Review: Serious Sam 3: BFE

In der Flut der Call-of-Duty-Abklatsche (u.a. der letzte Teil der Wolfenstein-Reihe) schwimmt Serious Sam als einer der wenigen Old-School-Shooter gegen den Strom. Mit einer aggressiven Werbekampagne mit etwas krankem Humor und dem markigen Spruch „All Man. No Cover“ hat Serious Sam 3 bereits im Vorfeld viel Wirbel gemacht, aber wird es dem Hype gerecht?

Zuerstmal zum Titel: bisher wurde nicht endgültig geklärt, was das kürzel „BFE“ bedeuted – „Before First Encouter“ macht Sinn, da das Spiel als Prequel zu The First Encoutner angesiedelt ist, zumindest was die Story angeht. Aber die war in Serious-Sam-Spielen noch immer Nebensache und ist sie auch diesmal. Die lange Fassung: Die Menschheit wagt sich mit in Ägypten gefundener Alientechnologie ins Weltall hinaus, was Oberbösewicht Mental nicht passt, der daraufhin die Erde angreift. Letzte Hoffnung ist Sam „Serious“ Stone und die Timelock genannten Zeitmaschine, mit der er zurück ins antike Ägypten reisen soll, um Mental bei seinen ersten Aktionen aufzuhalten, womit The First Encounter beginnt.

Screenshot: Das zerstörte Kairo in Serious Sam 3
Die zerstörte Stadt Kairo erinnert wenig an alte Serious Sam Levels.

Grafisch waren die Serious-Sam-Spiele immer auf der Höhe der Zeit, BFE ist dies aber nicht ganz. Insgesamt sind die Umgebungen weniger farbefroh und hell wie in den vorherigen Teilen, die Stimmung gerade im ersten Abschnitt des Spiel wirkt eher wie ein Call-of-Duty oder Battlefield als ein Serious Sam, das vor allem im zweiten Teil mit bonbonfarbenen Umgebungen und Gegner aufwartete. Zu beginn kämpft man sich noch durch das zerstörte Kairo, während später eher Serious-Sam-typische Levels wie Tempelanlagen und offenen Areale dominieren. Auch die obligatorischen Gang-Levels, die man 8-10mal abläuft wenn eine neue Welle Gegner erscheit sind dabei, auch wenn das letzte nur ein schmuckloser Canyon ist.

Screenshot: Staubwolken in Serious Sam 3
Staubwolken in Serious Sam 3

Die Gegner sind aber gut texturiert und die Levels mit vielen Details versehen. Die Umgebung lässt sich nur an vorgegebenen Stellen zerstören, welche auch noch sehr selten sind. Was sich allerdings die Designer mit dem Staub gedacht haben ist mir ein Rätsel. Kaum hat man eine Explosion ausgelöst, egal ob es per Kopfloser-Kamikaze, Granat- oder Raketenwerfen, wirbelt eine enorme Menge Staub auf, durch welchen man fast nichts mehr sieht. Besonders kritisch wird es, wenn man die Schreie der Kopflosen Kamikaze hört, aber niemanden sieht. Blindes Feuer hilft zwar ein wenig, die Rückwartstaste wird aber schwer belastet. Kleer sind aus dem Staub heraus fast noch gefährlicher, da sie mehr Treffer aushalten.
Das Waffenarsenal hat sich entsprechend angepasst, die Tommygun ist einem Standard-Militär-Maschinengewehr gewichen, ebenso wie die einfache Schrotflinte durch eine realistischere Version ersetzt wurde. Neu ist der Vorschlaghammer als Nahkampfwaffe, die gewaltigen Schaden austeilen kann, und der Nahkampfangriff. Damit können bestimmte Gegner mit einem Schlag erledigt werden, was aber nur zu beginn nützlich ist, wenn die Gegner noch nicht so zahlreich sind. Später mit den typsischen Massen an Gegner ist es einfach nur noch unpraktisch, zumal man dann auch mitten in den Gegner steht und schnell umzingelt ist. Zudem hält man meistens noch eine Trophäe in der Hand, z.b. der Kopf eines Kleer oder das Auge eines Gnaar. Diese Sequenzen sind meistens auch sehr blutig, die Sicht danach durch Blutspriter auf dem HUD kurzzeitig eingeschränkt – Serious Sam 3 ist kein Spiel für Kinder. Kreative und witzige Waffen wie der Kamikaze-Papagei Klodwig sucht man vergebens. Ansonsten sind es die üblichen Verdächtigen: Raketenwerfen, zwei Schrotflinten, Minigun, Kanone. Der Granatwerfer wurde angepasst und feuert wesentlich schneller als früher, aber die Änderung ist auch eher klein. Im Einzelspieler bin ich nicht auf das Scharfschützengewehr und das Lasergewehr gestoßen, im (Deathmatch-) Multiplayer sind sie aber vorhanden.

Screenshot: Fliegenden Gegner in Serious Sam 3
Die neuen, fliegenden Gegner sind vor allem nervig.

