Schon StarCraft II – Wings of Liberty war mit seinen sieben Jahren Entwicklungszeit nicht unbedingt ein Schnellschuss. Blizzard Entertainment nimmt sich traditionell viel Zeit, um seine Spiele so gut wie nur irgendwie möglich zu machen, was auch eines ihrer Erfolgsrezepte ist. Trotzdem gab es Kritik, gerade an der Struktur der Kampagne. Im Mehrspieler ist StarCraft 2 momentan konkurenzlos was Echtzeitstrategiespiele angeht, der Markt wird zunehmend von MOBA-Spielen eingenommen. In Heart of the Swarm wollte Blizzard alles besser machen und haben sich dafür viel Zeit genommen. Statt den ursprünglich angekündigten 12 bis 18 Monate wurden fast 32 – mehr als zweieinhalb Jahre hat sich Blizzard für den zweiten Teil der Triologie genommen. Gut, die Entwickler aus Irvine/CA waren noch nie für ihre Schnelligkeit und Pünktlichkeit bekannt, aber das war dann doch etwas viel. Man darf aber nicht vergessen, dass sie dazwischen StarCraft 2 nicht einfach liegen gelassen haben, sondern kontinuierlich mit Patches erweitert und verbessert haben, zumeist den Mehrspielerteil und der Marktplatz für von Spielern erstellte Karten, genannt Arcade. Solisten guckten aber lange Zeit in die Röhre, wie es mit Raynor, Kerrigan & Co. weitergeht. Nachdem Blizzard mit Trailern und einem großen Launchevent die Hypemaschinerie richtig angeheizt hatte war auch bei mir die Vorfreude groß und ich habe mich direkt ins Spiel gestürzt.
Braucht man zu Blizzard Spielen noch was zur Technik sagen? Eigentlich nur das selbe wie sonst auch: Blizzard hat mit der Erweiterung keinen technischen Meilenstein abgeliefert, aber wie immer eine sehr stimmige Grafik abgeliefert. StarCraft 2 war schon 2010 nicht gerade eine Offenbarung für Grafikfetischisten und wegen der marginalen Änderungen für Heart of the Swarm ist es das heute noch viel weniger. Trotzdem haben es die Entwickler wieder geschafft, eine stimmige Spielwelt zu erschaffen. Da die Zerg in diesem Add-On im Vordergrund stehen haben sich die Grafiker diesen besonders gewidmet. Das einzige, was ich aber erkennen konnte, ist dass der Zerg-Kriecher ein wenig schleimiger und, öhm lebendiger (es ist ein lebender Organismus, das macht schon Sinn) aussieht. Das wars aber schon. Weitere Details sind mir nicht aufgefallen, zu den Umgebungen gibt es weitere unten neues.
Die Animationen der Einheiten und auch die Gestik der Figuren in den Dialogen sind sehr flüssig und stimmig, nur die Mimik ist manchmal etwas Merkwürdig, weil nicht unbedingt zur Szene passend. Die Animationen der Einheiten waren schon in Wings of Liberty sehr gelungen, auch ohne verrückte Tänze. Eine Ausnahme gibt es dann aber doch: Kerrgians Modell im späteren Spiel bewegt sich nicht nur verdammt langsam, sondern es sieht auch aus als hätte sie einen Besenstiel am Stück geschluckt. In der Masse ihres Schwarms geht sie zwar meistens unter, aber in den Installationsmissionen, gerade wenn die Kamera teils sehr nahe heranzoomt sieht es etwas lächerlich und unpassend aus.
Obwohl Wings of Liberty schon fast drei Jahre alt ist und schon damals nicht zu den besten im Bereich Grafik gehört, schafft es das Spiel meinen neuen und ziemlich guten Rechner in bestimmten Situationen in die Knie zu zwingen. In Partien mit acht Spielern mit Armeen am maximalen Einheitenlimit kann die Bildwiederholungsrate schon man in den einstelligen Bereich fallen. In der Kampagne kann dies auch passieren, wenn man die ganzen Ausmaße des Schwarms zu sehen bekommt: dass er über Milliarden von Lebenwesen besteht sieht man zwar nur selten und maximal dürften es einige hundert Einheiten gleichzeitig sein, aber dann kann die Performance schon mal in den Keller gehen, wenn auch nicht so stark wie im Mehrspielermodus. Wobei man dazu sagen muss, dass ich mit allen Grafikoptionen auf den höchsten Einstellungen (Extreme) gespielt habe. Ein Punkt der aber so nicht mehr sein sollte sind die Ladezeiten: egal ob man eine neue Mission startet oder nur die Kampagne lädt, man ist auf bis zu einer Minute dazu verdammt, auf den Ladebildschirm zu starren. Die sind zwar schick, aber das sollte im Jahr 2013 schneller gehen. Ich vermute ja das hängt mit der kleine Anzeige rechts unten zum streamen von Daten, welche auch noch scheinbar willkürlich ansteigt – sowohl bei dem geladenen auch als beim Rest.
