Review: Moss Buch 1 & 2

Screenshot: Moss Buch 1&2

Schon das erste Moss galt als Must-Have Spiel für VR (zumindest bis Half-Life: Alyx daher kam). Das Abenteuer der Mausedame Quill wirkte zwar auf den ersten Blick nicht direkt wie dafür gemacht, durch die Perspektive von der Seite und dass man nicht einen Charakter aus der First-Person-Perspektive steuert. Aber als im Kern solides Action-Adventure, stark von The Legend of Zelda inspiriert, was wirklich nicht selten ist, aber trotzdem mit einigen eigenen Ideen, kann man aber in einem Bereich, der nicht so überlaufen ist, durchaus punkten.

Den ersten Teil habe ich bereits 2018 auf der PlayStation VR gespielt, später auf dem PC mit der Oculus Rift S habe ich nur kurz reingeschaut. Ich wusste, dass es einen zweiter Teil geben wird, aber da er erstmal exklusiv auf anderen Plattformen erschien, habe ich ihn aus den Augen verloren. Zum Jahreswechsel 2023/2024 habe ich mein VR-Headset wieder ausgepackt, mir im Sale den zweiten Teil geholt und beide durchgespielt.

Inhalt

Charmant animiert: die Technik

Technisch sind sich beide Spiele sehr ähnlich, deshalb fasse ich diesen Bereich zusammen. Sie basieren auf der Unreal Engine, ich denke Version 4, allein weil alle, die die fünfte Version einsetzten, das sehr offensiv bewerben. Da das Team hinter beiden Spielen nicht so groß ist, darf man kein höherlegen der technischen Messlatte erwarten, trotzdem sehen beide Spiele sehr gut aus.

Screenshot: Bei der Beleuchtung zeigt Moss einige wirklich schöne Szenen
Bei der Beleuchtung zeigt Moss einige wirklich schöne Szenen

Besonders viel Aufwand scheint in die Animation der Figuren, insbesondere der Protagonistin Quill, geflossen zu sein, denn sie sind sehr detailliert ausgefallen. Nicht nur wie sie läuft, besonders wie sie sich an Kanten hochzieht und dabei ihre Beinchen leicht wackeln, oder wenn sie pantomimisch versucht mir zu zeigen, was ich machen muss, alles wirkt so niedlich. Dass man sie Streicheln kann und sie öfters auf ein High-Five wartet kommt noch obendrauf. Auch wenn es meistens keine spielerische Relevanz haben, erhöhen sie den Putzigkeitsfaktor, was ja auch was ist.

Auch die Umgebungen können sich sehen lassen, sie haben einen Diorama-artigen Look und auch einiges an Details. Damit meine ich eher die Ausgestaltung mit Pflanzen, Kisten und anderen Objekten, die Geometrie und Texturen sind nicht ganz State-of-the-Art (für den ersten Teil habe ich zudem von einem Bug gelesen, dass trotz Einstellung im Menü die Details immer auf Niedrig gestellt werden, konnte das aber ich verifizieren). Aber in VR habe ich bemerkt, dass ich sowas eher verzeihe als auf einem flachen Bildschirm.

Jedes Kapitel ist in mehrere Abschnitte unterteilt, jeden sieht man von der Seite. In Gewässern oder anderen, spiegelnden Oberflächen sieht man sich selbst, eine maskierte Gestalt, die mich etwas an die Figuren in Journey erinnert. Jeder Bildschirm-Wechsel wird vom Sound des Umblätterns einer Seite begleitet, was die Buch-Metapher stärkt. Zwischen den Kapiteln geht es zurück in die Bibliothek, wobei mich die Architektur mehr an eine Kirche erinnert. Dann sitzt man vor einem Buch, in dem die weiteren Story-Ereignisse erzählt und in schönen Zeichnungen gezeigt werden. Mir scheint es, dass die Entwickler alles, was viel Aufwand und reine Zwischensequenzen wäre, in diese Form ausgelagert haben.
Jedes neue Kapitel wird mit einer Weißblende eingeläutet, was ich wirklich nicht mag. Wer kommt auf die Idee, die hellste Farbe in einer Hardware zu verwenden, die man direkt vor der Nase trägt? Wollen sie mir die Retina rausbrennen? Ich habe dann meine Augen geschlossen, bis das Bild wieder dunkler wurde. Vielleicht ist es auch als Stilmittel gedacht, weil es sonst nie genutzt wird. Ich kann die Entscheidung jedenfalls nicht nachvollziehen. Eine Schwarzblende, die sonst verwendet wird, wäre mir deutlich lieber, weil angenehmer für die Augen.

