mit einkalkulieren muss oder man muss unnötige Verluste hinnehmen. In den meisten Fire Emblem Spielen bedeutet dass: der Charakter ist für den Rest des Spiels verloren. Da ich keine solche Taktik-Koryphäe und Einsteiger in die Serie bin haben ich das deaktiviert, Awakeing ist das erste Spiel der Serie dass es ein den Westen geschafft hat in welchem man Permadeath deaktivieren kann, was ich gleich mal gemacht habe. Meine Gruppe hätte sich sonst sehr schnell ausgedünnt.
Das Charaktersystem lässt viele Freiheiten, die man aber auch braucht. Zu beginn brauchte ich noch keine Bogenschützen und haben den entsprechenden Charakter vernachlässigt, nur um später von fliegenden Einheiten kalt erwischt zu werden. Einen neuen Charakter die Klasse wechseln zu lassen ist da eine gute Möglichkeit, einen schlagkräftigen Helden mit der passenden Klasse zu bekommen. Einen Charakter nach zu ziehen ist möglich, aber schwer da man alte Missionen wiederholen muss, in den aktuellen der Kampagne sind neuen Einheiten hoffnungslos unterlegen und leichte Beute für die Gegner. Eine Möglichkeit bietet das Unterstützungssystem: stehen zwei Charaktere im Kampf nebeneinander gibt die passive der anderen einen Schub bei den Kampfwerten (Treffergenauigkeit, kritische Treffer Chance, …) und es besteht eine kleine Chance, dass der andere Charakter in den Kampf eingreift – auch wenn er es eigentlich gar nicht könnte, z.b. wenn ein Bogenschütze auf Entfernung angreift und der andere ein reiner Nahkämpfer ist. Haben Charaktere mehrfach zusammen gekämpft steigt ihr Unterstützungsrang, wie im asiatischen Raum üblich von C bis A und dann das Maximum S, was nur bestimmten Charakterkombinationen vorbehalten ist dass dies eine Liebesbeziehung entspricht (mehr dazu weiter unten). Höhere Ränge bieten mehr Boni und eine erhöhte Chance dass der andere auch zuschlägt. Um die mangelnde Mobilität einiger Einheiten auszugleichen kann man Einheiten kombinieren, welche sich dann mit der Reichweite einer Einheit bewegen und auch zusammen kämpfen, eine Möglichkeit welche die KI bisher nicht nutzt. Es entspricht so in etwa dem Einsatz der Transporthubschrauber in Advance Wars. Oft genutzt habe ich es aber auch nicht, das hätte mir vielleicht einen Vorteil gegenüber der KI verschafft, ebenso wie das Unterstützungssystem, und dass obwohl ohne Permadeath hohe Werte recht schnell möglich sein sollten.
Die 26 Kapitel der Kampagne und insgesamt 23 Nebenquests, welche teilweise nachträglich ins Spiel eingefügt wurden, sind sehr abwechslungsreich gestaltet: neben den einfach Wald- und Wiesenkarten kämpft man einen uralten Baum hinauf oder auf sinkenden Lavaplattformen. Der Schwierigkeitsgrad schwankt dabei recht stark, gerade die Nebenmissionen haben es in sich. Wenn sie das erste mal auftauchen sind sie teilweise unschaffbar schwer, hier muss man sich in Geduld üben, die Missionen in der Kampagne sind meistens einfacher. Vor allem die nach dem Release über Spotpass hinzugekommenen Missionen (gut erkennbar daran dass sie erst vor dem Finale erreichbar sind) sind knüppel hart und gespickt mit starken Gegner – hat man hier keine gut ausgewogene und trainierte Gruppe sieht man kaum Land. Bemerkenswert ist auch dass man in den Missionen weitere Charaktere rekrutieren kann, obwohl sie eigentlich tot sein sollten. Zusätzliche Charaktere kann man auch über Spotpass rekrutieren, da tauchen schonmal legendäre Charaktere aus anderen Fire Emblem Spielen auf, die sich gegen einen stattlichen Goldpreis dem Spieler anschließen. Ich hab bisher nur Marth in die Gruppe geholt und er ist ein extrem starker Charakter, stärker als Chrom und mein Avatar (welche aber wahrscheinlich nicht ideal austrainiert sind). Weitere Missionen können per DLC gekauft werden, von denen hab ich aber bisher abgesehen da sie doch recht teuer scheinen. Zwar sind es eine Menge, dafür aber mehr als für das Hauptspiel hinlegen zu müssen ist sie erst einmal Wert sein. Wie der Schwierigkeitsgrad einzuschätzen ist ist schwierig, sie haben zwar ein Sterne-Rating dabei, aber das muss meiner Erfahrung nach nicht viel heißen. Und warum da unbedingt ein Strandurlaub inkl. aufreizender Bilder der weiblichen Charaktere im Bikini dabei sein muss erschließt sich mir auch nicht. Wird wohl der kulturellen Differenz zwischen Mitteleuropa und Japan liegen.