Die Flucht aus dem geheimen Labor auf einem Wagen gehört zu den am besten inszenierten Szenen des Spiels.
Am Klang gibt es nichts zu meckern, der war auch davon schon Klasse. Die Sprecher der Einheiten und Charaktere liefern in der englischen Version eine der besten Synchronsprecherarbeiten ab, die ich bislang gehört habe. Auf ähnlichen Niveau liegen nur die Sprecher der Vorgänger oder der Mass-Effect-Reihe – nicht besonders verwunderlich, da es teilweise die selben sind. Auch die Soundeffekte können sich hören lassen, egal ob das glitschige Kreischen von Zerg-Einheiten, krachende Explosionen oder vielleicht als nicht so wichtig erachtete Umgebungseffekte wie abbrechende Eisplatten – für alles gibt es einen passenden Soundeffekt. Für ein wenig Kritik auf sehr hohem Niveau sorgt der Soundtrack: der ist zwar durchweg passend und für jede Situation des Spiels scheinen die Komponisten einen passendes Musikstück gefunden haben (auch wenn hin und wieder ein paar aus Wings of Liberty aufgewärmt werden), mir fehlt aber eine Melodie, die im Gedächtnis bleibt, bei Wings of Liberty war das vor allem die Musik im Hauptmenü des Spiels. Hier habe ich noch keines gefunden, weder im Spiel oder beim separaten anhören der Soundtrack-CD, die meiner Collectors Edition beilag. Aber wie gesagt, das ist Kritik auf sehr hohem Niveau, auch die Musik trägt ihren Teil zu der hervorragenden Atmosphäre bei.
Die Protoss-Wissenschaftlerin Lasarra wird von Kerrigan auf dem Leviathan festgehalten und sie hat noch einiges mit ihr vor…
Spielerisch gibt es dafür einige Neuerungen. Das war auch klar, denn während in Wings of Liberty noch James Raynors Mannen (und Frauen) auf der Hyperion und ihre Rebellion gegen den Imperator Arcturus Mengsk und somit die Terraner im Vordergrund standen, ist Heart of the Swarm ganz den Zerg in ihrer Anführerin Sarah Kerrigan, zuletzt bekannt als die Königin der Klingen, gewidmet. Damit das ganze nicht zu einer One-Woman-Show verkommt hat sich Blizzard neue, Zerg-spezifische Charaktere erdacht, die die Nachfolge des Overmind und der Zerebraten, die dafür in StarCraft und StarCraft: Broodwar zuständig waren, antreten. Neben Kerrigans Beraterin und Gedächtnis der Königin der Klingen, Izsha tummeln sich zu beginn auf dem Leviathan, einem gigantischen Organismus der eine komplette Armee beherbergt, die Brutmutter und Rechte Hand von Kerrigan, Zagarah sowie der Evolutionsmeister Abathur.
Wie für Zerg angemessen kümmern sie sich natürlich nicht um Geld, weswegen sie keine Missionen erfüllen muss, um an Geld zu kommen. Wichtiger für Zerg sind die Essenzen von Lebewesen, die sie in den Schwarm assimilieren können. Speziell Abathur ist daran interessiert, den Schwarm zu verbessern und neue Einheiten und Verbesserungen an bestehenden Vorzunehmen. Da dies sein einziger Daseinszweck ist gestalten sich die Dialoge mit ihm etwas merkwürdig, da er keinerlei menschliche Züge hat und Kerrigans Ansichten oft nicht versteht. Das ist aber normal, er ist ja kein Mensch und sollte ich auch nicht entsprechend verhalten. Natürlich treten weitere Charaktere auf, die Rebellion von Raynor und seinem Kapitän Matt Horner wird seit der Schlacht um Char in Wings of Lierty (und den Geschehnissen im Buch Flashpoint, welche die Geschichte beider Spieler verbindet) von Valerian Mengsk unterstützt. Ansonsten finden sich auf dem Leviathan später und teilweise kurzzeitig der dunkle Templer Zeratul, Dehaka, der Anführer eines Packs von Urzerg, die Protoss Wissenschaftlerin Lasarra sowie ein aus Broodwar bekannter Charakter, den ich schon vergessen hat, ein. Den Namen letzteres verschweige ich an dieser Stelle um nicht zuviel zu verraten. Wer allerdings die Geschichte von Broodwar (und evtl. einiger der Bonus-Missionen, die danach erschienen) noch im Kopf hat wird weniger Überrascht reagieren als ich.