Screenshot: Auch wenn Moss eigentlich im Sitzen gespielt wird, kann aufstehen für mehr Übersicht sorgen. Und das ein oder andere Geheimnis enthüllen
Auch wenn Moss eigentlich im Sitzen gespielt wird, kann aufstehen für mehr Übersicht sorgen. Und das ein oder andere Geheimnis enthüllen

Die Soundeffekte sind ebenfalls gut, die Musik hält sich meist dezent im Hintergrund, passt aber zum Fantasy-Setting. Quill und andere Charaktere sprechen nicht, sondern geben maximal ein paar Laute von sich, die aber gut passen. Für die Geschichte gibt es eine Erzählerin, die passend zu den Charakteren ihre Stimme verstellt, was sie aus meiner Sicht herausragend macht. Auch das passt gut zu dem märchenhaften Charakter des Spiels, eine zentrale Metapher ist, dass hier ein Buch gelesen wird. Wobei Vorlesen auch passen würde.

Bei allem muss ich mich aber immer Fragen: braucht es dafür wirklich VR? Man sieht die Level immer von der Seite, für ein paar versteckte Boni oder ähnliches, aber so richtig erkenne ich den Mehrwert nicht. Das Einzige ist noch die Bewegungssteuerung, aber da haben andere Plattformen gezeigt, dass das auch auf flachen Bildschirmen geht. Ich habe es nicht ausprobiert, aber ich denke, das Spiel würde ohne größere Abstriche auch auf einem klassischen Bildschirm funktionieren.

Buch 1

Das erste Moss funktioniert noch relativ simpel, hier wurde das grundlegende Gameplay festgezurrt, ohne viel Overhead. Das Vorbild beim Gameplay ist ziemlich klar, die Story lässt sich am ehesten als "klein aber fein" beschreiben. Aber der Reihe nach.

Geradliniger Zelda-Klon: das Gameplay

Moss ist im Kern ein Action-Adventure und ziemlich klar von den The-Legend-of-Zelda-Spielen inspiriert. Nach einem kurzen Intro erhält man die Kontrolle über die kleine Mausedame Quill, welche bereits ein Schwert schwingen kann. Die nächsten vier Stunden steuert man sie durch die Welt, bekämpft Gegner mit dem Schwert, löst Rätsel und springt hoffentlich auf die Plattformen und nicht ins Wasser, weil sie nicht schwimmen kann. Man kann auch selbst ins Spiel eingreifen, per Bewegungssteuerung kann ich Objekte manipulieren, wie in einem bestimmten Farbton gehaltene Objekte verschieben, meist um Quill neue Wege zu eröffnen.

Screenshot: Plattforming gehört zum Kerngameplay von Moss. Nur nicht ins Wasser fallen, weil Quill nicht schwimmen kann
Plattforming gehört zum Kerngameplay von Moss. Nur nicht ins Wasser fallen, weil Quill nicht schwimmen kann

Quill wird direkt mit dem rechten Stick gesteuert, im Kern kann sie nur Springen und mit ihrem Schwert zuschlagen. Über schmale Abschnitte balancierte sie geschickt, wobei das nicht unbedingt davor schützt, herunterzufallen. An abgegriffenen Kanten kann sie sich hochziehen oder entlanghangeln. Aber wirklich nur an den abgegriffenen, die Höhe scheint keine Rolle zu spielen, weshalb das System zeitweise arg inkonsistent wirkt. Ihre Sprungkraft ist überschaubar, speziell in die Weite hat ihr ein gewisser italienischer Klempner einiges voraus. Generell wirkt sie etwas träge, was mir speziell in den Sprungpassagen Probleme bereite. Hin und wieder konnte ich schlecht einschätzen, wann sie abspringen muss, um einen Abgrund zu überwinden, was auch mit der Perspektive zusammenhängen könnte. Immerhin sind die Rücksetzzeiten sehr kurz, zurück geht es maximal bis zum Anfang des aktuellen Bildschirms. Das Achievement, das Spiel ohne Tod zu absolvieren, kann ich mir damit aber abschminken (und dürfte generell sehr schwer sein). Am Ende kommt noch Zeitdruck dazu, was es besonders nervig macht.