Bei den Charakteren trifft man auf eine ziemlich bunte Truppe, auch wenn viele recht klischeehaft daherkommen. Hauptcharakter Chrom (scheint in japanischen RPGs wohl öfters vor zukommen dass Charaktere nach englischen Substantiven benannt werden) ist der typische Kämpfer und eigentlich geborene Anführer, der aber eine ganze Weile an seinen Fähigkeiten zweifelt. Der vom Spieler erstellte Avatar kann männlich oder weiblich sein und bleibt lange etwas geheimnisumwoben, was die meisten Charaktere so gut wie gar nicht stört, am wenigsten Chrom. Dann gibt es noch den liebenswerten Tollpatsch (Sumia), die gutherzige Schwester und Heiler (Lissa), den stoischen und stillen Krieger (Lon’zu), den eingebildeten Edelmann (Virion) und noch viele mehr. Ein paar ausgefallenen Charaktere hat es dann doch, wie den dunklen Magier Henry welcher eine gerade sadistische Persönlichkeit in einem kindlichen Körper verbirgt. Das erfährt man aber nur wenn man ihn in den Gefechte nutzt und den Unterstützungsrang mit andern Charakteren entsprechenden hoch bringt. Da meine Truppe dahingehend schon gut ausbalanciert war blieb er bei mir auf der Ersatzbank, wirklich sympathisch war er mir sowieso nicht. Alle Charaktere kann man zufällig bei Gesprächen in der Kaserne sehen, die ist ansonsten reichlich nutzlos und wohl eher für Spotpass Features gedacht.
Eine Besonderheit sind die Kinder aus der Zukunft: aber ungefähr der Mitte des Spiels ist es möglich die Kinder von Paaren zu rekrutieren welche in der Zeit zurück gereist sind um eine große Katastrophe zu verhindern. Wie bei einigen anderen Charakteren muss man sie in der Mission zwingend ansprechen und dann die Mission erfüllen damit sie sich der Gruppe anschließen, was ich zuerst nicht verstanden habe und mir einige schlicht entgangen sind, eine zweite Chance gibt es nicht. Welche Kinder auftauchen hängt davon ab wen man miteinander verkuppelt hat, die einzige Ausnahme ist Lucina, Chroms älteste Tochter, welche aber auch eine weit wichtigere Rolle als die anderen Kinder spielt. Die sind aber auch für die ein oder andere Überraschung gut und meistens lässt sich gut sehen, von wem sie abstammen, meist bestimmt von der Mutter. Um Charaktere miteinander zu verkuppeln muss man sie nur oft genug miteinander kämpfen lassen bis Sie den Unterstützungsrang S erreichen. Welche Kombinationen möglich sind sieht man im Dialog-Menü zwischen den Missionen. Mit jedem Rang wird ein neuer Dialog freigeschaltet, in welchem man viel über die Charaktere erfährt. Die Dialoge enthalten überraschend viel Humor, damit hatte ich nicht gerechnet. Wenn der übereifrige Frederik Steine auf dem Weg von Chrom wegräumt damit sich der Prinz ja nicht verletzten kann wusste ich nicht ob ich lachen oder weinen soll, auch die weiteren schwanken zwischen schmunzeln und hochnotpeinlich.
Bei der Story bin ich mir etwas uneins wie ich sie bewerten soll. Grob lässt sie sich in drei Teile einteilen, wobei die Ereignisse des Finales schon früher angedeutet werden. Die Story scheint aber nur in den Hauptmissionen zu existieren, dazwischen kümmern sie sich um ganz andere Belange wie schöne Kleider kaufen oder Schmetterlinge sammeln, speziell in den Dialogen zwischen den Charakteren. Dass an allen Ecken und Enden Untote erscheinen und das Ende der Welt naht scheint niemanden zu stören. Das wird auch ein wenig dem Umstand geschuldet sein da die Dialoge an unterschiedlichen Stellen im Spiel auftreten können und für jede Zeit einen passenden bereit zu halten dürfte wohl zu viel gewesen sein. Auch dass die Charaktere um den Hauptcharakter Chrom teils erschreckend gutgläubig ist erschien mir etwas komisch. Da findet man den Avatar auf einem Feld, welcher sich dann als brillanter Taktiker herausstellt – und keiner scheint sich daran zu stören? Das da irgendwas im Busch ist merkt man spätestens an welche man einen Doppelgänger des Avatars trifft, die Charaktere ziehen daraus sehr begrenzt weitere Schlüsse. Insgesamt gewinnt die Story keinen Innovationspreis, es wäre aber wesentlich mehr drin gewesen.
Fazit: Fire Emblem Awakening hat mich rundum überzeugt. Die Gefechte sind knackig, aber nie unfair. Naja, meistens nicht, meist der guten KI geschuldet. Technisch liefert es was man auf dem 3Ds erwartet. Auch der Rollenspielanteil mit dem flexiblen Klassensystem hat mir sehr gefallen. Die Story ist nicht der überfliege und die Dialoge habe mich teils etwas verwirrt, gerade er teils etwas krude Humor passt nicht so richtig zur sonst eher ernsten Geschichte. Auch steckt viel drin, ich spiele über 40 Stunden und haben immer noch nicht alle Nebenmissionen geschafft, meiner Suboptimalen Gruppe geschuldet.
Im Spoiler noch ein Überblick der von mir meistgenutzten Charaktere und wie das Ende für sie aussah.