Am grundlegenden Gameplay hat sich nichts geändert: Noch immer startet Sam in einem Level, bis die ersten Gegner erscheinen. Erst wenige, dann mehr und noch mehr. Und da viel noch nicht reicht, erscheinen die typischen Massen an Gegnern, die man nur mit schwerem Gerät Herr wird. Wie in Doom werden Zwischengegner später zu Standardware, von denen man auch mal fünf auf einmal begegnet. Spätestens jetzt ist Taktik gefragt (klingt komisch, ist aber so), mit purem Draufhalten tut man sich keinen Gefallen. Die Rückwärts-Taste ist der beste Freund des Spielers, sofern man nicht an einem Teil des Levels hängenbleibt. Neue Gegner gibt es auch, vor allem fliegende: ein besetzer Hubschrauber und eine fliegende Dämonin, die beide sehr nervig sind. Zum einen, weil sie häufig von Gegner am Boden begleitet werden und man sich nicht auf beide Ebenen konzentrieren kann und zum anderen, weil gerade die Dämonin im Kampf unsichtbar wird, sich neu positioniert und dann wieder angreift. Dabei wird das Bild grau und verlangsamt, weshalb sie zu finden sehr schwierig wird. Ein weitere Neuzugang ist der sog. Scrapjack, ein großer Fleischklos mit Raketenwerfern an den Armen, die schneller feuern als die der bekannten Mechs. Nach mehreren Treffern wird er kurz gelähmt, nur um dann noch schneller zu feuern.

Screenshot: Fünf vormalige Bossgegner aufeinmal.
Wenn viel nicht genug ist: Fünf Exemplare eines ehemaligen Bossgegners tauchen aufeinmal auf.

Die Gegner selber scheinen mehr auszuhalten aus in den vorherigen Spielen, zumindest hat es den Anschein. Um einen Kleer auszuschalten braucht es schon einen gut platzierten Schuss aus der doppelläufigen Schrotflinte oder zwei gute aus der normalen. Auch andere Gegner wie Gnaar halten einiges aus, gerade in großen Horden müssen die Schüsse gut platziert sein. Zum Glück gibt es immer wieder Munitionskisten, an denen man beliebig oft Nachschub an Raketen oder anderem holen kann.

Screenshot: Staub erschwert die Sicht speziell in späteren Levels.
Speziell in späteren Levels stört der Staub stark

Ist Serious Sam 3 nur der erhoffte Shooter der alten Schule? Nicht ganz. Zwar hat sich am grundlegenden Gameplay, dem Gegneraufkommen und dem Leveldesign nicht viel geändert, aber andere Neuerung für die Waffen, spziell die einfache Schrotflinte und das Maschinengewehr, hielte Einzug: die aus anderen Shootern bekannten Ironsight-Funktion sowie der Zwang, beide Waffen nachladen zu müssen sind für Serienfans wenig erfreuliche Neuerungen. Dazu gibt es noch eine Sprintfunktion, praktisch um zum letzten Munitionslager zurück zu kommen. Mit den anderen Änderungen an Level- und Waffendesign fühlen sich speziell die ersten Abschnitte eher wie eine Mischung aus älteren und modernen Shootern, später übernimmt aber das Gefühl, eine echtes Serious-Sam-Spiel zu spielen.
Ein weiteres Merkmal der Serie ist der Humor: Sam hat schon immer bekannten Konkurenten oder anderen Dinge auf die Schippe zu nehmen, aber diesmal geht er eher ernst zu. Die One-Liner sind seltener und meistens auch eher langweilig als witzig. Die Dialoge zwischen den unterschiedlichen Charakteren versuchen teilweise krampfhaft witzig zu sein, scheitern aber meistens. Die Dialoge sind zudem völlig belanglos und flach, aber viel ich dazu im Vorfeld nicht erwartet. Serious Sam macht andere Elemente als ausgefeilte Dialoge und Story aus.

Screenshot: Im kooperativen Modus ist Serious Sam immernoch am besten.
Im kooperativen Modus ist Serious Sam immernoch am besten.

Ich konnte auch noch einen kurzen Blick auf den Multiplayer werfen. Kooperativ ist das Spiel natürlich ein Spaß wie die bisherigen Teile der Serie, wenn auch mit den Macken wie im Einzelspieler, speziell der Staub oder die teil etwas unglücklich gesetzten Speicherpunkte.
Im Deathmatch fühlte ich mich an Doom 2 erinnert: Die Karten sind klein und flach, die Doppelläufige Schrotflinte extrem stark. Negativ: sobald man getroffen wird verschwimmt das Bild stark und man kann sich nach einem guten Treffer kaum noch orientieren und ist quasi wehrlos.

Fazit: Sam ist wieder da, wenn auch nicht ganz so, wie ich es mir gewünscht habe. Grafisch ist Sam nicht schlecht, wenn auch nicht ganz of der Höhe der Zeit. Das bewährte Gameplaygerüst wurde nur geringfügig verändert, aber nicht unbedingt zum besseren. Neuerugen wie die fliegenden Gegner und der Staub nerven, dazu das ungewohnte Setting und die triste Grafik. Kooperativ ist es ein Spaß wie eh und je, aber irgendwie habe ich den Eindruck, Croteam ist die letzten Jahre einfach stehen geblieben, da die Unterschiede zum ersten Teil nur sehr gering sind. Die acht Stunden Spielzeit für den Einzelspieler sind mittlerweile als gut anzusehen, aber auch nichts außergewöhnliches. So ist Serious Sam 3: BEF kein schlechtes Spiel, aber auch kein überragendes. Meine Empfehlung: auf den nächsten Steamdeal warten und währenddessen die alten Teile weiterspielen.

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