Screenshot: Gegner übernehmen hilft nicht nur bei Rätseln, sondern bannt zumindest eine Gefahr für Quill
Gegner übernehmen hilft nicht nur bei Rätseln, sondern bannt zumindest eine Gefahr für Quill

Die Kämpfe sind relativ einfach aufgebaut, meist wird Quill durch rote Barrieren in eine Arena eingesperrt, es erscheinen aus dunklen Löchern nach und nach meist ein bis drei Gegner, gerne auch in mehreren Wellen, sind alle besiegt geht es weiter. Ihr Schwert ist dabei die einzige Waffe, mit einer dreistufigen Kombo, die etwas Übung braucht, weil sie recht lange dauert und die Heldin sich bei jedem Schlag ein kleines Stück nach vorne bewegt. Es gibt aber auch nur drei Gegnertypen: Die einfachen Käfer sind Nahkämpfer und deuten ihre Attacken durch eine lange Angriffsanimation weit im Voraus an, die Scorcher können magische Geschosse verschießen und die Ticker genannten Gift-Käfer explodieren in der Nähe von Quill nach eine paar Sekunden.
Lange unterschätzt habe ich, wie nützlich es ist, die Gegner zu übernehmen. Vielleicht auch, weil sie per Bewegungssteuerung gesteuert werden, was auf der PSVR nur so suboptimal funktioniert, zumindest wenn man den Dual-Shock-Controller nutzt. Soweit ich mich erinnere, wurden die Move-Controller nicht unterstützt, die denen meiner Rift S durchaus ähnlich sind. Die Gegner bewegen sich übernommen sehr träge und auch etwas störrisch. An einigen Stellen ist es nötig, um sie zum Beispiel auf Schalter zu stellen, damit Quill durch eine geschlossene Tür kann, oder mit den Scorcher-Geschossen einen Schalter aus der Entfernung auszulösen. Aber auch im Kampf kann es nützlich sein, und wenn sich Quill dadurch nur um einen Gegner weniger kümmern muss. Da sie nur zwei Treffer aushält ist das nicht zu unterschätzen. Als Spieler kann ich sie zwar heilen, allerdings muss sie dafür einige Sekunden ruhig stehen, wo sie oft gleich wieder einen Treffer abkriegt, wenn sie sich nicht weit weg und geschützt vor den Gegnern befindet.

Generell bietet Moss nur wenigen Gameplay-Features, bei einer Spielzeit von ungefähr vier Stunden, tendenziell etwas weniger, merkt man das auch. Gerade die Kampfarenen werde recht schnell routiniert, wegen der wenigen Gegnertypen. Die Rätsel werden meist auch sehr ähnlich eingeführt: Als erstes gibt es eines, das extrem einfach ist, um die Grundidee zu veranschaulichen. Dann wird das Prinzip oft mehrfach wiederholt, gerne auch später nochmal. Dadurch wirkt das Spiel etwas gestreckt. Nicht dramatisch, aber doch merklich. Ohne zu viel zu verraten: das hat der nur wenig längere Nachfolger besser gemacht.

Kleine Maus im Fokus: die Story

Zu Beginn gibt es etwas Hintergrundstory zu einem Krieg lange vor dem Spiel, wodurch sich die Mäuse, zu denen auch Quill und ihr Onkel zählen, in eine Lichtung im Wald zurückzogen. Eines Tages findet die abenteuerlustige Mausedame in glitzerndes Stück Glas, was eine bedeutende Rolle spielt. Von da an entspinnt sich ein Abenteuer, dass sie zurück in die Heimat ihrer Ahnen führt, ein etwas entfernt liegendes Schloss, das von den Feinden, die nur "die Geschmiedeten" genannt werden, besetzt ist.

