Serious Sam ist eine Spielereihe, die mich schon lange begleitet. Der erste Teil war 2001 noch ein echter Überraschungshit, als ein kleines Team aus Kroatien ein Spiel erschuf, welches mit den großen des Genres zu dieser Zeit nicht nur mithalten, sondern an einigen Stellen auch übertrumpfen konnte. Die direkten Nachfolger konnte da aber nicht mehr anknüpfen, während das Gameplay auf dem bewährten Fundament blieb (im Guten wie im Schlechten), schlichen sich die ein oder anderen eher nicht so passenden Neuerungen ein, speziell im dritten Teil. Auch technisch enteilte die deutlich mannstärkere Konkurrenz zunehmends.
Neben dem wohl sehr guten (wohl weil ich selbst noch nicht dazu gekommen bin, ihn zu spielen) Puzzle-Ausflug The Talos Principle und einigen, mehr oder weniger gelungenen VR-Ablegern, kehrt Croteam zu seinem bekanntesten Werk zurück. Die Wertungen in der Presse waren eher verhalten, als Fan der ersten Stunde hab ich mir aber trotzdem selber angesehen, was das Spiel zu bieten hat.
Inhalt
- Inhalt
- Schon lange nicht mehr an der Spitze: die Technik
- Sam wie man in gewohnt ist: das Gameplay
- Back to the Future: die Story
- Fazit
Schon lange nicht mehr an der Spitze: die Technik
Ich erinnere mich noch an das erste Serious Sam, dessen Technik mich damals sehr beeindruckt hat. Die Texturen, Details und vor allem die Massen an Gegner – das konnte damals mit den ganz Großen durchaus mithalten. An der ein oder anderen Stelle wurde zwar getrickst (z.b. gab es im ganzen Spiel kein Glas), aber das machen alle mehr oder weniger auffällig. Manche waren auch echt nützlich, z.b. gibt es in The Second Encouter einen Raum in Form eines Zylinders, an dessen Innenseite man läuft. Das war schon cool. Solche Spielereien gab es leider nie wieder, selbst im Remake wurde der Raum umgebaut, die neue Engine konnte solche Tricks nicht mehr. Und auch allgemein fielen die Kroaten was die Technik angeht hinter die Konkurrenz mit jedem Spiel weiter zurück, gegen die teils Hundertschaften, die andere Entwickler auffahren kam das kleine Team eben nicht mehr an.
Aber genug der Nostalgie, wie sieht es heute aus? Im Prinzip wie befürchtet, sie fallen immer weiter zurück. Insgesamt geht die Graifk zwar in Ordnung, kann aber mit Titeln wie Doom Eternal nicht mithalten, sowohl was Detailgrad als auch Performance angeht. Dazu häufen sich Grafikartefakte wie nachladende Texturen, Vegetation oder anderen Bildelemente. Besonders merkwürdig fand ich sich scheinbar hebende und senkenden Geometrie, je nachdem, wie weit ich von ihr weg war. Dazu tauchen sie ständig auf, selbst innerhalb einer Zwischensequenz kann es nach einem Wechsel der Kameraperspektive zu den Fehlern kommen.
Dazu wirkt die Beleuchtung sehr statisch, was vor allem in Innenräumen auffällt. Zwar finden die meisten Level unter freiem Himmel statt, wo es nicht mehr so stört, zeitgemäß ist das aber nicht.
Die Effekte sind meistens ganz ansehnlich, Gegner zerspratzen selbst durch Beschuss relativ schwacher Waffen wie der Pistole teilweise in ihre Einzelteile. Besonders spektakulär ist das Ableben einer riesigen, fliegenden Metall-Schlange als Miniboss, welche von ein paar sehr schicken Partikeleffekten begleitet wird. Leider bleiben sie die Ausnahme, alles andere ist nur solide.
Ein Highlight sollte das neue Legion-System sein, was verspricht zehntausenden von Gegner gleichzeitig auf dem Bildschirm darstellen zu können. Und das tut es auch – aber eingesetzt wird es nur im Intro und dem allerletzten Level. Alles davor beschränkt sich auf zuerst einige dutzend, maximal einhundert Gegner gleichzeitig – und damit nicht mehr, als die Vorgänger konnten.