Auf Zerus trifft Kerrigan den Ancient One, einen Zerg der die Erschaffung des Overminds miterlebt hat.
Aber kurz zurück: Urzerg? Ja, man trifft auf wilde Zerg, die noch auf dem Urzeitplaneten Zerus leben von dem die Zerg ursprünglich stammten, aber nie dem Schwarm angehörten. Sie haben sich teilweise anders entwickelt, können aber sehr viel schneller als der Schwarm neues Genmaterial assimilieren, gehen dafür aber die ein oder andere Gefahr ein, dass es nicht funktioniert. Abathur geht da vorsichtiger vor, da der Schwarm auch mit höchster Effizient agieren soll. Das ist schon die kurze Erklärung dass man unter den Urzerg auch Hydralisken und andere Geschöpfe des Schwarms findet. Neben Zerus mit seinem Dschungel-Setting besucht man einen Eismond, das innere eines Protossschiffs (das Aussehen erinnert verdächtig an den vierten Akt von Diablo 3, nur mit Sternen im Hintergrund), eine klinisch rein wirkende Installation der Terranischen Liga und der Weltraum in einer Spezial-Mission, mehr dazu später. Zusätzlich habe fast alle bekannten Settings einen erneuten Auftritt, für Abwechslung ist also gesorgt. Und das nicht nur bei den Umgebungen, auch bei den Missionen gleicht keine der Anderen. Hat man es ganz zu beginn noch mit Installationsmissionen zu tun, in denen man Kerrigan steuert, gibt es später einen guten Mix aus Aufbau-und-Zerstöre-, Verteidigungs- und Installationsmissionen. Einen Sonderfall gibt es später im Spiel, in der man die Hyperion in einem sehr von DotA-inspirierten Mission kommandiert. Dies ist auch die einzige Mission in der man keine Zerg zur Verfügung hat, eine Äquivalent zur Protoss-Minikampagne aus Wings of Liberty gibt es leider nicht. Ein wenig Schade ist dass die gerade mal 20 Missionen (nicht Evolutionsmissionen nicht mitgezählt, mehr dazu später) auch durchweg sehr kurz sind. Für die wenigsten braucht man länger als eine halbe Stunde, selbst wenn man sich viel Zeit lässt. Das führte bei mir dazu, dass ich für einen kompletten Durchlauf der Kampagne gerade mal knapp 11 Stunden brauchte. Hier ging klar die Qualität über die Quantität, da einige Missionen enthalten sind, die mir dauerhaft im Gedächtnis geblieben sind. Es entstand auch kein merklicher Leerlauf, es war immer was los und was zu tun – wie es in einem guten Echtzeitstrategiespiel auch sein soll, wer es ruhiger haben will sollte sich eher in Richtung der Aufbaustrategiespiele bewegen.