Screenshot: Was nicht in der Spiel-Engine dargestellt wird, sieht man als Zeichnungen im Buch - wie fast alle Dialoge
Was nicht in der Spiel-Engine dargestellt wird, sieht man als Zeichnungen im Buch – wie fast alle Dialoge

Auf ihrem Weg trifft Quill weitere Charaktere, wie einen Stamm Elfen (die mich mehr an Feen erinnern als an die groß gewachsenen Humanoide der klassischen Fantasy, aber ein wenig arrogant sind sie auch). Dialoge und allgemein die Interaktion zwischen Charakteren spielen sich meist in gezeichneten Zwischensequenzen und nicht in der Spielgrafik ab. Die Inszenierung scheint dadurch etwas einfach, aber vor allem durch die Erzählerin wirkt es nicht dröge. Die Geschichte ist im Kern relativ simpel gestrickt, hat aber durch ihre märchenhafte Erzählung und Fokus auf kleine Protagonistin einiges an Charme.

Erweiterung für Kenner: die Zwielichtgärten

Gegenüber der von mir bereits gespielten PSVR-Version gab es eine kleine Erweiterung. Mir fiel schon zu Beginn auf, dass im Auswahlmenü des ersten Kapitels ein grünes Tor angezeigt wurde, an das ich mich nicht erinnern konnte. Im Spiel selbst fand ich dann bei einem grünen Schleier selbiges Tor, was zu den neuen Zwielichtgärten führt. Zwei weitere lassen sich finden, wirklich versteckt ist keines davon. Nur bei einem habe ich den Weg dorthin nicht sofort gefunden.

Durch das Tor komme ich in einen Bereich, der einem bereits bekannten sehr ähnlichsieht, ein vorher nicht verfügbarer Weg führt zu drei neuen Leveln. Jeder enthält knackige Rätsel, wo oft wichtig ist, in welcher Reihenfolge ich Schalter drücke und manchmal ist sogar etwas Timing gefragt – zumindest so, wie ich sie gelöst habe. Die Rätsel dürften die schwersten sein, die das Spiel zu bieten hat. Es gibt auch Kampfarenen, die lockern aber eher auf, wirklich schwierig fand ich sie nicht. Allein schon, weil ich mit den gleichen Gegnern konfrontiert wurde. Wirklich neu ist ein Bosskampf am Ende, von denen es im Spiel ansonsten keine gibt. Wirklich schwer fand ich ihn auch nicht, seine Angriffsmuster sind schnell durchschaut. Da hat mich mehr gestört, dass ich im zweiten Teil nochmal den exakt gleichen kämpfen darf.

Screenshot: Die Zwielichtgärten bieten die wahrscheinlich schwersten Rätsel im Spiel
Die Zwielichtgärten bieten die wahrscheinlich schwersten Rätsel im Spiel

Habe ich alles erfolgreich gelöst, bekomme ich auch zwei handfeste Belohnungen: Zuerst eine neue, vom Design her an Elfen inspirierte Rüstung für Quill. Die aber wohl nur anders aussieht, die Mausedame bewegt sich nicht anders und hält nicht mehr aus. Das zweite hat aber Auswirkungen, nämlich ein neues Schwert. Statt es zu schwingen sticht Quill damit zu, wodurch ich ihre Positionierung im Kampf etwas ändern musste. Generell fand ich es etwas einfacher zu kontrollieren als das Standardschwert, das kann aber Geschmackssache sein. Im Menü kann ich beides jederzeit wechseln.

Die Zwielichtgärten sind eine kurze, aber gut gemacht Erweiterung von Moss, die vor allem Rätselfreunde anspricht. Sie ist komplett optional, aber wenn man schon dabei ist, kann man sie mitnehmen. Vielleicht am besten alle an einem Stück, sobald man alle drei Tore gefunden hat.

Buch 2

Beim zweiten Teil haben die Entwickler nichts wirklich anders gemacht, sondern vor allem erweitert. Das Grundgerüst des ersten Teils wurde beibehalten, neue Features eingebaut und die Story deutlich größer gestaltet. Die Spielzeit ist mit etwas über vier Stunden nur wenig länger, profitiert aber von den neuen Gameplayelementen und wirkt dadurch nicht mehr gestreckt.

Neue Wege: das Gameplay

Grundlegend basiert der zweite Teil auf dem ersten, das Gameplay wurde aber ausgebaut. Als Leser bekomme ich früh im Spiel eine neue Fähigkeit, indem ich blanke Ranken wieder erblühen lasse, damit Quill daran klettern kann. An solchen mit Blättern ist das nicht nötig, daran kann sie immer klettern. Objekte verschieben und neue Wege für die Mausedame zu eröffnen gehört weiter dazu, es gibt zudem weitere Objekte zum Interagieren, wie Plattformen, die an Seile hängen und sich schwingen lassen. Beim ersten mal macht Quill noch eine Bewegung, wie wenn sie darauf surft. Hach, ist das alles wieder putzig.