Die Level sind wie gewohnt sehr groß, wobei sie nicht mehr wie früher nur aus leeren Flächen bestehen. Zwar ist ihre Grundform meist immer noch recht einfach, aber mit mehr Details wie Bäumen und Mauerstücken versehen. Trotzdem wirken sie sehr statisch, weil so gut wie nichts zerstörbar ist – was zumindest für mich eigentlich mal ein Markenzeichen der Serie war. Im ersten Abschnitt kann ich nicht mal die Bäume zerstören, das geht immerhin im zweiten. Also teilweise, manche halten selbst Treffer vom Raketenwerfer aus ohne auch nur zu zucken. Anderes wie Vasen, Kisten oder Statuen sind nirgends zerstörbar – das ist für mich ein klarer Rückschritt. Wenn es selbst der Serie-Urvater konnte und versteckte Gegenstände in Kisten ein sehr bekanntes Element von Spielen dieser Art war und eigentlich auch sein sollte. Moderne Vertreter klassischer Shooter wie Dusk oder Amid Evil haben es beibehalten, hier hätte ich mir das auch gewünscht.
Den Artstyle würde ich als dezente Weiterentwicklung des dritten Bezeichnen: eher realistisch und damit weit weg vom Comic-Bonbon-Look des zweiten Teils, und auch nicht so leicht überzeichnet wie die ersten Teile. Viele Gegner sind sehr "fleischig", zeigen also viele ihrer Muskeln, aber je nach Gegner Eiter-Pusteln oder Schuppen. Aber das sieht man nur im Nahkampf, und dann ist es eigentlich schon zu spät.
Musik und Soundeffekt sind auf dem gewohnten Level, nicht das aller beste, aber auch nicht weit weg davon. Die treibenden Musik in den Kämpfen wechselt sich gut mit der ruhigen ab, die teils schon zu entspannend wirkt. Bei den (englischen) Sprechern sind ein paar bekannte Namen dabei, aber da die Story nicht den größten Fokus hat haben sie nur recht wenige Zeilen Dialog.
Sam wie man in gewohnt ist: das Gameplay
Bei Serious Sam denke ich an eines: tonnenweise Gegner in einfachen Arenen abschlachten und dabei rückwärts laufen. Kurze Pause, und das selbe von vorn. Und extrem große Bossgegner. Diesem einfachen Gameplay-Loop bleibt der vierte Teil treu, es gibt nur ein paar wenige Neuerungen, aber der Reihe nach.
Wie gewohnt wird man mit einem zuerst noch spärlichen Waffenarsenal in große Level mit massenweise Gegner geworfen. Und groß ist das richtige Stichwort: im Gegensatz zu früher legen die Entwickler bei der Größe der Level eine gute Schippe drauf. Gerade der zweite Akt in Frankreich spielt in weiten Feldern und Wäldern, die von Landstraßen durchzogen sind. Ohne einen fahrbaren Untersatz ist man aufgeschmissen, aber Sam findet schnell ein Motorrad und anderen Vehikel.
Die meiste Zeit ist man nur zur reinen Fortbewegung unterwegs, was die Abschnitte ausgesprochen langweilig macht. In den endlos wirkenden Feldern und Wäldern passiert einfach nichts, es gibt kaum etwas zu entdecken und allgemein wirken sie nur wie ziemlich schlechte Überbrückung zwischen den interessanten Arenen, wie kleine Dörfer und Militärbasen. Zumal hier das Problem mit der sehr spät aufploppenden Vegetation nur all zu deutlich wird. Insgesamt hätte ich auf die Abschnitte gut verzichten können.
Wirkliche Auflockerung bieten aber kurze Level, in denen man mit einem haushohen Mech unterwegs ist. Er ist stark und schlagkräftig, aber nicht unbesiegbar. Zwar bewegt man sich recht gemächlich, um speziell gegnerischen Raketen auszuweichen gibt es aber einen Dash. Die Abschnitte sind recht selten und lockern das Geschehen auf, ich mochte die aus dem zweiten Serienteil aber mehr. Allein schon, weil dessen Gefährte deutlich agiler sind. Und kreativer. Ich gehöre aber zu den wenigen, die den Plastik-Spielzeug-Bonbon-Look mochten.