Wie in Wings of Liberty bekommt man auch in den meisten Missionen eine neue Einheit, die meistens auch der Schlüssel zum Sieg in dieser Mission ist. Wobei ich dieses mal auch gut mit einer Standard-Einheiten Kombination gefahren bin, Schabe/Hydralisk ist einfach eine starke Kombination. In Wings of Liberty war die Kombination aus Marines, Medics und Tanks auch für die meisten Missionen am besten. Allerdings würde man ja kaum die Zerg spielen wenn man die Einheiten nicht weiter spezialisieren kann: Für jede in der Kampagne verfügbare Einheit gibt es drei Mutationen, von denen vor jeder Mission eine frei gewählt werden kann. Diese entsprechen meistens Einheiten-spezifischen Upgrades aus dem Multiplayer, wie bei den Hydralisken das Upgrade für schnellere Bewegung oder Erhöhung der Reichweite. Weitaus bedeutender sind da die Evolutionen: für jede Einheit stehen zwei Spezialisierungen zur Verfügung, zwischen welchen einmal gewählt wird und nicht wieder Rückgängig gemacht werden kann. Um keine vorschnellen Entscheidungen treffen zu müssen (bei den Mutationen sieht man die Auswirkungen nur in kurzen Videos), kann man beide Varianten in einer sehr kurzen Mission anspielen. Diese haben ansonsten kein höheres Ziel und sind sehr einfach, zumal jede Evolutions-Variante in ihrem Idealfall abgebildet wird. Die am Ende gewählte Evolution kommt zur gewählte Mutation dazu und ist wesentlich tiefgreifender: Sollen meine Zerglinge auch über Klippen springen oder stattdessen schnell im Dreierpack aus ihren Eiern schlüpfen? Sollen sich meine Hydralisken in einen aus den Vorgänger bekannten Schleicher, der gut gegen viele leichte Einheiten ist oder stattdessen in eine Variante morphen können, die besser gegen gepanzerte Einzelziele ist? Vieles hängt bei diesen Entscheidungen von der Spielweise ab.
Kerrigan steigt im Spiel im Level auf, ihre freigeschalteten Fähigkeiten werden in einem einfachen Menü gewählt.
Die Einheiten sind aber nicht das einzige, was sich im Laufe des Spiels entwickelt. Kerrigan wurden als Heldin ein paar Rollenspielanleihen spendiert. Nach den ersten Missionen steigt sie im Level auf, Maximum ist 70 (gepaart mit einem Achievement und Portrait). Allerdings sammelt sie keine Erfahrungspunkte, sondern bekommt die Level nach abschließen einer Mission oder Bonus-Missionszielen einfach gutgeschrieben. Neben der obligatorischen Erhöhung von Lebenspunkte und Schaden werden alle zu den Anfänglichen zwei Fähigkeiten alle 10 Level neue Freigeschalten. Dabei hat man immer die Wahl zwischen zwei bzw. später drei Talenten, die neue Fähigkeiten sein können oder passive Talente freischalten. Die Ähnlichkeit zu den erforschbaren Zerg- und Protosstechnologien aus Wings of Liberty fällt sofort auf, mit dem Unterschied dass die Entscheidungen nicht permanent sind. Automatische Extraktoren (man braucht keine Dronen mehr für die Förderung von Vespin Gas) hörten sich zwar gut an, aber die doppelten Dronen (zum gleichen Preis, erscheinen ähnlich wie Zerglinge gleichzeitig) sind doch besser? Kein Problem, zwischen den Missionen kann in einem einfachen, aber übersichtlichen Menü gewechselt werden. Ein wenig negativ anzumerken ist aber, dass Kerrigan gerade zum Ende hin enorm stark ist – ein Truppenverband mir ihr ist wesentlich stärker als ein zweiter ohne sie, da ihre Fähigkeiten enorm mächtig sind. Alleine ist sie zwar meistens aufgeschmissen, aber schon eine handvoll Zerg reichen um eine kleinere Basis des Gegners komplett zu zerlegen. Natürlich ist Kerrigan auch der Geschichte wegen sehr stark, aber die Spielbalance kommt doch etwas aus den Fugen, was dazu führt dass sich Heart of the Swarm gerade später einfacher anfühlt als Wings of Liberty – zumindest auf Hard, auf Normal ist es das Spiel schon von vornherein für erfahrene Echtzeitstrategen zu leicht. Der Sprung zu Hard ist zwar groß, aber sobald Kerrigan über ihre stärksten Fähigkeiten verfügt werden die Missionen wieder deutlich einfacher.