Screenshot: Als Leser kann ich Ranken zum Blühen bringen, damit Quill darauf klettern kann
Als Leser kann ich Ranken zum Blühen bringen, damit Quill darauf klettern kann

Auch Quill lernt ein paar neue Tricks, vor allem durch ihre neuen Waffen. Im Verlauf des Spiels findet sie neben ihrem Schwert mit den Chakrams und einem Hammer zwei weitere. Die Chakrams machen weniger Schaden, dafür haben sie eine gewisse Reichweite, Quill ist mit ihnen etwas sicherer vor den Gegnern. Der Hammer ist das Gegenteil, der Kopf der Waffe ist größer als der von Quill, sie kann ihn zuerst kaum heben. Entsprechend schwerfällig spielt er sich, erledigt dafür die meisten Gegner mit einem Treffer. Alle verfügen zudem über eine Spezialfunktion: Mit dem Schwert eine Art Dash, primär dazu gedacht um kleinere Lücken zu überwinden, die zum Springen zu weit wären. Ein Chakram bleibt in den meisten Wänden stecken, beim Zurückholen kann damit ein Schalter ausgelöst werden, der Weg wird durch eine geisterartige Linie dargestellt. Mit dem Hammer kann ich eine Art Geister-Hammer erschaffen, den ich mit Quill platzieren, aber unabhängig von ihr auslösen kann – sehr praktisch, um Gegner anzulocken oder Schalter auszulösen.
Die Spezialfähigkeiten werden durch Halten der Schlag-Taste und berühren mit der Kugel, mit der ich als Leser mit der Welt interagiere, aufgeladen und dann per Taste ausgelöst, beim Hammer muss ich zudem die geisterhafte Darstellung als Leser berühren. Die Bewegungssteuerung wird dafür sehr ausgiebig genutzt, was mich allgemein etwas nervt, gerade beim Hammer, weil ich je nach Platzierung und trotz meiner relativ langen Arme mich strecken muss. Teilweise musste ich aufsehen, um ranzukommen. Wirklich warm werde ich mit dieser Art der Eingabe wohl nie, aber das meiste ist hier gut gelöst.

Gerade bei den Chakrams war ich zuerst etwas verwirrt, weil die Möglichkeiten und Effekte nicht gut erklärt werden. Statt Text verlässt sich das Spiel darauf, dass Quill in den entsprechenden Situationen mir pantomimisch vormacht, was zu tun ist. Was aber entweder nur aus Zeigen auf das Objekt besteht (dass ich den Schalter drücken muss ist mir schon klar, aber das WIE erschließt sich mir nicht) oder sie so uneindeutig sind, dass ich es schlicht nicht verstehe, egal wie putzig sie animiert sind.

Damit Quill nicht komplett die Oberhand bekommt, gibt es auch bei den Gegnern Neuzugänge: Ein Art Raupe lässt sich durch übernehmen als Ball durch das Level schießen, was zum Auslösen bestimmter Schalter benötigt wird. Oder Gegner in ihrem Weg abräumt, was aber knifflig ist, weil ich bei der Levelgeometrie oft nicht erkennen kann, wie sie daran abprallen. Als zweites gibt es einen Art Artillerie-Käfer, der einen Topf mit einer Kanone vor sich herschiebt. Die Einschläge werden vorher angezeigt, übernommen kann ich seine Kanone per rechtem Stick steuern und auslösen, was zum Lösen von einiger Rätseln, speziell im dritten Akt, benötigt wird. Der letzte Neuling ist gar nicht so neu, gegen Ende des Spiels erscheint vom bekannten Käfer eine neue, gepanzerte Variante. Zuerst muss ich seine Rüstung mit der Fähigkeit des Hammers zerstören, dann kann ich ihn wie seine Artgenossen erlegen. Die Panzerung schützt auch vor dem Übernehmen durch einen Leser. Aber das war es an normalen Gegner auch schon.