Die beiden anderen Umgebungen geben sich eher klassisch: das Spiel startet in Rom, welches aber nicht den modernen Look von Kairo aus Serious Sam 3 hat, sondern mit engen, verwinkelten Gassen und Ruinen einer historischen Stadt statt modernen (und langweiligen) Hochhaus-Häuserschluchten bei mir punktet. Das passt deutlich besser zum Spiel und war auch gut Abwechslungsreich. Im zweiten Abschnitt sind die Level auf dem Weg zur Festungsstadt Carcassonne wie angesprochen offen und größtenteils Langweilig, ist man angekommen werden sie aber kleiner und eher so, wie ich es aus Serious Sam kenne. Zuletzt geht es noch in die russische Tundra, und hier wird es ganz klassisch: weite, offene Fläche mit wenig Details, durch die man sich langsam vor arbeitet, weil man wegen der Gegnermassen ständig rückwärts laufen muss. Eigentlich sollte es bei dieser Levelstruktur kein Problem sein das Ende zu finden, aber ich habe mich da tatsächlich verlaufen. Eine Karte gibt es nicht, dafür einen Kompass, der einem den Weg zum nächsten Wegpunkt zeigen sollte. Aber das kann arg verwirrend werden, weil die Punkte teilweise schlecht verteilt sind und der Kompass außer der Richtung nichts anzeigt. Da es meistens aber nur einen Weg gibt stört es nicht großartig, nur in den offenen Level kann man sich verlaufen – dann aber gleich ordentlich. Es gibt zwar auch Pfeile auf den Straßen, welchen den Weg ähnlich zu Rage 2 weisen sollen, aber die verschwinden schon nach wenigen Metern und helfen bei den langen Straßen deshalb nur bedingt. Gute Idee, könnte aber besser umgesetzt sein.
Das Waffenarsenal ist gewohnt umfangreich, wobei das meiste alte Bekannte sind: die Pistole, zwei Shotguns, Granat- sowie Raketenwerfer, Minigun und Lasergewehr sind seit dem ersten Teil treue Begleiter von Sam "Serious" Stone, und auch die Kanone ist wieder dabei. Neuere Vertreter wie das Devastator-Gewehr lassen sich auch finden. Ein paar bekannte bekommen Upgrades spendiert, wie etwas eine Zielsuch-Automatik für den Raketenwerfer oder ein extrem starker Laserstrahl für das Lasergewehr, dass so gut wie jeden Gegner in Sekunden pulverisiert, aber die Munitionsvorräte genauso schnell leert. Die wirklichen Neuzugänge sind aber überschaubar: eine schnell feuernde, automatische Shotgun sowie eine Waffe, die raketengetriebene Kettensägen (!!!) verschießt. Klingt verrückt, ist es auch, aber auch höchst effektiv gegen große und kleine Gegner.
Eine Neuerung sind die Gadgets, Zusatzitems mit speziellen Effekten: das kann Selbstheilung sein, eine Attrappe von Sam welchen Gegner ablenkt oder eine Mini-Atombombe, die so gut wie alles auf dem Bildschirm auslöscht. Ein paar bekommt man so, die meisten findet man aber in Secrets oder am Ende von erfüllten Nebenquests.
Moment, Nebenquest? Ist Serious Sam jetzt ein Rollenspiel? Nein, keine Sorge, es bleibt seinen Wurzeln als Shooter der alten Schule treu. Allerdings gibt in den ansonsten linearen Leveln immer wieder blaue Markierungen, die zu optionalen Missionen führen. Schließt man sie ab bekommt man zusätzliche Gadgets, Upgrades für die Waffen oder anderen Boni. Zwar nichts was man absolut braucht um das Spiel durch zu spielen, aber sie machen es einfacher. Und sie erzählen einigen kleine, nette Geschichten. Naja, zumindest nach den Standards von Serious Sam, aber dazu später mehr.
Allgemein ist der Schwierigkeitsgrad nicht ohne, selbst auf "Normal" musste mich anstrengen, weil die Gegner doch recht hart austeilen. Aber mit fünf wählbaren sollte für jeden etwas dabei sein.
Sam kann ein paar neue Tricks lernen, u.a. eine Nahkampf-Exekution ähnlich zu den Glory-Kills aus Doom (2016). Die ist nur leider nicht so spannend, die Animationen sind einfallslos und wiederholen sich schnell. Zudem sind sie bei den Gegnermassen nur bedingt effektiv, weil sie nur einen einzelnen Gegner ausschalten. Und wäre das nicht schon genug sind sie schwer auszulösen, wann und wie es funktioniert habe ich nie ganz herausbekommen und die Anzeige flackert nur kurz auf. Als weitere Neuerung gibt es einen einfachen Skill-Tree, durch welchen z.b. Dual-Wield (zwei Exemplare des selben Typs Waffen gleichzeitig einsetzten) oder Selbstheilung durch Meele-Kills freigeschaltet werden kann. Da ist auch nichts wirklich nie dagewesenes oder auch nur spannendes dabei, aber immerhin ganz nützliches.