Die Hunter-Evolution des Banelings kann über Klippen und Gegner springen. Ihr habt da aber einen schönen Pylon, Artosis…
Blizzard hat natürlich wieder viel Wert auf die Inszenierung der Story gelegt: neben dem Intro und Outro, welche wieder als qualitativ hochwertige Rendersequenzen Blizzards eigener Cinematic-Schmiede entstammen, werden die meisten Dialoge in Sequenzen in Spielgrafik dargestellt. Wie in Wings of Liberty sind die Figuren natürlich viel detaillierter und mit höher aufgelösten Texturen als im normalen Spiel versehen. Als zentraler Punkt dient dieses mal Kerrigans Leviathan, der ähnlich wie die Hyperion über mehrere Räume verfügt. Na gut, so genau stimmt das nicht: Neben dem Aussichtspunkt gibt es noch Abathurs Evolutionskammer. Dazu gibt es noch die bereits erwähnten Menüs für Kerrigans Fähigkeiten und ein weiteres, in welchem bereits absolvierte Missionen wiederholt oder Zwischensequenzen erneut angesehen werden können. Was mich ein wenig gestört hat: waren in Wings of Liberty noch alle Dialoge in Spielgrafik, wurden in Heart of the Swarm einige Sequenzen durch Videos ersetzt. Diese sind zwar auch aus der Spielgrafik entstanden, aber ein geübtes Auge sieht den Unterschied zu den hoch skalierten Videos sofort – warum sie hier nicht alles in Echtzeit berechnen lassen erschließt sich mir nicht. Die Dialoge sind an sich gut geschrieben, wenn auch zu beginn etwas kitschig (ich sag nur: Fahrradfahren). Sie bewegen sich damit auf dem Niveau von Wings of Liberty.
Die Geschichte hat wie schon Wings of Liberty zwei primäre Handlungsstränge: Kerrigans Rache an Arcturus Mengsk (der im übrigen bei weitem nicht so platt rüber kommt als in Wings of Liberty, von seiner Brillanz in StarCraft: Broodwar aber einiges eingebüßt hat) als ihr persönliches Ziel und die Geschichte mit den Hybriden als großen Handlungsbogen, der alle drei Spiele umspannt. Zu letzterem gibt es viele neue Infos und einige der Fragen aus Wings of Liberty und StarCraft:Broodwar (genauer: Naruds Identität) werden geklärt. Ist schonmal ein wenig ungewöhnlich für einen Mittelteil, nachdem im ersten die Handlung begonnen und primär Fragen aufgeworfen wurden. Leider erfährt man nicht was Kerrigan in den Jahren zwischen Broodwar und Wings of Liberty gemacht hat, da sie sich an ihre Zeit als Königin der Klingen nicht mehr erinnert. Die Geschichte wird aber weiter voran getrieben und bereitet die Bühne für das große Finale in Legacy of the Void vor.
Und Kerrigan selber hat sich natürlich auch gewandelt: Nachdem sie am Ende von Wings of Liberty ihre menschliche Gestalt wiedererlangt hat verfügt sie trotzdem noch über beachtliche Kräfte und kann einige wenige Zerg kontrollieren. Das Spiel beginnt damit (und einem kleinen Tutorial) auf einer geheimen Forschungsstation auf Umoja, wo sich Raynor, Valerian und Kerrigan vor Arcturus verstecken. Wie sie da hingekommen sind wird im Spiel nur in vier Sätzen auf einer sehr knappen Texttafel erklärt – das ist mehr als dürftig. Wer an Details interessiert ist sollte das Buch „Flashpoint“ lesen, welches nur Minuten nach dem Ende von Wings of Liberty beginnt und mit der Ankunft der Helden auf Umoja endet. Hier hat aber Blizzard meiner Meinung nach zu viel ausgespart, wer das Buch nicht kennt wird sich doch über einiges wundern. Das gleiche galt schon für Wings of Liberty, in welchem Raynor auf einmal seine Rebellion gegen Mengsk Senior für die Rettung von Kerrigan zurückstellt – welche tiefe Beziehung die Beiden hatten kam in keinem Spiel wirklich zur Geltung, nur in den Büchern wurden sie richtig behandelt.
Ein weiterer Punkt ist Kerrigans persönliche Wandlung: war sie speziell in Broodwar noch sehr gut darin, ihr Gegenspieler zu manipulieren und durch Zweckallianzen zur Zusammenarbeit zu bringen, nur um sie dann zu hintergehen und erbarmungslos zu töten, soll sie nun (auch dank der Reinigung durch das Xel’Naga Artefakt) „menschlicher“ agieren. Das tut sie auch, indem sie z.b. bei ihrer (unvermeidlichen und deshalb nur ein moderater Spoiler) Invasion von Korhal auf Valerians Bitte hin versucht, Zivil Oper zu vermeiden. Andererseits hat sich auch kein Problem damit, eine ihrer Brutmütter (die in etwa den Zerebraten aus dem ersten StarCraft entsprechen) zu befehlen, ganze Planeten aus zu radieren und für den Schwarm zu annektieren. So ist ihre Wandlung von einer eiskalten Killerin zwar da, aber aus meiner Sicht nicht Konsequent genug umgesetzt.