Screenshot: Mit dem Chakram kann man Schalter buchstäblich um die Ecke auslösen
Mit dem Chakram kann man Schalter buchstäblich um die Ecke auslösen

Wirklich neu sind die richtige Bosskämpfe. Der Endboss im ersten Teil war kein richtiger Kampf, stattdessen musste ich unter Zeitdruck einen Parkour durchlaufen. Das ist nun anders, Quill muss sich im Verlauf des Spiels drei mächtigen Gegnern stellen und sie klassisch besiegen: Ausweichen, auf die Angriffsmuster achten und im richtigen Moment zuschlagen, gerne auch mit den Spezialfähigkeiten. Dreimal pro Phase ist der Standard, an Phasen gibt es meist drei bis fünf. Die Bosse sind gut designt und nicht allzu schwer, mir war aber nicht immer ganz klar, ob gerade die aktuelle Phase nur wiederholt wird, weil ich noch nicht verstanden habe, was zu tun ist, oder es wirklich weiter geht. Zumal sich, selbst wenn alles passt, die Angriffe oft wiederholen, mehr als drei oder vier unterschiedliche hat keiner der Bosse auf Lager. Eine Lebensanzeige oder ähnliches gibt es nicht, ich muss auf das Verhalten des Bosses und Details wie die Farbe von empfindlichen Stellen achten. Ganz am Ende haben die Entwickler nochmal einen Parkour mit Zeitdruck eingebaut, die aber nicht ganz so unbarmherzig ist wie im ersten Teil, ich habe nur drei Versuche gebraucht, inkl. fair gesetzter Checkpoints, um sie zu schaffen. Vielleicht war ich auch einfach besser eingespielt.

Das Spiel ist wieder in mehrere Kapitel eingeteilt, jedes davon in mehrere einzelnen Bildschirme, die wie im ersten Teil wie ein Diorama wirken. Der Detailgrad wurde nochmal gesteigert und sie sind vor allem größer geworden. So groß, dass sie manchmal nicht in eine Ansicht passen. Läuft Quill über bestimmte Grenzen, wechselt die Kamera zu einer anderen Perspektive, ohne dass ein neuer Bildschirm geladen wird und der Umblättern-Sound im Hintergrund erklingt. Eine vermeintlich kleine Neuerung, die aber umfangreichere Rätsel ermöglicht. Komplexer oder schwerer sind sie gefühlt nicht, ich finde, dass die im Zwielichtgärten-Addon zum ersten Teil noch einen Tacken schwerer sind.

Die größeren Level werden auch durch die Struktur des Spiels gestützt, statt dass es linear von A nach B geht, ist das Schloss, dass man am Ende des ersten Teils betreten hat, nun eine Art Hub-Level, durch Portale werden die eigentlichen Gebiete erreicht. Die neuen Fähigkeiten werden bereits angedeutet, wie der Pfeil auf dem Boden, welche eine Stelle für einen Dash zeigen. Dieses Prinzip, dass Orte erst später nach dem Erlangen neuer Fähigkeiten zugänglich werden, wird normalerweise Spielen im MetroidVania-Genre zugeschrieben, aber das große Vorbild von Moss, The Legend of Zelda, macht das nicht anders.

Screenshot: In der Schmiede kommt es zu einem ungleichen Duell mit dem Wächter, das aber sehr klassisch ausfällt
In der Schmiede kommt es zu einem ungleichen Duell mit dem Wächter, das aber sehr klassisch ausfällt

Teilweise hatte ich Probleme zu sehen, wo es weiter geht. Manche der Kletterkanten wurden durch andere Geometrie halb verdeckt oder heben sich nicht gut von den normalen Texturen hab, wodurch ich im Spiel hängen blieb, weil ich sie schlicht nicht erkannt habe. Oder wo die Käfer entlang gerollt werden können, einige der Stellen waren für mich nicht ersichtlich. Die Objekte zum Interagieren haben wieder diesen bläulichen Schimmer, aber dass Stalagmiten in der Höhle da auch dazu zählen, habe ich nicht erkannt. Ich habe sie schlicht für kosmetische Details gehalten und habe erst durch Nachschauen erfahren, dass ich sie von der Decke holen kann, um neue Plattformen zu erschaffen. Da war der erste Teil besser, weil gradliniger und mit weniger Optionen, aber auch weniger Möglichkeiten, um hängen zu bleiben.