Auch bei den Gegnern gibt es viele alte Bekannte und nur wenige echte Neuzugänge. Einfache Soldaten in mehreren Ausführungen sind gesetzt, ebenso die Markenzeichen von Serious Sam wie die Skelett-Kleer, die anrennenden Bullen und natürlich die kopflosen Kamikaze. Ein paar Zombies (auch brennend) sind eher langweilige Neuzugänge, interessanter sind die Vampire, welche sich Teleportieren können. Als letztes gibt es noch eine neue Alien-Spezies, die sich aus dem Boden ausgraben und mich mit ihrem braunen Look stark an die Zerg aus StarCraft erinnern.
Die Bossgegner sind gewohnt riesig, wobei die ersten später als ganz normale Gegner und teilweise auch in großer Zahl auftreten. Die sind auch nicht sonderlich interessant, einfach in Bewegung bleiben, etwaigen Projektilen ausweichen und wann immer sich die Gelegenheit bietet drauf halten, bis die Lebensleiste leer ist. Eine Ausnahme ist der Endboss des Spiels, und ohne zu viel zu spoilern: ich fand ihn nervig. Wie im dritten Teil haben sich die Entwickler eine besondere Mechanik einfallen lassen, die ich zwar schnell verstanden haben, aber nicht so gut funktioniert. Einfach gesagt muss man sich an ihm an bestimmten Punkten am gigantischen Endboss hoch schwingen und verwundbare Stellen mit C4 sprengen. Allerdings funktioniert das Schwingen nur so bedingt gut, das Einklinken in die Punkte ist ungenau und zu allem Überfluss fliegen auch noch kleine Gegner um einen herum und stören. Das macht das ganze richtig nervig, weil ich mehr als nur einmal heruntergefallen bin, dank eines kurz vorher erhaltenen Gleitschirms sterbe ich immerhin nicht, für neue Munition und Health muss ich aber weg von ihm und hin zu Aufrüststationen, was den Kampf unnötig in die Länge zieht.
Back to the Future: die Story
Auch wenn es mehr Zwischensequenzen als je zuvor in der Serie gibt, darf man kein geistreiches Meisterwerk erwarten
Spielt wirklich jemand Serious Sam für die Story? Schon seit dem ersten Spiel ist sie einerseits arg verworren (ein Typ wird durch ein Portal zurück durch die Zeit geschickt um eine in der Zukunft passierende Alien-Invasion aufzuhalten), andererseits passt sie problemlos auf eine Scheibe Toastbrot.
Und der vierte Teil ändert daran nichts, vor allem weil er, entgegen der Nummer, ein Prequel zu allen anderen ist – er spielt also noch vor Teil 3 dessen Story bereits vor allen Spielen vor ihm spielte. Serious Sam 4 geht also nochmal einen Schritt zurück, man erlebt die Anfänge von Mentals Invasion der Erde. Ein paar bekannte Charaktere kehren sogar zurück, die meisten sind aber neu. Und obwohl sich die Entwickler mehr Mühe mit der Story, Zwischensequenzen und Charakterzeichnung geben, man darf hier kein Story-Epos oder tiefe Charakterentwicklung erwarten. Aber mal ernsthaft: bei einem Spiel, wo Serious Sam drauf steht ist man dafür auch an der falschen Adresse. Die flachen Dialoge und konstanten One-Liner lockern das Geschehen zumindest auf.
Erzählt wird die Geschichte durch Zwischensequenzen zu Beginn und Ende jeden Levels, manchmal auch mittendrin, aber eher selten, sowie viele, vielen Dialoge per Funk mit den Kameraden. Die mittlerweile obligatorischen Audio- und Textfetzen, die man in jedem Level zu Hauf findet geben weiteren Kontext oder erzählen kleine Nebengeschichten, man kann sie aber auch gut ignorieren.
Fazit
Serious Sam 4 ist Serious Sam, wie man es gewohnt ist – im Guten, die im Schlechten. Der bewährte Gameplay-Loop funktioniert auch fast 20 Jahre nach dem ersten Spiel. Man darf aber nichts wirklich neues erwarten, eine modernisierte Version klassischer Shooter wie Doom (2016) ist das Spiel nicht, es hält sich sehr nahe an die Vorgänger. Die kleineren Neuerungen wie die Gadgets ändern das Spielgefühl nur marginal. Technisch geht es gerade so noch durch, fällt aber gegenüber der Konkurrenz deutlich zurück.
Fans der Serie wissen, was sie bekommen. Und für die (mich eingeschlossen) ist das Spiel keine Fehlinvestition. Andere mögen ob es altbackenen Spielprinzips eher nicht so gut unterhalten werden.