Statt ständig zwischen den Handlungssträngen zu wechseln sondern wählt einen Planeten aus, zum dem man reist und komplett abschließt.
Aber zurück zur Struktur der Kampagne: ein großer Kritikpunkt in Wings of Libery waren die einzelnen, kurzen Handlungsstränge und das erzwungene Springen zwischen diesen. Das sollte zu Handlungsfreiheit für den Spieler führen, schadete aber der Dramaturgie da man ständig hin und her springen muss. Die kleinen Handlungsstränge, die sich nun auf jeweils einen Planeten konzentrieren gibt es noch, allerdings kann man nicht mehr dazwischen springen: hat man einen Planeten angesteuert muss man die meist drei Missionen umfangenen kurzen Handlungsstränge abschließen um weiter ziehen zu können. Welchen man aber als nächstes ansteuert bleibt dem Spieler überlassen. Das erscheint mir ein guter Kompromiss, um den Spieler eine gewissen Wahlmöglichkeit zu geben und trotzdem den Spannungsbogen besser aufrecht zu erhalten. Leider werden die Entscheidungen aus Wings of Liberty nicht aufgegriffen und spielen auch gar keine Rolle. Weder Tosh noch Ariel Handson haben einen Auftritt und wie man sich entschieden hat wird nur kurz in bestimmten Dialogen erwähnt, es macht aber keinen Unterschied. Hier wurde leider eine große Chance verspielt.
Ein großer Kritinkpunkt wurde auch angegangen: die Unterscheidung der Protossfraktionen. Grob kann man die in die Sharkuras-Protoss unterteilen, welche aus den von Aiur geflüchteten Protoss und den dunklen Templern von Shakuras bestehen und von Artanis angeführt werden. Dazu gibt es noch die Tal’Darim, eine Art Sekte fanatischer Protoss, welche nicht an Zusammenhalt mit ihren Artgenossen und anderen Rassen interessiert sind. Sie bestehen teilweise aus auf Aiur zurückgelassenen Protoss und anderen Fanatikern die Rasse. In Wings of Liberty wurde das nicht klar getrennt bzw. war erst auf den zweiten Blick ersichtlich, auch warum Raynor, der eigentlich ein guter Freund von Tassadar war und bei den Protoss gut stand, mit ihnen ein ums andere mal kämpft. In Heart of the Swarm ist die Trennung nun expliziter, auch was den Stil der Einheiten angeht: die Shakuras-Protoss haben den gewohnten, goldgelben Look mit vorwiegend blauen Leuchten, während die Tal’Darim auf Grautöne kombiniert mit grünen Leuchten setzten, der ein wenig an den Stil der Dunklen Templer erinnert, aber sich doch deutlich genug davon abhebt.
Fazit: Die Kampagne von Heart of the Swarm ist ein würdiger Nachfolger von Wings of Liberty. Man merkt deutlich, dass sich Blizzard den Kritikpunkten des ersten Spiels angenommen hat. Ob das allerdings für die lange Entwicklungszeit verantwortlich war wage ich etwas zu bezweifeln, das dürfte eher des neuen Battle.nets geschuldet sein, welches schon zuvor stark verbessert wurde. Die Geschichte dürfte das beste sein, was man momentan auf dem (leider sehr kleinen) Markt für Echtzeitstrategiespiele bekommen kann, auch wenn die Klasse weit von dem entfernt ist, was machen Rollenspiele und auch die direkten Vorgänger (WarCraft 3 eingeschlossen) zelebrieren. Beim Missionsdesgin ist das Spiel aber über jeden Zweifel erhaben und schlicht Konkurrenzlos im Genre. Das Vergnügen ist sehr intensiv, aber auch sehr kurz. Ob einem reinen Kampagnenspieler die momentan 40€ für das Add-On wert sind muss jede selbst entscheiden – ich hab für meine Collectors Edition noch ein Stück mehr bezahlt und es keine Sekunde bereut. Jetzt hoffe ich aber, dass sich Blizzard mit Legacy of the Void nicht soviel Zeit lässt.