Neue Freunde und ein Twist: die Story

Die Geschichte schließt direkt an den ersten Teil an, und damit meine ich wirklich direkt an das Ende des ersten, es dürften in der Story nur ein paar Minuten vergangen sein. Die von Quills Onkel angedeuteten, größeren Ereignisse treten nun ein. Die Geschmiedeten sind auf die kleine Maus und ihre Taten aufmerksam geworden, jetzt gilt es sie endgültig zu besiegen. Allgemein ist das Spiel deutlich größer, was man schon an den Level sieht, aber auch an der Story. Es gibt mehr Hintergründe zum Krieg gegen die Geschmiedeten, mehr Charaktere spielen eine Rolle und die Umgebungen sind deutlich abwechslungsreicher. Es gibt dabei viele Details zu entdecken, wie Bilder im Schloss, welche Mäuseritter zeigen, die auf Eichhörnchen reiten, gerne in Rüstungen. Und die Statuen, die ähnliches darstellen. Aber auch Rüstungen gefallener Krieger, teils kann ich auch noch die kleinen Skelette darin erkennen. Düsterer wird es aber nicht, ältere Kinder, die VR spielen können, können auch ihr Abenteuer in Moss wagen, zumindest meiner Einschätzung nach.

Screenshot: Mit den Kapiteln verändert sich die Umgebung, in der man das Buch Moss liest
Mit den Kapiteln verändert sich die Umgebung, in der man das Buch Moss liest

Nicht geändert hat sich die Leser- bzw. Buch-Metapher. Große Story-Ereignisse werden weiterhin als Zeichnungen in einem Buch dargestellt, statt in der Spielgrafik. Das mag stilistische Gründe habe, aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass das relativ kleine Team von Polyarc das alles anders nicht hätte leisten können. Dafür sind es gefühlt ein ganzes Stück mehr Story-Sequenzen in der Bibliothek, die mich mehr an eine Kirche erinnert, geworden. Die verändert sich auch je nach Kapitel: Nach dem zweiten, das im Reich der Elfen spielt, ist sie mit Ranken und Bäume überwuchert, nach dem dritten ist analog zu dessen Umgebung alles mit Schnee bedeckt. Diese netten Details tragen zur Atmosphäre bei. Auch wenn einfacher gehalten, passt die Inszenierung, die vor allem von der herausragenden, deutschen Sprecherin lebt. Wie eine Mutter, die ihrem Kind ein Märchen vorliest und sich dabei sehr viel Mühe gibt, die Geschichte spannend zu erzählen.

Im Kern ist die Geschichte wieder eine relativ einfache Fantasy-Story mit märchenhaftem Einschlag, im Endeffekt geht es darum, den Oberbösewicht zu besiegen. Ein Aspekt hat mir aber gefallen, über den ich zwar nicht zu viel verraten will, aber zumindest erwähnen will, weil er so ungewöhnlich ist: Die Rolle des Spielers als Leser und sein Einfluss auf die Spielwelt wird näher beleuchtet und es gibt spät im Spiel noch einen Twist, der mich die Ereignisse in einem etwas anderen Licht sehen ließen. Dabei will ich es an dieser Stelle aber auch belassen, es ist besser, wenn ihr es selbst erlebt.

Fazit

Das erste Moss ist ein sehr gelungenes, wenn auch einfach gestricktes und gradliniges Action-Adventure, sehr von The Legend of Zelda inspiriert. Der zweite Teil baut darauf auf und erweitert die Möglichkeiten des Spielers und der Mausedame Quill. Dazu wurde auch die märchenhafte Geschichte ausgebaut und hat auch noch einen guten Twist zur Einbeziehung des Spielers zu bieten. Es sind zwar reine VR-Spiele, ich denke aber, sie würde auch ohne eine dieser Brillen auf der Nase gut funktionieren. Aber eine Bewegungssteuerung ist Pflicht.

Die beiden Moss-Spiele sind für mich deshalb absolute Must-Haves für VR-Spieler. Ich habe sie auf PC gespielt, sie sind aber auch auf einigen anderen VR-Plattformen wie PlayStation VR und den Oculus Meta Quest VR-Brillen verfügbar. Ein wenig Schade, dass dieses Kleinod deshalb nur einer recht begrenzten Zielgruppe zugänglich ist.